Neben dem über die internationalen Finanz- und Rohstoffmärkte jüngst sehr überraschend hereingebrochene Großthema des sich nun offenbar konkretisierenden Plans für eine neue goldgedeckte Währung der BRICS-Staaten, welche als regelrechter Angriff auf die bisherige Weltleitwährung verstanden werden durfte, sorgten auch die regulären Datenpunkte für einigen Gesprächsstoff.
Datenlage deutet auf Ende des Inflationsdrucks hin
Schon die am vorvergangenen Freitag veröffentlichten neuesten US-Daten zu den Beschäftigtenzahlen außerhalb der Landwirtschaft (Non Farm Payrolls) waren sehr solide. Zum ersten Mal seit mehreren Monaten blieb das Tempo der Arbeitsplatzschaffung mit 209.000 Stellen etwas hinter den Erwartungen (225.000) zurück, zudem lag der Wert deutlich unterhalb dem des Vormonats von 339.000 neuen Stellen. Damit wird zwar mittlerweile, wie angestrebt, eine gewisse Verlangsamung auf dem Arbeitsmarkt erkennbar, aber die Zahlen sind immer noch so gut, dass sie den momentanen Weg der Fed kaum ändern dürften. Vor allem, da sich die Abkühlung am US-Arbeitsmarkt in der abermals, wenn auch nur geringfügig, gesunkenen Arbeitslosenquote überhaupt noch nicht widerspiegelt.
Mit den schwachen US-Inflationsdaten der vergangenen Woche gewinnt die Fraktion der Zinssenkungsauguren jedoch wieder an Zulauf. Sowohl die Gesamt- als auch die, für die Zentralbank wichtigere, Kerninflationsrate stieg im Monatsvergleich so wenig an wie seit März 2021 nicht mehr. Auch im Jahresvergleich schwächte sich der Preisdruck erheblich ab. Die ebenfalls unterhalb der Erwartungen gemeldeten Erzeugerpreise vervollständigten das Bild. Für die Federal Reserve könnten die schwachen Inflationsdaten nun mindestens Zweifel an der Notwendigkeit einer weiteren Zinserhöhung aufkommen lassen. Der Marktkonsens geht bereits von neuerlichen Zinssenkungen in nicht allzu ferner Zukunft aus.
US-Dollar bricht ein
In Folge dieser drei Ereignisse (mindestens, evtl. spielt auch die BRICS-Story noch mit hinein) brach der US-Dollar auf ein 15-Monats-Tief ein und realisierte in der vergangenen Woche seinen größten wöchentlichen Verlust seit November letzten Jahres. Die Märkte zeigten sich im allgemeinen recht erfreut über den nachlassenden Inflationsdruck, unterstützt diese Entwicklung doch zusammen mit dem immer noch robusten Arbeitsmarkt das Narrativ einer sanften Landung der US-Wirtschaft. Dennoch dürften die USA die Auswirkungen der vergangenen und möglicherweise zukünftigen Zinserhöhungen noch zu spüren bekommen, weshalb das Rezessionsthema auch noch nicht vom Tisch ist. Laut dem CME FedWatch-Tool rechnen die Märkte immer noch mit einer 95-prozentigen Chance auf eine Zinserhöhung der Fed um 25 Basispunkte noch in diesem Monat, aber nicht mehr für den Rest des Jahres. Diese Entwicklung veranlasste bereits eine Reihe von Marktstrategen und Investoren zu der Aussage, dass für die wichtigste Reservewährung der Welt endlich ein Wendepunkt bevorstehen könnte.
