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Nach Kurseinbruch: Lohnen aktuell Immobilienaktien?

Lesezeit: 4 min
05.08.2023 09:09  Aktualisiert: 05.08.2023 09:09
Immobilienaktien sind deutlich günstiger als vor einem Jahr. Die Kursverluste betragen bis zu 40 Prozent. Sind die Aktien wieder interessant?
Nach Kurseinbruch: Lohnen aktuell Immobilienaktien?
Könnten die Kurse von Immobilienaktien wieder anziehen? (Foto: iStock.com/Andrii Yalanskyi)
Foto: Andrii Yalanskyi

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Die Preise von Wohn- und Gewerbeimmobilien sind aufgrund der steigenden Leitzinsen gesunken. Das hat auch die Aktienkurse von Immobiliengesellschaften einbrechen lassen.

Niedriger als vor zwölf Monaten notieren etwa die größte europäische Immobilien-AG Vonovia (-34 Prozent), die Nummer zwei Segro (-34 Prozent), Deutsche Wohnen (-6 Prozent) oder LEG Immobilien (-29 Prozent).

Auch Immobilienaktien-ETFs gaben deutlich nach: Europaweit diversifizierte ETFs haben seit Jahresbeginn 2022 rund 38 Prozent an Wert verloren. Bei weltweit streuenden ETFs beträgt das Minus 20 Prozent.

„Erhebliches Aufwärtspotenzial“

Der Honorar-Finanzanlagenberater Klaus Porwoll sieht aktuell Einstiegschancen. „Viele dieser Gesellschaften notieren derzeit unter ihrem Nettoinventarwert und bieten damit, sollten die Zinsen wieder sinken, erhebliches Aufwärtspotenzial“, erklärt der Berliner gegenüber DWN.

Porwoll verweist etwa auf den Wohnungsbaukonzern Vonovia. Dieser habe aufgrund der gestiegenen Zinsen und Baukosten unter enormen Druck gestanden und musste sein Immobilienportfolio kürzlich um zwei Milliarden Euro abwerten. Trotzdem werde der Wert des Vermietungsportfolios noch mit über 80 Milliarden Euro angegeben, während die Schulden bei 43 Milliarden Euro lägen und die Marktkapitalisierung Anfang August bei 16,8 Milliarden Euro. Bei sinkenden Zinsen würde der Immobilienbestand neu bewertet „und dann sind deutlich höhere Aktienkurse drin“, erklärt Porwoll.

Allerdings sollten Anleger hohe Kursschwankungen aushalten können, mit denen bei Immobilienaktien zu rechnen sei. Die Märkte seien auch infolge der Rating-Herabstufung der USA äußerst volatil. Das werde „angesichts der zahlreichen Unsicherheitsfaktoren“ so bleiben, schätzt Porwoll.

Auch der Finanzexperte Sebastian Hell hält Immobilienaktien für wieder interessant. „Wir sind kurz davor, dass sich die Geldpolitik in den USA und Europa verändern wird“, erklärt er in einem Podcast. Die Märkte würden allenfalls noch geringe Zinserhöhungen in den USA und Europa erwarten. Das seien gute Aussichten für Immobilienaktien.

Auch Porwoll rechnet mit sinkenden Zinsen. „Das wird vielleicht nicht in diesem Jahr passieren, aber irgendwann schon.“ Darum sei ein langfristiger Anlagehorizont nötig.

Märkte erwarten allenfalls geringe Zinserhöhungen

Laut dem Market Probability Tracker der Fed Atlanta erwarten die Märkte keine weiteren Zinserhöhungen in den USA. Bereits im ersten Halbjahr 2024 soll der US-Leitzins, der aktuell in der Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent liegt, auf unter 5 Prozent sinken.

Baufinanzierungen würden also wieder günstiger. Das würde die Immobiliennachfrage ankurbeln und die Geschäftsaussichten der Immobiliengesellschaften verbessern, sollte die Weltwirtschaft nicht in eine scharfe Rezession schlittern oder eine markante Korrektur die Finanzmärkte erschüttern.

Langfristig gesehen sind die Renditen von Immobilienaktien „interessant“, schreibt der Vermögensberater Gerd Kommer in seinem Buch „Souverän Investieren mit Indexfonds und ETFs“. Außerdem seien Immobilienaktien „vergleichsweise niedrig“ mit den internationalen Aktienmärkten korreliert. Immobilienaktien folgen demnach also nicht immer dem Börsentrend, was ein Portfolio wertstabiler machen kann.

