Am Mittwoch lehnten die Aktionäre von Exxon Mobil und Chevron eine Reihe von Anträgen ab, welche die Unternehmen unter anderem dazu verpflichtet hätten, ihre Treibhausgasemissionen aus dem Kraftstoffverbrauch zu senken, neue Berichte über Klima-Benchmarks herauszugeben und bestimmte Risiken von Öl-Unfällen offen zu legen. Die Abstimmungsergebnisse waren brutale Niederlagen für die Klimaaktivisten. Nach den vorläufigen Ergebnissen erhielten alle bis auf zwei der 20 Aktionärsanträge für die beiden Unternehmen weniger als 25 Prozent der Stimmen der Anleger, berichtet das Wall Street Journal.
Die von den Aktivisten vorgeschlagenen Maßnahmen hätten von den Unternehmen verlangt, dass sie Ziele für die Verringerung von Emissionen festlegen, darunter auch die Emissionen, die durch den Verbrauch ihrer Produkte durch Dritte entstehen, etwa wenn Autofahrer Benzin in ihren Autos verbrennen, auch bekannt als Scope-3-Emissionen. Diese Anträge erhielten unter den Anlegern von Exxon und Chevron sogar nur 11 beziehungsweise 10 Prozent der Stimmen, verglichen mit 27 beziehungsweise 33 Prozent für ähnliche Anträge im letzten Jahr.
In den letzten Wochen auf den Jahresversammlungen der britischen Öl- und Gasriesen BP und Shell in London konnten ähnliche Anträge zum Klima die meisten Aktionäre auch nicht überzeugen. Anlagestrategien, die mit ESG-Vorgaben (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) verknüpft sind, hatten in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Investoren drängten die Ölgesellschaften, darzulegen, wie sie an der Verringerung ihrer Klimabilanz arbeiten, sich langfristige Umweltziele setzen und das Abfackeln von unerwünschtem Erdgas einschränken.
Aktivisten drohen mit Klima-Katastrophe
Im Jahr 2021 setzte sich die Investmentfirma Engine No. 1 in einer historischen Aktionärsschlacht gegen Exxon durch und gewann mit der Unterstützung von Investmentfirmen wie Vanguard, State Street und BlackRock drei Sitze im Verwaltungsrat des Unternehmens. Die Firma argumentierte, dass Exxon eine bessere Strategie entwickeln müsse, um sich auf die zu erwartende Energiewende vorzubereiten. In der Folge nahm Exxon eine so genannte Netto-Null-Verpflichtung an - ein Ziel, die Treibhausgasemissionen seiner Betriebe bis 2050 auf null zu reduzieren oder auszugleichen.
Mark van Baal, Gründer der Umweltaktivistengruppe Follow This, sagte, die Aktionäre hätten bei den jährlichen Abstimmungen eine Chance verpasst. Die Investoren wüssten, dass zur Vermeidung einer Klimakatastrophe die weltweiten Emissionen bis 2030 um fast die Hälfte sinken müssten, aber viele seien auf kurzfristige Gewinne fixiert. „Es ist unverständlich, dass die meisten Investoren immer noch die Weigerung der US-Großkonzerne akzeptieren, die Emissionen in diesem Jahrzehnt zu senken“, zitiert ihn das Wall Street Journal.
Die Öl-Industrie und ihre Verbündeten haben behauptet, dass einige Länder, vor allem in Europa, zu schnell von fossilen Brennstoffen auf saubere Energiequellen wie Sonne und Wind umgestiegen sind. In den USA hat eine Bewegung gegen den Klimaaktivismus an politischer Zustimmung gewonnen, insbesondere unter republikanischen Wählern. Der Unternehmer Vivek Ramaswamy, ein Kandidat für die republikanische Präsidentschaftskandidatur, hat die Anti-ESG-Politik zu einem zentralen Punkt seiner Kampagne gemacht.
Nicht beim Öl: Klima-Kampf in der Defensive
Der Widerstand gegen ESG-Maßnahmen hat auch die mächtigen Investmentfirmen wie BlackRock getroffen, die sich mit möglichen Boykotten in Texas und anderen republikanisch regierten Staaten konfrontiert sahen. Republikanische Beamte in Florida, Texas, Louisiana und South Carolina haben seit dem letzten Jahr mehr als 4 Milliarden Dollar an Pensions- und Investmentfonds von BlackRock abgezogen. Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr 230 Milliarden Dollar von US-Kunden erhalten.
Investitionen in fossile Brennstoffe haben vielen Ölgesellschaften im vergangenen Jahr zu Rekordgewinnen verholfen. Der CEO von Exxon, Darren Woods, sagte am Mittwoch, das Unternehmen habe von den Investitionen in fossile Brennstoffe profitiert, als andere sich zurückzogen. Sogar in Europa sind Energiemanager bereit, Investoren für saubere Energien zu verprellen. Die Rekordgewinne von BP und Shell für das Gesamtjahr 2022 und die üppigen Renditen für die Anleger haben neue Investoren angelockt und einige zurückgewonnen, die der Energiewende skeptisch gegenüberstanden.
Die Führungskräfte von Shell und BP haben erklärt, ihre Strategien stünden im Einklang mit den Zielen zur Senkung der globalen Emissionen, trügen aber zugleich dazu bei, die Öl- und Gasmenge zu liefern, die in den kommenden Jahren weltweit noch benötigt wird. Exxon und Chevron haben erklärt, dass sie die Emissionsziele des Pariser Klimaabkommens unterstützen und die Emissionen ihrer Betriebe reduzieren.
Exxon-CEO Woods und andere Führungskräfte haben jedoch argumentiert, dass einige klimabezogene Vorschläge nach hinten losgehen oder der Wirtschaft schaden würden. Woods sagte, einige der am Mittwoch abgelehnten Vorschläge hätten von den Unternehmen verlangt, dass sie davon ausgehen, dass die Welt die Kohlenstoffemissionen viel schneller reduzieren wird, als Beobachter prognostiziert haben. „Einige wollten sogar so weit gehen, dass wir gezwungen werden, die Öl- und Gasförderung zu reduzieren“, sagte er.