Finanzen

Kryptobranche wegen Klagen gegen Binance & Co. alarmiert

Die Klagen der US-Börsenaufsicht SEC gegen die weltweit größten Kryptobörsen haben die Branche aufgeschreckt. Sie beklagt die systematische „Zerstörung der Kryptobranche“ durch die US-Behörden.
09.06.2023 14:18
Aktualisiert: 09.06.2023 14:18
Lesezeit: 2 min

Die Klagen der US-Börsenaufsicht SEC gegen die weltweit größten Kryptobörsen Binance und Coinbase haben die Branche aufgeschreckt. Denn nun droht auch anderen Handelsplattformen Ärger mit den Behörden.

„Alle US-Börsen sollten nun wissen, dass sie mit Vollstreckungsmaßnahmen rechnen müssen, wenn sie den Handel mit diesen Token zulassen oder zugelassen haben“, sagt Jason Allegrante, Chef-Justiziar von Fireblocks, eines Blockchain-Entwicklers. Auf dieser Technologie basieren Cyber-Devisen wie Bitcoin & Co. Als Token bezeichnen Experten digitale Vermögenswerte wie Währungen oder Anteilsscheine.

Kryptobranche nach Klagen in Aufruhr

„Es wäre nicht überraschend, wenn wir in den kommenden Wochen weitere Klagen der Aufsichtsbehörden und vielleicht des US-Justizministeriums sehen“, sagt Scott Freeman, Mitgründer des auf Kryptowährungen spezialisierten Finanzdienstleisters JST Digital. Das Ministerium wollte sich dazu nicht äußern.

Die Handelsplattform Bitstamp betont, „sämtliche regulatorischen Veränderungen sehr ernst zu nehmen.“ Man prüfe die aktuellen Entwicklungen, um über mögliche Reaktionen zu entscheiden. Insidern zufolge sind auch Konkurrenten wie Kraken, Gemini, Crypto.com oder OKCoin alarmiert. Einige von ihnen könnten umstrittene Token von ihren Plattformen werfen.

SEC setzt Feldzug gegen Kryptobranche fort

Weil es sich bei Blockchain und Kryptowährungen um eine vergleichsweise neue Technologie handelt, fehlt bislang ein verbindlicher Rechtsrahmen. So feilt die Europäische Union noch an entsprechenden Vorschriften für die Branche. Die SEC hat unter ihrem aktuellen Chef Gary Gensler derweil mehr als 130 Klagen gegen Unternehmen angestrengt. In einigen dieser Fälle werden bestimmte digitale Vermögenswerte explizit erwähnt.

So wertet die SEC im Verfahren gegen Coinbase unter anderem beliebte Kryptowährungen wie Solana, Cardano und Polygon als Wertpapiere. Diese müssten registriert werden und unterlägen entsprechenden Transparenzpflichten. Beides habe Coinbase missachtet.

Coinbase, Binance und andere Firmen der Branche weisen die Vorwürfe dagegen zurück. Aus ihrer Sicht seien viele Token eher mit Rohstoffen zu vergleichen. So betont die Kryptobörse Kraken, dass auf ihrer Plattform keinerlei Wertpapiere gehandelt würden.

„Für jeden Vermögenswert, den wir listen, führen unsere Teams gründliche Risiko- und Sicherheitsbewertungen durch, die einen umfassenden rechtlichen und Compliance-Prozess beinhalten. Wir werden diesen und andere Fälle weiterhin genau beobachten, um Präzedenzfälle zu finden.“ Gemini, Crypto.com und OKCoin waren für Kommentar zunächst nicht zu erreichen.

„Zerstörung der US-Kryptobranche“

Bei ihren Klagen gehe es der SEC ohnehin nicht um Sieg oder Niederlage, sagt Stuart Alderoty, Chef-Justiziar des Finanzdienstleisters Ripple, der die Kryptowährung XRP ausgibt. „Sie fährt meiner Meinung nach eine koordinierte Kampagne, um im Grunde die US-Kryptowirtschaft zu zerstören.“

Die Börsenaufsicht streitet sich mit Ripple seit etwa zweieinhalb Jahren vor Gericht um die Einstufung von XRP, der nach Börsenwert weltweit sechstgrößten Kryptowährung der Welt. Hier wird demnächst ein Urteil erwartet.

