Politik

Ampel-Koalition blockiert Untersuchungsausschuss zu Cum-Ex-Skandal

Erstmals in seiner Geschichte blockiert der Bundestag einen Untersuchungsausschuss. Laut SPD, Grünen und FDP ist der Bund für den Cum-Ex-Skandal nicht zuständig. Hinter der Blockade steckt offenbar Kanzler Scholz.
05.07.2023 18:51
Aktualisiert: 05.07.2023 18:51
Lesezeit: 2 min

Der Bundestag hat erstmals in seiner Geschichte einen Untersuchungsausschuss blockiert. Die Union kündigte deswegen am Mittwoch eine Verfassungsklage in Karlsruhe an, um das Sondergremium durchzusetzen. Es soll den Finanzskandal um die Hamburger Warburg Bank aufklären und auch die Rolle darin des jetzigen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD).

Mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen von SPD, Grünen und FDP wurde der Antrag der Union zur Einsetzung des U-Ausschusses endgültig abgelehnt, nachdem dies am Dienstag bereits der Geschäftsordnungsausschuss des Parlaments getan hatte. Union, AfD und Linke votierten für den U-Ausschuss. Die Ampel hält den Antrag der Union für verfassungswidrig. CDU/CSU wollten vor allem Handlungen der Verwaltung in Hamburg untersuchen lassen, wofür der Bund aber gar nicht zuständig sei, hieß es.

Die Union kündigte an, noch im Sommer eine Klage beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. "Das wird vorbereitet", sagte der CDU-Politiker Patrick Schnieder. Die mögliche Vorbereitungszeit dafür werde nicht ausgeschöpft, es solle schnell geklagt werden. Schnieder sprach von einem historisch einmaligen Vorgang. "Das hat es noch nie gegeben." Der Umgang mit der Opposition sei respektlos. Es gebe keinen sachlichen Grund, den Antrag der Union abzulehnen.

"Es gab viele Gesprächsangebote an die Union", sagte dagegen die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast. Die Union habe es aber abgelehnt, den Antrag so abzuändern, dass er verfassungskonform werde. "Wir lehnen nicht die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ab, sondern die Einsetzung eines verfassungswidrigen Untersuchungsausschusses." In der Anhörung dazu habe die Mehrheit der Sachverständigen die Meinung vertreten, dass der Antrag verfassungswidrig sei. "Die Union war nicht bereit, trotz mehrfacher Gespräche genau an den kritischen Stellen nachzuarbeiten."

NORMALERWEISE EINE FORMALIE

Die Opposition kann eigentlich mit mindestens einem Viertel der Stimmen einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Allerdings muss zuvor im Geschäftsordnungsausschuss mit einfacher Mehrheit der inhaltliche Rahmen festgelegt werden. Das ist in der Regel eine Formalie, nicht aber hier wegen des Streits, ob der Bund überhaupt zuständig ist.

"Hier führt nach meiner Auffassung das Kanzleramt Regie", sagte Schnieder. Scholz wolle unbedingt den U-Ausschuss verhindern.

Ihm wird vorgeworfen, in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister Einfluss auf die Cum-Ex-Steueraffäre genommen zu haben. Scholz hat dies mehrfach zurückgewiesen, auch vor dem Untersuchungsausschuss in Hamburg. Die Steuerbehörden der Hansestadt hatten in dem Fall auf eine Forderung von 47 Millionen Euro an die Warburg Bank verzichtet. Scholz hatte damals - in den Jahren 2016 und 2017 - mehrfach Kontakt mit dem Warburg-Miteigentümer Christian Olearius. An Details kann sich der Kanzler nach eigenen Angaben nicht mehr erinnern.

"Warum hat er die Hosen gestrichen voll?", fragte CDU-Politiker Schnieder in der teils hitzig geführten Bundestagsdebatte. Der Kanzler müsse sich kritischen Fragen stellen. Für die SPD konterte Rechtspolitiker Johannes Fechner: "Sie wollen mit möglichst viel Dreck auf den Kanzler werfen." Damit dann am Ende ein wenig davon hängenbleibe.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzen: Deutschlands Pleitewelle hält an – ein Blick auf Ursachen und Folgen
11.07.2025

Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland steigt weiter – wenn auch etwas langsamer. Trotzdem deuten aktuelle Daten auf tiefgreifende...

DWN
Politik
Politik Trump kündigt Erklärung zu Russland an – neue Dynamik oder taktisches Manöver?
11.07.2025

Ein Treffen in Malaysia, neue russische Vorschläge und Trumps Ankündigung einer großen Russland-Erklärung: Zeichnet sich eine Wende im...