Wenn sie Recht hätten, würde dies weitreichende Folgen für die globale Wirtschaft und die Finanzmärkte haben. Ein langfristiger Rückgang des Dollars würde die Importpreise für die Entwicklungsländer senken und dazu beitragen, deren Inflationsdruck zu verringern. Ganz allgemein würde eine schwächere US-Währung die Exporte amerikanischer Unternehmen auf Kosten ihrer Pendants in Europa, Asien und anderswo ankurbeln. Die Prognosen über den bevorstehenden Zinspfad der Fed gehen mittlerweile von zwei weiteren 25-Basispunkteschritten in diesem Jahr aus, um das angepeilte Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen und sehen dann eine erste Zinssenkung im März 2024. Jedoch werden zwischen der nächsten Fed-Sitzung am 25. und 26. Juli und der nächsten Sitzung im September noch zwei weitere Inflationsberichte herauskommen. Gute Nachrichten könnten durchaus schon eher zu einem Verzicht auf weitere Erhöhungen führen. Diesbezüglich gilt es jedoch immer zu bedenken, dass die Geschichte nicht arm ist an Investoren, die sich durch verfrühte Wetten auf die Fed-Politik die Finger verbrannt haben.
Viele „Inflationsbefürworter“ sind noch nicht bereit, das Handtuch zu werfen und führen zu Recht ins Feld, dass die Inflationsverlangsamung im Jahresvergleich durch Basiseffekte geschönt ist – und dieses Phänomen abklingen wird. Die dafür maßgeblich verantwortliche Energiepreisentwicklung kehrt sich bereits wieder um, vorschnelle Zinssenkungseuphorie könnte demnach unangebracht sein. Auch China, als weltgrößter Rohstoffverbraucher, ist momentan kein Preistreiber. Das dortige Wirtschaftswachstum enttäuschte auch im zweiten Quartal, was die Sorgen um die Verbraucherausgaben und den Immobilienmarkt verstärkte und den Ruf nach Konjunkturmaßnahmen lauter werden lässt. Dass Peking andeutete, dass etwaige Konjunkturmaßnahmen eher gezielt als breit angelegt sein werden, senkt die Risiken für die Weltwirtschaft nicht.
Rohstoffe in günstigem Umfeld
Neben dem schwächelnden US-Dollar sind es die Anleihemärkte, die für Rohstoffinvestoren interessante Signale geben. Die stark inverse US-Renditekurve deutet an, dass die Fed bei der Anhebung der Zinssätze zu weit gegangen sein könnte und gezwungen sein wird, diese bis zum Ende des Jahres wieder zu senken. Hinzu kommen verschiedene sektorspezifische Preistreiber. So reagierte Weizen mit einem 4,4-Prozent-Plus auf die Aussetzung des Getreide-Deals seitens Russlands, der bislang die Ausfuhr von Weizen & Co. aus ukrainischen Häfen sichergestellt hat. Für den Agrarsektor kommt dies als weiterer preistreibender Faktor in einem ohnehin schon latent angespannten El-Niño-Jahr hinzu.
Für den Treibstoffsektor (Benzin, Diesel, Kerosin, samt Grundstoff Rohöl) hat gerade die nachfragestarke Driving-Season begonnen. Da Saudi-Arabien gerade die Verlängerung seiner freiwilligen Förderkürzungen verkündet und die russischen Exportmengen tatsächlich zu sinken beginnen manifestiert sich auch hier eine zunehmend bullische Gemengelage.
Das Gegengewicht für ein allzu inflationskritisches Umfeld bildet China. Im Edelmetallsektor verzeichnete insbesondere Silber in der vergangenen Woche bemerkenswerte Zugewinne. Silber gelang auf Grund verbesserter makroökonomischer Aussichten und per „Catch-Up-Rally“ zu Gold am vergangenen Mittwoch der größte Tagesgewinn dieses Jahres, über die gesamte Woche legte Silber um acht Prozent zu. Gold hingegen verliert derzeit ein wenig an Fahrt, der erwähnte Dollarabsturz gewährte dem gelben Metall nur sehr überschaubar Rückenwind (plus zwei Prozent). Interpretiert werden kann dieses Situation als ein sich gerade vollziehender subtiler Wechsel hin zu klassischen physischen Nachfragehoffnungen im Gegensatz zu den Goldmarkt bis jetzt beherrschenden geldpolitischen Themen.