Chinesische Hersteller dominieren die Fertigung von Elektroauto-Batterien. Alleine Marktführer CATL, der erst vor kurzem eine vermeintliche „Wunder-Batterie“ mit einer Energiedichte von 500 Wattstunden pro Kilogramm präsentiert hat, kontrolliert 37 Prozent des globalen Markts für EV-Akkus. BYD steuert weitere 13,5 Prozent bei. Zählt man den E-Auto-Produzenten Nio und das Batterie-Startup Gotion hinzu, machen chinesische Firmen knapp 60 Prozent des gesamten Marktes aus.
Die chinesischen Platzhirsche investieren im großen Stil in den Aufbau neuer Produktionskapazitäten – darunter auch in Deutschland. Sie sind inzwischen zum unersetzlichen Partner der großen deutschen Automobilkonzerne geworden.
Deutsche Autobauer setzen auf Akkus aus China
Allen voran ist CATL zu nennen. Der Batteriegigant investiert große Summen, um seine Marktdominanz zu festigen. Im ungarischen Automobil-Hub Dobrecen entsteht gerade ein 7 Milliarden Euro teures Werk und in den USA wurde jüngst ein großer Lizenzdeal mit Ford abgeschlossen. Eine Expansion der Produktionskapazitäten nach Südostasien ist ebenfalls geplant – erst vor wenigen Wochen wurde ein Joint Venture mit der Thailändischen „Arun Plus“ (Tochterfirma des nationalen Ölkonzerns PTT) bekannt gegeben.
Die erste Fabrik außerhalb Chinas wurde dagegen hierzulande in Betrieb genommen, und zwar in Arnstadt (Thüringen). CATL hat knapp 2 Milliarden Euro in das Werk investiert, welches laut CATL-Europachef Matthias Zentgraf „die erste Großserien-Zellproduktion in Westeuropa“ einleiten soll. Von Thüringen aus soll demnach der europäische Markt mit Lithium-Ionen-Batteriezellen für Elektroautos versorgt werden.
Die größten deutschen Autobauer Volkswagen und BMW zählten schon vorher zu treuen Kunden des Industrieunternehmens. Hauseigene Produktionskapazitäten für Batterien sind hingegen kaum vorhanden und teils noch weit von der Inbetriebnahme entfernt. Und das obwohl es aufgrund der Größe und Schwere der Akkus einen starken Anreiz gibt, sie möglichst nahe an den Autowerken anzusiedeln.
Mercedes-Benz plant aktuell den Bau von heimischen Mega-Fabriken in einem Zeitraum bis 2030. BMW will 2024 mit dem Bau eines großen Batteriewerks in Niederbayern beginnen. Zugleich plant man auch Mega-Fabriken in Ungarn, Mexiko und den USA. Die erste eigene VW-Zellfabrik in Salzgitter wurde erst im Sommer 2022 eröffnet und ist dabei auch noch auf die Expertise von Gotion angewiesen, die als Partner mit an Bord geholt wurden.
Der deutsche Traditionskonzern ist seit 2020 mit 26 Prozent der größte Anteilseigner an der chinesischen Batteriefirma. Eine Milliarde Euro war der China-Tochter von Volkswagen diese Beteiligung wert. Dieses Geld wollte oder konnte VW zum damaligen Zeitpunkt offenbar nicht in die interne Batterieproduktion oder einen deutschen Akkuhersteller investieren.
Gotion wiederum will in Deutschland eine eigene Großfabrik an den Start bringen. Im Herbst soll in der Anlage in Göttingen die Produktion anlaufen – ausgerechnet in einem umgerüsteten ehemaligen Bosch-Werk. Das hat Symbolcharakter. Die Chinesen dominieren zunehmend die deutsche Automobilindustrie im so wichtigen Batterie-Segment für Elektrofahrzeuge. Der Akku ist das mit Abstand schwerste und teuerste Bauteil. Und auch bei anderen Einzelteilen nimmt China eine bedeutende Rolle ein.
