Politik

Auftrittsverbot während Corona: Staat zahlt keine Entschädigungen

Ob Theater oder Festival: zu den Hoch-Zeiten der Pandemie ging zeitweise gar nichts mehr. Künstler traf das besonders hart. Entschädigung gibt es aber keine, entschied der BGH.
03.08.2023 20:27
Aktualisiert: 03.08.2023 20:27
Lesezeit: 2 min

Der Staat muss nicht für Einnahmeausfälle entschädigen, die Künstlern wegen coronabedingter Auftritts- oder Veranstaltungsverbote entstanden sind. Das stellte der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in Karlsruhe klar und wies damit die Klage eines Berufsmusikers gegen das Land Baden-Württemberg ab. Der 47 Jahre alte Martin Kilger hatte vom Land rund 8.300 Euro zurückhaben wollen, weil ihm während des Corona-Lockdowns im Jahr 2020 zwischen März und Juli fünf Auftritte geplatzt waren. Er will nun vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, kündigte er im Anschluss an die Verhandlung an.

Die Verordnungen des Landes seien verhältnismäßig und zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung absolut notwendig gewesen, betonte der 3. Senat. „Es gab damals kein Medikament, keine Impfungen“, sagte der Vorsitzende Richter. „Es galt zudem, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern.“ Zwar seien die Auftrittsverbote und andere Beschränkungen ein Eingriff in das Eigentumsrecht und die Berufsfreiheit gewesen. Allerdings seien die Regelungen immer wieder angepasst und von vorneherein nicht auf Dauer ausgelegt gewesen. Die Nöte seien durch staatliche Hilfen großzügig abgefedert worden und das von den Betroffenen für die Allgemeinheit erbrachte Opfer auch deshalb zumutbar gewesen.

„Finanziell Genick gebrochen“

„Leben und Gesundheit der Kultur sind nicht geschützt worden“, sagte hingegen der sichtlich enttäuschte Kilger nach der Urteilsverkündung. Er sei stellvertretend für die vielen Künstler vor Gericht gezogen, denen die Coronazeit finanziell das Genick gebrochen habe. „Manche haben sich umgebracht, sind alkoholkrank oder drogensüchtig geworden“, sagte er. Die besondere Existenznot der oftmals nicht besonders begüterten Künstler habe das Gericht nicht berücksichtigt. Coronahilfen, die auch er erhalten hatte und zum Teil zurückzahlen musste, seien außerdem in keiner Weise ausreichend gewesen.

Kilger war auch in den Vorinstanzen gescheitert – sowohl in Baden-Württemberg wie auch in Bayern, dem Sitz seiner kleinen Firma für Film- und Musikproduktion. Nach eigenen Worten war er der bundesweit erste Musiker gewesen, der auf Entschädigung klagte.

Der Anwalt des Landes aus den Vorinstanzen, Malte Weitner, begrüßte die Entscheidung. Der BGH habe nun schon zum dritten Mal in die gleiche Richtung entschieden. „Corona traf alle, die ganze Gesellschaft, manche mehr, manche weniger“, sagte er. Finanzielle Verluste während dieser Zeit gehörten auch zum unternehmerischen Risiko.

Auch in vorherigen Urteilen hatte der BGH eine Staatshaftung wegen coronabedingter Einnahmeausfälle stets zurückgewiesen. So scheiterte im Mai eine Friseurin, die ihren Betrieb 2020 während eines sechswöchigen Lockdowns hatte schließen müssen und dafür einen Ausgleich gefordert hatte. Zuvor waren im März ein Gastronom und ein Hotelier mit ihren Klagen abgeblitzt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Micron Technology-Aktie und der KI-Boom: Experten sehen Parallelen zu Nvidia
19.12.2025

Der KI-Boom verändert den Halbleitermarkt und lenkt den Blick auf Speicherhersteller. Kann die Micron Technology-Aktie dauerhaft von...

DWN
Politik
Politik EU lockert Gentechnik-Vorgaben: Was sich im Supermarkt ändert und wo Chancen und Risiken liegen
19.12.2025

Die EU stellt die Weichen für lockerere Gentechnik-Vorgaben – mit Folgen für Supermärkte, Kennzeichnung und Landwirtschaft....

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt SumUp-IPO 2026: Wie SumUp-Gründer Daniel Klein eines der größten Fintechs Europas an die Börse bringt
19.12.2025

Ob Taxi oder Dönerbude: Die kleinen weißen SumUp-Terminals haben die Kartenzahlung in deutschen Kleinstbetrieben etabliert. Nun führt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verbrenner-Aus: EU lockert Vorgaben und setzt den Fokus auf Unternehmen und Hersteller
19.12.2025

Die Europäische Kommission richtet ihre Verkehrsklimapolitik neu aus und verändert damit die Rahmenbedingungen für Industrie und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose 2026: Kurs erholt sich – Experten streiten über den weiteren Weg
19.12.2025

Der Bitcoin-Kurs schwankt, die Jahresendrally bleibt aus – und doch überbieten sich Experten mit kühnen Zielen. Zwischen 87.900 Dollar...

DWN
Finanzen
Finanzen Jetzt die besten Dividenden-Aktien kaufen: Diese Titel überzeugen Experten von Morningstar
19.12.2025

Dividenden gelten für viele Anleger als stabiler Ertragsanker in unsicheren Marktphasen. Doch woran lässt sich erkennen, welche...

DWN
Politik
Politik E-Autos: Kfz-Steuerbefreiung bei Elektroautos bis 2035 verlängert
19.12.2025

Elektroautos sollen länger steuerfrei bleiben – doch die neuen Regeln haben einen Haken. Ein Beschluss im Bundesrat verschiebt Fristen,...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Finanzierung bis 2027: EU einigt sich auf 90 Milliarden Euro – Moskau spottet
19.12.2025

Die EU hat sich nach zähem Ringen auf eine Ukraine-Finanzierung bis 2027 geeinigt. Ein zinsloser Kredit über 90 Milliarden Euro soll...