Politik

Schulden-Drama in USA: Zahlungsausfall der Regierung im letzten Moment abgewendet

Lesezeit: 3 min
02.06.2023 10:44  Aktualisiert: 02.06.2023 10:44
Aufatmen in den USA und an den Finanzmärkten: Nach langen Verhandlungen hat der erbitterte Schuldenstreit zwischen Demokraten und Republikanern ein Ende. Richtig begeistert ist kaum einer von dem Kompromiss.
Schulden-Drama in USA: Zahlungsausfall der Regierung im letzten Moment abgewendet
oe Biden (r), Präsident der USA, traf sich mit Kevin McCarthy, Sprecher des Repräsentantenhauses, im Oval Office des Weißen Hauses, um über die Schuldenobergrenze zu sprechen. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Eine drohende Zahlungsunfähigkeit der US-Regierung ist abgewendet. Nach dem Repräsentantenhaus billigte am späten Donnerstagabend (Ortszeit) auch der Senat in Washington einen Gesetzentwurf, mit dem die staatliche Schuldenobergrenze in den USA vorerst ausgesetzt wird.

Ohne den Schritt wäre der US-Regierung in wenigen Tagen das Geld ausgegangen. Mit dem abschließenden Votum im Kongress endet eine lange politische Zitterpartie, die in den USA und darüber hinaus große Sorgen vor einer wirtschaftlichen Krise ausgelöst hatte. Bis zuletzt hatten die Demokraten von Präsident Joe Biden mit den Republikanern erbittert um einen Kompromiss gerungen.

Ein Zahlungsausfall der weltgrößten Volkswirtschaft hätte eine globale Finanzkrise und einen wirtschaftlichen Abschwung auslösen können. Die politische Hängepartie in Washington sorgte daher auch an Börsen für Unruhe.

Knappe Abstimmung im US-Senat

Eine parteiübergreifende Mehrheit im Senat stimmte nun für den Gesetzentwurf, mit dem die Schuldenobergrenze bis 2025 ausgesetzt wird, während zugleich die staatlichen Ausgaben in den kommenden zwei Jahren beschränkt werden. 63 von 100 Senatoren verhalfen dem Entwurf zur nötigen Mehrheit, darunter 46 Demokraten und 17 Republikaner. Mit dem Kompromiss ist sichergestellt, dass die Regierung nicht in wenigen Tagen zahlungsunfähig wird. US-Finanzministerin Janet Yellen hatte zuletzt gewarnt, dieser dramatische Fall könnte am Montag eintreten. Die Lösung kam somit erst denkbar kurz vor Ablauf der Frist zustande.

Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, äußerte sich erleichtert. „Wir haben einen katastrophalen Zahlungsausfall verhindert“, sagte er. Dabei hätten vor allem die Demokraten die Einigung über die Ziellinie getragen – denn in beiden Kongresskammern hätten mehr Demokraten als Republikaner für den Deal gestimmt.

Das US-Repräsentantenhaus hatte den Gesetzentwurf am Mittwochabend verabschiedet, ebenfalls mit einer parteiübergreifenden Mehrheit. Nach dem finalen Votum im Senat muss Präsident Biden das Gesetz nun noch unterzeichnen, um es in Kraft zu setzen. Das gilt jedoch als reine Formalie.

Biden kündigte unmittelbar nach dem Votum an, das Gesetz so schnell wie möglich zu unterzeichnen und sich am Freitagabend (Ortszeit, 01.00 MESZ am Samstag) direkt an das amerikanische Volk zu wenden. Senatoren beider Parteien hätten mit ihren Stimmen einen Zahlungsausfall verhindert, betonte Biden. „Gemeinsam haben sie einmal mehr bewiesen, dass Amerika eine Nation ist, die ihre Rechnungen bezahlt und ihren Verpflichtungen nachkommt - und dies immer tun wird.“

Deal zwischen Demokraten und Republikanern

Der Hintergrund des Schulden-Dramas: In den USA legt das Parlament in unregelmäßigen Abständen eine Schuldenobergrenze fest und bestimmt damit, wie viel Geld sich der Staat leihen darf. Diesmal artete das Prozedere aus in erbittertes parteipolitisches Gezerre und ideologische Grabenkämpfe zwischen Demokraten und Republikanern.

