Unternehmen

Deutsche Wirtschaft stagniert

Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal stagniert, nachdem sie zuvor zwei Quartale in Folge geschrumpft war. Grund ist die Stabilisierung des Konsums. Geht es nun wieder aufwärts? Eher nicht.
28.07.2023 10:44
Aktualisiert: 28.07.2023 10:44
Lesezeit: 2 min

Die deutsche Wirtschaft schrumpft dank stabilerer Konsumausgaben der Verbraucher nicht mehr. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) verharrte von April bis Juni auf dem Niveau des ersten Quartals, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Davor war es zwei Quartale in Folge geschrumpft, was Ökonomen als technische Rezession bezeichnen - und zwar revidiert um minus 0,4 (bisher -0,5) Prozent Ende 2022 und um minus 0,1 (bisher: -0,3) Prozent Anfang 2023. Von Reuters befragte Analysten hatten im Frühjahr mit einem Wachstum von 0,1 Prozent gerechnet.

Den Statistikern zufolge "haben sich die Konsumausgaben der privaten Haushalte nach dem schwachen Winterhalbjahr stabilisiert". Dafür könnten die gesunkene Inflation und teils deutliche Lohnerhöhungen gesorgt haben, sagten Ökonomen. Details - etwa zu den Investitionen und Exporten - wollen die Statistiker am 25. August veröffentlichen.

Die Aussichten für die zweite Jahreshälfte sind alles andere als rosig. "Nach der Stagnation der deutschen Wirtschaft im zweiten Quartal ist leider keine Besserung in Sicht", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Die weltweiten Zinserhöhungen fordern ihren Tribut, zumal die deutschen Unternehmen wegen der erodierten Standortqualität ohnehin verunsichert sind."

Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG sieht es ähnlich. "Problematisch ist, dass die Wirtschaftsleistung weiterhin nur in etwa auf ihrem Vor-Corona-Hoch liegt", sagte Krüger. Andere Länder lägen mitunter deutlich darüber, auch im Euroraum. "Deutschland sitzt eindeutig im Bremserhäuschen des europäischen Konjunkturzuges", sagte LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch.

Mit dem Ifo-Geschäftsklimaindex ist der wichtigste Frühindikator für die Entwicklung von Europas größter Volkswirtschaft im Juli bereits den dritten Monat in Folge gesunken. "Die Schwächephase der deutschen Wirtschaft geht in die Verlängerung", sagte deshalb der Leiter der Ifo-Umfrage, Klaus Wohlrabe. Das Bruttoinlandsprodukt werde im laufenden dritten Quartal voraussichtlich sinken.

Auch die Bundesregierung gibt noch keine Entwarnung. Im laufenden Quartal sei von einer "gedämpften konjunkturellen Entwicklung" auszugehen, heißt es im aktuellen Monatsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums. "Eine stärkere wirtschaftliche Belebung wird erst erwartet, wenn sich eine spürbare weltwirtschaftliche Erholung abzeichnet und die Kaufkraft aufgrund rückläufiger Inflation und höherer Tarifabschlüsse wieder steigt", so das Ministerium.

Deutschland schneidet dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge im Vergleich mit anderen Industrienationen außerordentlich schlecht ab - als einziges großes Land mit einer dieses Jahr wohl schrumpfenden Wirtschaftsleistung. Der IWF sagt in seiner gerade veröffentlichten Sommerprognose ein Minus beim Bruttoinlandsprodukt von 0,3 Prozent voraus, nachdem er im Frühjahr nur mit minus 0,1 Prozent gerechnet hatte. 2024 soll es dann zu einem von 1,3 Prozent reichen. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Datenschutz oder Fortschritt? Der Balanceakt zwischen Sicherheit und Innovation
28.11.2025

Die DSGVO sollte Vertrauen schaffen – doch sie ist für viele Unternehmen zur Innovationsbremse geworden. Zwischen Bürokratie,...

DWN
Politik
Politik Schwache Erholung: Arbeitslosenzahl im November leicht rückläufig
28.11.2025

Die erhoffte Herbstbelebung bleibt am deutschen Arbeitsmarkt auch im November verhalten. Zwar sinkt die Zahl der Arbeitslosen erneut, doch...

DWN
Politik
Politik Sicherheitsgarantien Ukraine: Warum Washington plötzlich auf einen Deal drängt
28.11.2025

Wachsende Irritationen in Europa treffen auf ein Washington, das den Ton sichtbar verschärft und ein Friedensabkommen zur Bedingung für...

DWN
Politik
Politik Korruptionsermittlungen in Kiew: Behörden durchsuchen Bürochef von Selenskyj
28.11.2025

Die ukrainischen Anti-Korruptionsbehörden haben am Morgen eine Durchsuchung bei Andrij Jermak, dem Leiter des Präsidentenbüros von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Studie: Lage von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt verschlechtert sich erneut
28.11.2025

Menschen mit Behinderung stehen auf dem Arbeitsmarkt zunehmend unter Druck: Eine neue Analyse des Handelsblatt Research Instituts im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neuer Kompromiss in Berlin: Mehr Spielraum für Verbrenner nach 2035
28.11.2025

Nach monatelangen Verhandlungen hat die Regierungskoalition eine gemeinsame Linie zum geplanten EU-Verbot neuer Autos mit Verbrennungsmotor...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Wie Analysten die Zukunft nach dem Crash bewerten
28.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen rund um die Novo Nordisk-Aktie haben Anleger verunsichert und den Blick auf Chancen und Risiken neu geschärft....

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krise: Trumps wechselhafte Politik erschüttert Vertrauen
28.11.2025

Die diplomatischen Bemühungen in Genf zeigen, wie stark der Ukrainekrieg inzwischen von wechselhaften Signalen aus Washington geprägt...