Finanzen

Die Bankenkrise war geplant - und verfolgt ein gefährliches Ziel

Lesezeit: 4 min
18.06.2023 12:36  Aktualisiert: 18.06.2023 12:36
Die zahlreichen und mächtigen Behörden, die den US-Bankensektor beaufsichtigen, gaben sich überrascht von der plötzlichen Krise. Mit Unfähigkeit allein ist dies kaum zu erklären, sagt der Ökonom Steven Cinelli.

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Der amerikanische Banker, Berater und Ökonom Steven Cinelli liefert in einem aktuellen Bericht eine Erklärung für den überraschend schnellen Niedergang der Silicon Valley Bank (SVB) und anderer US-Banken in diesem Jahr. Denn seiner Ansicht greifen Verweise auf vermeintliches Missmanagement der Banken oder fehlendes Risikomanagement zu kurz. Tatsächlich sind die jüngsten Bankpleiten in den USA nur der logische nächste Schritt eine Entwicklung, die vor Jahren begonnen hatte und die ein klares Ziel zu verfolgen scheint.

Nach der Rezession der Jahre 2008 bis 2010, die auf die Weltfinanzkrise folgte, führte die US-Regierung mit Dodd-Frank neue Gesetze und Regulierungen ein, die eine erneute Immobilien- und Hypothekenkrise verhindern sollten. Bestimmte Banken wurden dabei als system-relevant definiert und sollten unter allen Umständen geschützt werden. Zugleich wurde ein "gelenktes Risikoregime" eingeführt, sagt Cinelli. In der Folge kam es zu einer Konsolidierung kleinerer Banken, wodurch die Zahl der US-Banken in den folgenden zehn Jahren von 7.700 auf 4.200 sank.

Das US-Bankensystem ist einzigartig auf der Welt. Es hat eine starke Vielfalt an Instituten, von der Wall Street bis hin zu Gemeinschaftsbanken, die sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten angesiedelt sind. Die USA haben weitaus mehr Banken als jedes andere Land der Welt. Cinelli begrüßt diese große Vielfalt an Banken: "Dies hat das Unternehmertum durch lokale Kreditvergabe, die Unterstützung von landwirtschaftlichen Gemeinden und eine allgemein wettbewerbsfähige Wirtschaft gefördert."

Wie die Bankenkrise 2023 ausgelöst wurde

SVB war Cinelli zufolge ein gut geführtes Institut, das aber dennoch innerhalb weniger Tage pleite ging. CEO Greg Becker und sein Team wurden des Missmanagements beschuldigt, doch Cinelli malt ein anderes Bild. Wie bei den meisten US-Banken so ist in den letzten 20 Jahren auch bei SVB das Verhältnis von Krediten zu Einlagen stetig zurückgegangen. Früher strebte eine typische Bank ein Verhältnis von 80 bis 90 Prozent an, also 80 bis 90 Dollar an Krediten für 100 Dollar an Einlagen. Die Differenz zwischen den Zinseinnahmen aus Krediten und den Zinszahlungen auf Einlagen war das zentrale Ertragsmodell einer Bank.

In der SVB-Bilanz lag das Verhältnis von Krediten zuletzt sogar nur bei 43 Prozent und somit niedriger als der landesweite Schnitt von 62 Prozent. Die plötzlichen Probleme kamen also aus einer anderen Richtung. Um die Wirtschaft mit neuen Krediten anzukurbeln, haben die US-Aufsichtsbehörden das Mindestreserve-Soll schrittweise auf null abgesenkt. Das bedeutet, dass die Banken heute kein Bargeld mehr für Abhebungen bereithalten mussten. Also haben die Banken (einschließlich SVB) massive Wertpapierportfolios aufgebaut. Diese enthalten vor allem staatlich garantierte Hypothekenpapiere, die als risikofrei gelten.

Diese massiven Umschichtungen in den Bilanzen der US-Banken - weniger Kreditvergabe und mehr Investitionen in Wertpapiere - haben die Dodd-Frank-Regulierungen mit ihren Stresstests, Kapitalisierungsniveaus und Risikobewertungen "schlichtweg übersehen", kritisiert Cinelli. Denn die heutige Zusammensetzung der Bankbilanzen beinhaltet ein erhebliches Zinsänderungsrisiko. Die von der Federal Reserve unerbittlich fortgesetzte Anhebung der Zinsen von 0,38 Prozent im März letzten Jahres auf aktuell 5,13 Prozent hat festverzinslichen Geldanlagen massive Verluste zugefügt.