Kommer rät daher zu einer Beimischung von 10 Prozent im Aktienteil eines Portfolios. Bei einem 70/30-Portfolio entspricht das einer Gesamtgewichtung von 7 Prozent. Kapitalisierungsgewichtete Indizes wie der MSCI World gewichteten Immobiliengesellschaften mit circa 2,5 Prozent.

Sebastian Hell und Klaus Porwoll halten Einzelaktien derweil für zu riskant. „Weitere Abschreibungen und zwischenzeitliche Kursverluste sind nicht auszuschließen“, warnt Porwoll. „Um unternehmensspezifische Risiken dieser Art zu meiden, empfehle ich Privatanlegern nur breit gestreut in einen solchen Markt zu investieren. Dafür eignen sich vor allem ETFs auf einen globalen Immobilienaktienindex.“

ETFs seien transparent, kostengünstig und börsentäglich handelbar. Mehr als 5 bis 10 Prozent sollte die Beimischung aber nicht am Gesamtportfolio ausmachen, rät Porwoll.

Welche ETFs sind in Deutschland zugelassen?

Der Honorar-Finanzanlagenberater Andree de Boer schlug gegenüber DWN einen ETF auf den Index „FTSE EPRA/NAREIT Developed Europe“ vor. Dieser enthält 108 Aktien von europäischen Immobilien-AGs und REITs (Real Estate Investment Trusts, zu deutsch „Immobilien-Anlage-Treuhandvermögen“).

Bei REITs handelt es sich um eine Sonderform von Immobilien-AGs. Diese halten und vermieten Immobilien langfristig und müssen in Deutschland mindestens 90 Prozent der Jahresgewinne über Dividenden ausschütten.

Die zehn größten Positionen im „FTSE EPRA/NAREIT Developed Europe“-Index haben ein Gewicht von 39 Prozent. An der Spitze steht dabei der Wohnimmobilien-Spezialist Vonovia (8 Prozent), gefolgt vom Industrieimmobilien-Unternehmen Sergo (6 Prozent) und dem Generalisten Swiss Prime (4 Prozent).

Der Index streut dabei über verschiedene Nutzungsarten: Am meisten Gewicht haben die Generalisten (28 Prozent). Danach kommen Spezialisten für Wohnimmobilien (20 Prozent), für die Industrie (14 Prozent), Einzelhandel (11 Prozent) und Büro (9 Prozent). Die meisten Aktien sind in Großbritannien gelistet (34 Prozent der Marktkapitalisierung), gefolgt von Deutschland (14 Prozent) und Frankreich (12 Prozent).

In Deutschland sind zwei physische ETFs auf den Index zugelassen, die über 100 Millionen Euro Fondsvermögen verfügen. Beide Fonds sind Thesaurierer. Dabei handelt es sich um ein Produkt von ishares (TER: 0,4%, Fondsvermögen: 302 Mio. Euro, 61 Aktien, ISIN: IE00BGDQ0L74) und von xtrackers (TER: 0,33%, Fondsvermögen: 645 Mio. Euro, 109 Aktien, ISIN: LU0489337690).

Wer global investieren will, kann auf den Index „FTSE EPRA/NAREIT Developed“ setzen, der auch in außereuropäische Industrieländer streut. Hier hat Deutschland ein Gewicht von 2 Prozent. Den größten Anteil haben US-Unternehmen (63 Prozent) und japanische Titel (10 Prozent). Enthalten sind 370 Aktien, vor allem Generalisten (19 Prozent) und die Sektoren Wohnen (16 Prozent), Einzelhandel (15 Prozent) und Industrie (14 Prozent).

In Deutschland sind zwei physische ETFs zugelassen, die ein Fondsvermögen über 100 Millionen Euro aufweisen. Dabei handelt es sich um einen Fonds von Amundi (TER: 0,24%, Thesaurierer, Fondsvermögen: 269 Mio. Euro, 369 Aktien, ISIN: LU1437018838) und von HSBC (TER: 0,24%, Ausschütter, Fondsvermögen: 572 Mio. Euro, 374 Aktien, ISIN: IE00B5L01S80).

Wer indes Immobilien-Einzelaktien hält, sollte sein Investment laut Klaus Porwoll genau prüfen. Es könne durchaus sein, dass die Risiken bei einer Einzelaktie enorm hoch geworden seien. „Ich denke hier an stark fremdfinanzierte Immobilienfirmen, die besonders unter den gestiegenen Zinsen leiden.“ Im Zweifel solle man sich Unterstützung bei einem unabhängigen Experten holen.

                                                                            ***

Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und schreibt vor allem über Konjunktur, Edelmetalle und ETFs sowie die ökonomische Lehre der Österreichischen Schule. 

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

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