Maßnahmen wie Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen haben laut einer Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) wesentlich zur Bekämpfung der Corona-Pandemie beigetragen. Vor allem die Kombination der verschiedenen Vorkehrungen sei ausschlaggebend dafür gewesen, dass eine mit dem Erreger Sars-Cov-2 infizierte Person deutlich weniger Menschen angesteckt habe als andernfalls, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht. „Wenn man sie einzeln betrachtet, haben sie eine deutlich schwächere Wirkung“, sagte eine RKI-Expertin am Donnerstag bei der Vorstellung der Ergebnisse.
RKI ist dem Gesundheitsministerium direkt unterstellt
Das RKI ist dem Bundesgesundheitsministerium unterstellt und gab während der Pandemie regelmäßig Risikobewertungen ab sowie Empfehlungen zum Infektionsschutz, die für Diskussionen sorgten. Für die „StopptCOVID-Studie“ berücksichtigten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehr als 20 nicht-pharmazeutische Maßnahmen, die zwischen März 2020 und August 2021 verordnet wurden. Dazu zählen etwa die Maskenpflicht, Schulschließungen und Abstandsregelungen.
Die Auswertung basiert auf Daten der Landkreise, die vom Bonner Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie dokumentiert wurden. Auswirkungen der Maßnahmen auf das Infektionsgeschehen wurden anhand der Entwicklung des sogenannten R-Werts berechnet. Dieser Wert gibt an, wie viele Menschen ein Infizierter im Schnitt ansteckt.
Einen besonders starken Rückgang der Ansteckungsquote stellten die Autoren für Kontakt- und Versammlungsbeschränkungen für Privatpersonen im öffentlichen Raum fest: Dadurch sei der R-Wert um etwa 20 bis 30 Prozent gesunken, schätzen sie. Allgemein gelte: Je schärfer die Maßnahmen waren, desto mehr sei der R-Wert zurückgegangen.
RKI attestiert Corona-Maßnahmen positive Wirkung
Der Bericht verzeichnet einen weiteren Aspekt: Die Infektionszahlen sanken demnach im Beobachtungszeitraum noch vor der Umsetzung einer neuen Verordnung. „Das heißt, die Maßnahmen wirkten, bevor sie überhaupt in Kraft traten“, sagte ein RKI-Experte dazu. Das liege wahrscheinlich daran, dass Menschen – in dem Wissen, dass eine neue Maßnahme kommen werde – diese schon befolgt hätten, etwa ihre Kontakte reduziert hätten.
Anhand der Daten und ihrer Analysen können die Forscher eigenen Angaben zufolge nicht genau beurteilen, wie einzelne Maßnahmen getrennt voneinander gewirkt haben oder ob bestimmte Verordnungen nutzlos waren. Die Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen ließen sich zu schwer voneinander trennen. Sicher sei: „Es bedarf vieler Einschränkungen, um eine starke Reduktion hervorzubringen“, sagte der RKI-Experte. Die Maßnahmen hätten bis zur Entwicklung wirksamer Impfstoffe eine starke Überlastung des Gesundheitssystems verhindert, heißt es in dem Bericht.
Neben den nicht-pharmazeutischen Maßnahmen habe eine hohe Impfquote deutlich dazu beigetragen, dass sich weniger Menschen infiziert hätten. „Dies führte insbesondere in der älteren Bevölkerung zu einer deutlich schwächeren dritten Covid-19 Welle“, heißt es im Bericht. Ein Aspekt sollte laut der Studie allerdings bei künftigen Pandemien stärker berücksichtigt werden: Die psychische Gesundheit der Menschen und ihr Zusammenleben könnten unter Schutzmaßnahmen leiden. Mögliche negative Folgen von Vorkehrungen und ihre Abmilderung sollten daher bei der Pandemieplanung stärker mitgedacht werden.
Kritik am RKI-Bericht
„Dass das Robert-Koch-Institut (RKI) im Nachhinein die Corona-Maßnahmen für wirksam erklärt, überrascht nicht. Hatte es sie doch größtenteils selbst empfohlen“, kommentiert die Frankfurter Neue Presse den Bericht. „Viele Inkonsequenzen und seltsame Seitenwege der Corona-Maßnahmen wie die 15-Kilometer-Regel waren allerdings dem Streit zwischen Bundesländern, der Profilierungssucht und Wahltaktik von Parteien geschuldet“.
Daraus ließe sich lernen, dass es bei Krisen vor allem um die Sache gehen muss, dass konsequentes Handeln eher zur Akzeptanz unangenehmer Maßnahmen beiträgt als ein Verheddern in vielen Klein-Klein-Sonderregelungen, so das Medium weiter. „Doch diese Schlussfolgerung zu ziehen, ist nicht Sache des RKI. Sie wäre stattdessen überaus hilfreich für die Ampelkoalition.“
Schon früh hatten renommierte Epidemiologen wie Dr. Martin Kulldorf von der Harvard University, Dr. Sunetra Gupta von der Oxford University und Dr. Jay Bhattacharya von der Stanford University die Wirksamkeit dieser Maßnahmen auf das Infektionsgeschehen infrage gestellt. Zudem haben die Wissenschaftler öffentlich vor den verheerenden Folgen dieser Maßnahmen auf die Gesamtbevölkerung gewarnt.
Zu den Folgen, vor denen die Unterzeichner der „Great Barrington Declaration“ warnten, zählten etwa verschleppte medizinische Untersuchungen und eine daraus resultierende Erhöhung von Krebs- und Herz-Kreislauferkrankungen, psychische Folgeschäden vor allem bei Kindern und Jugendlichen sowie eine Zunahme von Armut durch die verheerenden Auswirkungen auf die Wirtschaft, haben sich größtenteils bewahrheitet. (dpa/DWN)