Die Banken in den USA haben infolge der steigenden Zinsen Milliardenverluste gemacht, obwohl sie durchaus konservativ in staatlich garantierte Hypothekenpapiere investiert hatten. SVB steht damit nicht allein. Wenn man sich die Call Reports der zweihundert größten Banken in den USA ansieht, befinden sich fast zwei Drittel von ihnen in einer vergleichbaren Situation mit einer pro forma Kapitalminderung, so Cinelli. Im April 2023 meldete die Federal Reserve Bank of Kansas City, dass im dritten Quartal letzten Jahres 722 US-Banken nicht realisierte Verluste von über 50 Prozent ihres Kapitals aufwiesen.

Unfähigkeit der Behörden oder Anschlag auf das Bankwesen?

Zwar sind Banken in den USA durch Gesetzte wie Dodd-Frank stark reguliert, müssen laufend Berichte erstellen und werden von einer langen Reihe von Behörden überwacht, darunter die Office of the Comptroller of the Currency, die Fed, das Finanzministerium, das Consumer Financial Protection Bureau oder der Federal Financial Institutions Examination Council. Doch die Risiken eines raschen Zinsanstiegs hat kein Gesetz und keine Behörde beachtet. "In Verbindung mit dem steigenden Risiko in den Kreditportfolios, insbesondere bei Gewerbeimmobilien und Verbraucherkrediten, ist dies ein wahres Pulverfass", sagt Cinelli.

Zudem sind die Risiken, die sich aus steigenden Zinsen ergeben, nicht etwa plötzlich aufgetaucht. Denn die Banken erstatten laufend Bericht, und die Aufsichtsbehörden haben eigentlich die treuhänderische Verantwortung, die Bankenbranche zu überwachen und zu verwalten. "Portfolioqualität und Geldpolitik sollten keine Überraschungen sein", so Cinelli. Dennoch stellt sich die Frage, ob der Zustand der Branche das Ergebnis einer an Wahnsinn grenzenden Ignoranz der Aufsichtsbehörden ist, oder ob es sich um etwas handelt, das mit Absicht inszeniert wurde?

Cinelli erinnert daran, dass US-Präsident Joe Biden einst die im heutigen Kasachstan geborene Saule Omarova für das Amt des Comptroller of the Currency nominierte, also der obersten Regulierungsbehörde für das US-Bankwesen. Omarova scheiterte letztlich, nachdem bekannt wurde, dass sie einen Aufsatz über Wirtschaft und Bankensystem mit dem Titel "The People's Ledger" (Register des Volkes) verfasst hatte. Darin schlug sie vor, alle Bankeinlagen, die von den Kunden derzeit bei den mehr als 4000 US-Banken gehalten werden, in die Bilanz der Fed zu verschieben, die alle diese Konten verwalten solle.

Die geplante Zentralisierung des Bankwesens

In dem Papier sagt Omarova, dass die Federal Reserve mit einem solchen "Register des Volkes" die Möglichkeit hätte, Dinge wie Helikoptergeld direkt auf die Konten der Bürger einzuzahlen. Alternativ könnte sie Geld von Konten abziehen, wenn die Fed und die Regierungen der Meinung sind, dass ein Inflationsdruck besteht und die Geldmenge eingeschränkt werden muss. Die Banken könnten keine Einlagen von Bürgern und Unternehmen mehr halten und daher auch keine eigenen Kredit mehr vergeben. Sie müssten sich erst selbst bei der Fed Geld leihen, um damit Darlehen vergeben zu können.

In diesem von Omarova vorgeschlagenen System wären die Banken also noch stärker von der Politik abhängig. Politisch gewünschte Dinge wie zum Beispiel die grüne Industrie würden Zugang zu Krediten erhalten, während ungewollte Branchen wie die fossilen Brennstoffe keine Kredite mehr vom Bankensystem erhalten könnten. Omarova schlägt nichts anderes vor, als "die Zentralisierung des Bankensektors unter dem Deckmantel der Effizienz und Fairness", sagt Cinelli. Letztendlich musste sie ihre Nominierung zurückziehen, als klar wurde, dass sie nicht bestätigt werden würde.

Ganz offensichtlich wollen Teile der herrschenden Eliten eine Zentralisierung des Bankwesens, da dies den Regierungen eine größere Gestaltungsmacht eröffnen würde. Cinelli kommt daher zu drei durchaus beunruhigenden Fragen: "Könnte nicht eine Bankenkrise (das heißt eine Verringerung der Anzahl der Banken) das 'Register des Volkes' hervorbringen? Handelt es sich also um eine Krise aufgrund exogener Umstände oder um eine durchdachte Endogenität? Eine Krise der Nachlässigkeit oder eine sorgfältig geplante Krise?"


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