Technologie

Chinas Batteriehersteller übernehmen den Automarkt

Nach dem Marktführer CATL präsentiert nun auch das chinesische Startup Gotion ein disruptives neues Akku-Modell. China dominiert mittlerweile den globalen Markt für Elektroauto-Batterien. Die deutsche Autoindustrie gerät ins Hintertreffen.
03.07.2023 09:47
Aktualisiert: 03.07.2023 09:47
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Chinas Batteriehersteller übernehmen den Automarkt
Deutsche Autobauer wie Volkswagen sind auf Batterien aus China angewiesen. (Foto: dpa) Foto: Sina Schuldt

Gotion (ehemals Guoxuan High-Tech), ein 2006 gegründetes Batterie-Startup aus China, hat auf seiner jährlichen Technologiekonferenz in Hefei seine neue nickel- und kobaltfreie Batterie „Astroinno L600“ aus Lithium-Mangan-Eisen-Phosphat (LMFP) angekündigt.

Die Energiedichte liegt mit 240 Wattstunden je Kilogramm eher im Markt-Durchschnitt. Trotzdem verspricht Gotion eine gewaltige Reichweite von 1.000 Kilometern mit einer einzigen Ladung. Zum Vergleich: Die nach dem WLPT-Standard ermittelten Reichweiten modernster E-Autos liegen nur selten über 600 Kilometern. Die Lebensdauer wird mit 4.000 Ladezyklen, also bis zu 4 Millionen Kilometer, angegeben. In nur 18 Minuten sollen sich die Zellen mittels Schnellladung wieder komplett aufladen lassen.

Die L600-Batterie könnte damit künftig den neuen Akkustandard unterhalb der Oberklasse darstellen - mit einer höheren maximalen Reichweite als fast alle heute erhältlichen Elektroautos und das bei erheblich geringerem Ressourcenverbrauch. Der neue Akku hat nach Firmenaussagen bereits alle erforderlichen Sicherheitstests bestanden und soll im kommenden Jahr in die Massenproduktion übergehen.

Gotion erklärt die beeindruckende Reichweite und Ladedauer mit einer „einzigartigen Chemie“ im Elektrolyt-Material und weiteren Innovationen im Verarbeitungsprozess, wie das Fachmagazin „Inside EVs“ berichtet. Entscheidend sei auch das minimalistische Design, wodurch im Vergleich zu früheren Versionen die Anzahl der Einzelteile um 45 Prozent und deren Gesamtgewicht um 32 Prozent reduziert werden konnte.

LMFP-Batterien leiden traditionell an einer geringen Leitfähigkeit, niedriger Verdichtung und Manganauflösung bei hohen Temperaturen. Deshalb galt dieser Batterietyp lange als zu ineffizient und zu schwer, um für Elektrofahrzeug einsetzbar zu sein. Das Startup hat zehn Jahre lang an der Entwicklung gearbeitet, um diese Probleme zu lösen.

Expansion nach Deutschland, Südostasien und Afrika

Gotion produziert nicht nur Akkumulatoren für E-Autos und E-Busse, sondern auch für Mobilgeräte und neuartige Speicherlösungen. Unter den chinesischen Batterieproduzenten belegt man schon Platz 3 hinter CATL und BYD. Die Firma strebt eine führende Position im Bereich grüner Technologien an.

Neben großen Fabriken in China unterhält Gotion unter anderem auch Zweigstellen in Deutschland und den USA. In den Vereinigten Staaten verfügt man bereits über eine große Fabrik im Silicon Valley (Fremont). Hierzulande steht in Göttingen bereits eine Anlage in den Startlöchern. Im Herbst soll in dem umgerüsteten ehemaligen Bosch-Werk die Produktion anlaufen. Bei der letztjährigen Ankündigung des Produktionsstandorts in Göttingen hatte sich der Gotion-Vorsitzende Li Zhen folgendermaßen geäußert: „Wir werden die fortschrittliche Batterietechnologie Chinas mit der fortschrittlichen Verfahrenstechnik Deutschlands kombinieren, um exzellente Produkte zu schaffen und einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten, um den Fortschritt und die Entwicklung der neuen Energieindustrie zu fördern.“

Das Startup expandiert rasant und baut aktuell gewaltige Kapazitäten in Europa, Nordamerika und Südostasien auf. Erst Ende letzten Jahres wurde in Vietnam im Rahmen eines Joint Ventures mit der „Vingroup“ eine hochmoderne Batteriefabrik in Betrieb genommen. Aktuell verhandelt Gotion mit der Regierung Marokkos über den Bau einer Großfabrik mit einer planmäßig fünfmal so hohen Kapazität wie im Werk in Göttingen. Die niedrigen Lohnkosten in dem südafrikanischen Land dürften in Kombination mit der geographische Nähe zum Absatzmarkt Europa ausschlaggebend für die Pläne sein. Zudem lockt Marokko mit der Aussicht auf günstigen Solarstrom, der unter anderem mit Geldern der Europäischen Investitionsbank (EIB) gefördert wird.

