Die Stimmung in den Chefetagen der Wirtschaft trübt sich weiter ein und nährt die Sorge vor einer Rezession im zweiten Halbjahr. Das Ifo-Geschäftsklima sank im Juli auf 87,3 Punkte von 88,6 Zählern im Vormonat, wie das Münchner Ifo-Institut am Dienstag zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Es war bereits der dritte Rückgang in Folge.
Dies gilt unter Fachleuten als Signal für eine negative Trendwende. Von Reuters befragte Fachleute hatten lediglich mit einem Rückgang auf 88,0 Punkte gerechnet. „Die Lage der deutschen Wirtschaft verdüstert sich“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Unternehmen waren insbesondere mit den laufenden Geschäften merklich unzufriedener. Auch die Erwartungen gaben erneut nach.
Damit droht dem Ifo-Institut zufolge eine Sommerrezession. „Die Schwächephase der deutschen Wirtschaft geht in die Verlängerung“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe der Nachrichtenagentur Reuters. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde im laufenden dritten Quartal voraussichtlich sinken, nachdem es im Frühjahr in etwa stagniert haben dürfte. Das Statistische Bundesamt will am Freitag eine erste Schnellschätzung zur Entwicklung des BIP im zweiten Quartal veröffentlichen.
Kaum Lichtblicke in der Industrie
Das Ifo-Barometer zeigt, dass sich die Stimmungseintrübung durch alle Sparten zieht. Insbesondere die Industrie schwächelt: „Die Unternehmen können zwar die bestehenden Aufträge besser abarbeiten, weil die Lieferengpässe kontinuierlich zurückgehen“, sagte Wohlrabe. „Aber es kommen weniger neue Aufträge nach.“ In der Industrie gebe es kaum Lichtblicke. Und im Bauhauptgewerbe ist das Ifo-Barometer sogar auf den niedrigsten Stand seit Februar 2010 abgesackt.
Die deutsche Wirtschaft war Ende 2022 und Anfang 2023 jeweils zum Vorquartal geschrumpft und befindet sich seither in einer sogenannten technischen Rezession. Im zweiten Quartal dürfte sich die Konjunktur laut der Bundesbank zwar wieder leicht berappelt haben. Einer Studie zufolge ist jedoch die Gefahr einer Rezession bis in den Spätsommer hinein sprunghaft gestiegen. Dazu passt der jüngste Einkaufsmanagerindex. Dieser signalisiert, dass die Wirtschaft angesichts einer Auftragsflaute zu Beginn des zweiten Halbjahrs wohl geschrumpft ist.
„Selbst wenn das deutsche Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal etwas gestiegen sein sollte, deutet der breit basierte Rückgang der Frühindikatoren auf ein erneutes Schrumpfen der deutschen Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte hin“, so die Analyse von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.