Automobil-Verband fordert europäische Investitionsoffensive
Innerhalb der Branche hat man eine differenzierte Sicht auf die Deutschland-Expansion von CATL und Konsorten, wie eine DWN-Anfrage beim Verband der Automobilindustrie (VDA) ergab. Technologieoffenheit und Wettbewerb würden einerseits zu sinkenden Preisen für Elektroautos beitragen. Andererseits dürfe man beim Bezug von Batterien nicht ausschließlich von Importen aus China abhängig sein. „Um die Transformation der Automobilindustrie abzusichern, ist es unerlässlich, Batterien auch in Deutschland und Europa zu produzieren.“
Solange chinesische Firmen in Deutschland selbst produzieren, ist deren Dominanz zwar geopolitisch heikel, aber noch keine totale ökonomische Katastrophe. Die belastende Wirtschafts- und Energiepolitik der Ampel-Regierung hat jedoch dem Autoindustrie-Standort Deutschland nachhaltig geschadet. Es ist fraglich, wie viele chinesische und einheimische Industriefirmen aus dieser Branche auch in 10 bis 20 Jahren noch hier sind. Mittel- bis langfristig droht Deutschland zum reinen Absatzmarkt für mit chinesischen Teilen gefertigte E-Autos zu verkommen.
Auf Anfrage der DWN spricht sich der Automobil-Verband für eine europaweite Investitionsoffensive und bessere Standortbedingungen aus. „Fast 40 Großfabriken sollen in den kommenden Jahren europaweit für die Batteriezell- und Modulproduktion entstehen – viele davon unter direkter oder indirekter Beteiligung der deutschen Automobilindustrie. Damit dieser Kraftakt gelingt, sind passende Rahmenbedingungen erforderlich: Dies gilt insbesondere für die Strompreise, die in Deutschland sowie weiten Teilen Europas international nicht wettbewerbsfähig sind. Diese Entwicklung ist eine ernstzunehmende Gefahr für die Ansiedlung der Batterieproduktion.“
Die erfolgreiche Transformation hin zur Elektromobilität sei auf schnelles und entschlossenes Handeln angewiesen – auch in Bezug auf die Sicherung der nötigen Rohstoffquellen, wo bekanntermaßen eine noch größere Abhängigkeit von China besteht.
Hierzulande werden zwar gelegentlich junge Firmen staatlich gefördert, aber meist geht es hier um relativ kleine Millionenbeträge und Produktionskapazitäten im Bereich von einem Tausendstel dessen, was zum Beispiel CATL anbietet. Man mag nicht so recht daran glauben, dass Deutschland auf diesem Weg tatsächlich zu den Chinesen aufschließen kann. Die EU will nun mit Milliarden an Fördergeldern die Industrie anschieben, sodass bis 2030 fast der komplette heimische Bedarfs an Batteriezellen für E-Autos aus Europa gedeckt werden kann. Zuletzt konnte die Ampel-Regierung das schwedische Startup Northvolt davon überzeugen, eine Mega-Fabrik in Schleswig Holstein aufzubauen – versprochen wurden Subventionen von mehr als 4 Milliarden Euro.
Ferdinand Dudenhöffer, Automobil-Experte und Direktor des CAR-Research-Instituts, sagte uns auf Anfrage, dass das Problem schon in einer grundsätzlich falschen Denkweise der Politik liegt. „Ich denke, es wäre sehr gut wenn wir aus der Deutschland-Denke herausspringen würden und uns um globale Spitzenstellungen bemühen. Heute sind Chinesen und Koreaner klar Technologieführer. Von daher setzen die EU-Kommission und die Bundesregierung viel Steuergeld in den Sand, um mit Startups Technologieführer zu schlagen. Das ist naiv und sehr teuer. […] Hinterherzulaufen ist einfach zu wenig.“
Womöglich ist der Rückstand zum Reich der Mitte im Batterie-Bereich uneinholbar. Für einen langfristigen strategischen Plan ähnlich zu Chinas bis 2050 angestrebter Technologie-Führerschaft könnte es längst zu spät sein. Große Struktur-Investitionen auf den Weg zu bringen - und dann auch noch verspätet so wie jetzt - hat in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte zudem nur selten die intendierte Wirkung gehabt.