In jedem Fall sendeten die jüngsten Klagen ein starkes Signal, dass die SEC nicht lockerlassen werde, sagen Branchen-Insider. Größere Kryptobörsen könnten sich jahrelange juristische Auseinandersetzungen leisten, kleinere Anbieter wie Beaxy würden dagegen in die Insolvenz getrieben.

SEC-Chef Gensler deutet an, dass aus Investorensicht eine Marktbereinigung wünschenswert sei. „Ich teilte die Vorstellung nicht, dass die Einhaltung der Vorschriften durch Kryptofirmen nicht möglich ist.“ Es bedürfe allerdings harter Arbeit.

Durch das Durchgreifen der Behörden wird einer Erhebung der Investmentbank Bernstein zufolge bereits jetzt etwa 90 Prozent des weltweiten Kryptohandels außerhalb der USA abgewickelt. Dieser Trend könnte sich verstärken. Coinbase spielt seit langem mit dem Gedanken, seinen Firmensitz von den USA in ein anderes Land zu verlagern. „Ich könnte mir vorstellen, dass andere Unternehmen, die durch den aktuellen Trend aufgeschreckt wurden, diesem Beispiel folgen“, sagt Katharine Wooller, Managerin bei Coincover, einem Versicherer digitaler Vermögenswerte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Meta trainiert KI mit Ihren Daten – ohne Ihre Zustimmung. So stoppen Sie das jetzt!
09.05.2025

Ab dem 27. Mai analysiert Meta öffentlich sichtbare Inhalte von Facebook- und Instagram-Nutzern in Europa – zur Schulung seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Silicon Valley wankt: Zölle, Zoff und zerplatzte Tech-Träume
08.05.2025

Während Europa auf seine Rezession zusteuert und China seine Wirtschaft auf staatlicher Kommandobasis stabilisiert, gibt es auch im sonst...

DWN
Panorama
Panorama Verkehrswende: Ariadne-Verkehrswendemonitor zeigt Entwicklung auf
08.05.2025

Wie sich die Verkehrswende in Deutschland aktuell entwickelt, ist nun auf einer neuen Onlineplattform des Potsdam-Instituts für...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation bewältigen: 7 Strategien für finanzielle Stabilität, weniger Belastung und einen nachhaltigeren Lebensstil
08.05.2025

Wer die eigenen Ausgaben kennt, kann gezielt handeln. So behalten Sie die Kontrolle über Ihr Geld. Mit Budgetplanung und klugem Konsum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Maschinenbau: Bedeuten die Trump-Zölle das Ende einer deutschen Schlüsselindustrie?
08.05.2025

Der Maschinenbau befindet sich seit Jahren im Dauerkrisenmodus. Nun droht die fatale Zollpolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump zum...

DWN
Politik
Politik Anti-Trump-Plan: Halbe Milliarde Euro für Forschungsfreiheit in Europa
08.05.2025

Während US-Präsident Trump den Druck auf Hochschulen erhöht, setzt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf gezielte Anreize...

DWN
Technologie
Technologie Bitkom-Umfrage: Deutsche kritisieren Abhängigkeit von KI-Anbietern aus dem Ausland
08.05.2025

Die Bevölkerung in Deutschland verwendet zunehmend Anwendungen auf Basis künstlicher Intelligenz. Gleichzeitig nimmt die Sorge über eine...

DWN
Politik
Politik Migrationspolitik: Wie die Neuausrichtung an den deutschen Außengrenzen aussehen könnte
08.05.2025

Das Thema illegale Migration und wer bei irregulärer Einreise an deutschen Landesgrenzen zurückgewiesen wird, beschäftigt die Union seit...