Die Republikaner, die seit Januar eine Mehrheit im Repräsentantenhaus haben, verweigerten über viele Wochen eine Anhebung der Schuldenobergrenze und verlangten deutliche Kürzungen der staatlichen Ausgaben. Sie argumentierten, die Regierungsausgaben seien außer Kontrolle und hätten ein verantwortungsloses Ausmaß angenommen. Die Demokraten wiederum warfen den Republikanern vor, ein ökonomisches Desaster zu riskieren, nur um sich politisch zu profilieren.

Biden und der republikanische Vorsitzende im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, hatten in den vergangenen Wochen in zähen Verhandlungen um einen parteiübergreifenden Kompromiss gerungen und erst am vergangenen Wochenende einen Deal präsentiert. Dieser sieht vor, dass der Umfang des Bundeshaushalts, den die Demokraten unter Biden vergrößern wollten, faktisch eingefroren wird.

Dafür werden die Budgets vieler Bundesbehörden und Ministerien angepasst. Die Republikaner konnten auch durchsetzen, dass Empfänger bestimmter Sozialleistungen einen Job nachweisen müssen. Die Demokraten wollten die staatlichen Einnahmen eigentlich durch die stärkere Besteuerung von Reichen erhöhen. Dagegen wiederum stemmten sich die Republikaner.

Mit dem Deal sind viele Demokraten wie auch Republikaner unzufrieden. Linke Demokraten beklagen etwa Kürzungen im sozialen Bereich. Rechten Republikanern gehen die Einsparungen nicht weit genug. Und auch viele moderate Politiker aus der Mitte beider Parteien sind keineswegs begeistert. Angesichts der drohenden dramatischen Konsequenzen durch einen Zahlungsausfall stimmten letztlich jedoch ausreichend Kongressmitglieder aus beiden Lagern für den Deal und sicherten so die nötige Mehrheit im Parlament.

„Niemand bekommt in einer Verhandlung alles, was er will“, betonte Biden. Die überparteiliche Einigung sei aber ein großer Gewinn für die US-Wirtschaft und das amerikanische Volk.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Trump in Not: Niemand möchte für Sicherheiten in Höhe von 454 Millionen Dollar bürgen
19.03.2024

Gerne betont Donald Trump, wie wenig unangreifbar er sei - wegen seines unermesslichen Reichtums. Dass es damit längst nicht so weit her...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Beliebte Modelle verschwinden vom Markt: Wegen neuer EU-Regeln dünnen Autobauer Palette aus
19.03.2024

Machen wir uns das Leben in der Europäischen Union mal wieder selbst schwer? Weil es wegen Cybersecurity neue EU-Regeln gibt, müssen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldrausch: Warum der Goldpreis immer weiter steigt und deutsche Anleger ausgerechnet jetzt verkaufen
19.03.2024

Der Goldpreis eilt von einem Rekordhoch zum nächsten – und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo die Zinsen besonders hoch sind....

DWN
Technologie
Technologie Nvidia-Aktie vor Ausbruch? Chipkonzern will mit neuem Computersystem KI-Dominanz festigen
19.03.2024

Nvidia ist beim Thema Künstliche Intelligenz einer der wichtigsten Player auf dem Weltmarkt. Dank des KI-Hypes befindet sich die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ifo-Institut: „Homeoffice könnte Büroflächenbedarf senken“
19.03.2024

Das Homeoffice senkt in Deutschland den Bedarf an Büroflächen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des ifo-Instituts und des...

DWN
Immobilien
Immobilien Immoscout: Vorsichtige positive Signale auf dem Immobilienmarkt
19.03.2024

Stark ansteigende Kreditzinsen und Baukosten haben den Kauf eines Eigenheims für viele in den vergangenen Jahren unerschwinglich gemacht....

DWN
Finanzen
Finanzen Fundamentale Aktienanalyse - so bewertet man Wertpapiere richtig
18.03.2024

Die fundamentale Aktienanalyse ist ein unverzichtbares Instrument für jeden Investor, der Wertpapiere nicht nur verstehen, sondern auch...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Umfrage: Sehr viele Deutsche sorgen sich vor weiteren Energiepreissprüngen
18.03.2024

Die Menschen in Deutschland haben einer Umfrage zufolge Sorgen vor weiteren Energiesprüngen und allgemeinen Preissteigerungen - trotz der...