Symbolcharakter: Volkswagen ist größter Anteilseigner von Gotion

Noch hat der chinesische Hersteller nicht bekannt gegeben, welches Modell von welchem Autobauer als erstes mit der L600-Batterie ausgestattet wird. Brancheninsider vermuten aber, dass Volkswagen einer der ersten Kunden wird. Der Traditionskonzern ist langjähriger Partner und seit 2020 mit 26 Prozent der größte Anteilseigner von Gotion. Umgerechnet grob eine Milliarde Euro ließ sich die chinesische VW-Tochter die Beteiligung kosten.

Es hat gewiss Symbolcharakter, dass der größte deutsche Autobauer weder nennenswerte eigene Produktionsstätten für EV-Batterien betreibt noch im großen Stil in deutsche Batteriehersteller investiert. Stattdessen bezieht man die Akkus fast ausschließlich von chinesischen Produzenten (neben Gotion vor allem vom Marktführer CATL, siehe weiter unten). Die erste hauseigene VW-Zellfabrik in Salzgitter wurde – wahrscheinlich viel zu spät – erst im Sommer 2022 eröffnet und ist dabei auch noch auf die Expertise von Gotion angewiesen, die als Partner mit an Bord geholt wurden.

Zwar sind die chinesischen Batteriefirmen derzeit mit Produktionsstätten in Deutschland präsent, aber die für den Standort belastende Energie- und Wirtschaftspolitik der Ampel-Regierung sorgt dafür, dass sich das schon bald ändern dürfte. Mittelfristig droht Deutschland zum reinen Absatzmarkt der mit chinesischen Einzelteilen gefertigten E-Autos zu werden.

Lesen Sie dazu: Grüne Planwirtschaft: Energie-Effizienz-Gesetz wird zum „Wachstumskiller“

Fakt ist: Die Chinesen dominieren die Industrie und sind international abgesehen von Tesla und LG Energy quasi konkurrenzlos. Der Marktführer CATL beherrscht alleine 37 Prozent des weltweiten Marktes für EV-Batterien und hat erst vor kurzem eine vermeintliche „Wunder-Batterie“ mit einer Energiedichte von 500 Wattstunden pro Kilogramm vorgestellt. Es scheint so, als ob die chinesischen Hersteller der Konkurrenz stets mindestens einen technologischen Schritt voraus sind.

Darüber hinaus ist China mit einem Anteil von 60 Prozent auch der mit Abstand größte Absatzmarkt für E-Autos – in diesem Jahr sollen in China Expertenschätzungen zufolge 10 Millionen Elektrofahrzeuge verkauft werden, so viel wie 2022 auf der ganzen Welt. „Nicht nur bei den Verkäufen und in der Produktion ist China vorne, auch entlang der gesamten Wertschöpfungskette bis hin zur Batterieproduktion und den Rohmaterialien hat China eine starke Position“, sagt Patrick Schaufuss, Experte für E-Mobilität bei der Beratungsfirma McKinsey.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Jakob Schmidt

                                                                            ***

Jakob Schmidt ist studierter Volkswirt und schreibt vor allem über Wirtschaft, Finanzen, Geldanlage und Edelmetalle.

DWN
Finanzen
Finanzen Debatte neu entfacht: Braucht die Erbschaftsteuer eine Reform?
13.09.2025

Im Bundeshaushalt fehlt das Geld, und immer wieder rücken dabei auch das Vermögen der Deutschen und eine gerechtere Besteuerung in den...

DWN
Technologie
Technologie IoT-Baumaschinen: Wie Digitalisierung die Baustelle verändert
13.09.2025

IoT-Baumaschinen verändern Baustellen grundlegend: mehr Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit. Wer nicht digitalisiert, riskiert...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Darf der Chef in mein Postfach? Urteil zeigt Grenzen für Arbeitgeber
13.09.2025

Arbeitsrecht im digitalen Zeitalter: Darf ein Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses noch in das E-Mail-Postfach seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritik am Verbrenner-Verbot der EU: So nicht umsetzbar
13.09.2025

Das Verbrenner-Verbot der EU steht vor dem Scheitern: Käufer verweigern sich Elektroautos, Hersteller warnen vor unrealistischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende: WWF-Ranking sieht Brandenburg ganz vorn
13.09.2025

Die Energiewende schreitet ungleichmäßig voran – während Brandenburg laut Umweltverband WWF glänzt, hinken andere Länder hinterher....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lightcast-Bericht: KI-Kenntnisse treiben Gehälter massiv nach oben
13.09.2025

Wer KI beherrscht, kassiert kräftig ab: Laut einer globalen Studie steigern KI-Fähigkeiten das Gehalt um bis zu 43 Prozent – in manchen...

DWN
Panorama
Panorama Frost, Dürre, steigende Kosten: Weihnachtsbäume werden teurer
13.09.2025

Weihnachtsbäume stehen schon jetzt im Fokus: Frost, Trockenheit und steigende Kosten setzen Tannenbaumproduzenten unter Druck. Zwar gibt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tariftreuegesetz: Schutz vor Lohndumping – oder Gefahr für den Mittelstand?
13.09.2025

Das Bundestariftreuegesetz (BTTG) soll faire Bedingungen bei der öffentlichen Auftragsvergabe schaffen. Kritiker warnen jedoch, dass vor...