Die geopolitische Weltlage wackelt aber der US-Wohnimmobilienmarkt hat die deutlichen höheren Hypothekenzinsen der letzten Monate rasch weggesteckt und sich überraschend schnell wieder belebt. Auch die Stimmung der Unternehmen in der US-Wohnungsbaubranche hat sich in den letzten Monaten stark verbessert und der Sektor signalisiert wieder Wachstum.
In einem Podcast der Hypovereinsbank, erklärte Dr. Andreas Rees, Chefvolkswirt Deutschland bei der Bank, wieso diese Stimmungsverbesserung gerade jetzt passiert, zu einem so frühen Zeitpunkt in den USA.
Eines der Hauptgründe für die Trendwende ist der relative ungewöhnliche Konjunkturverlauf in den USA, zum einen gekennzeichnet von einem außergewöhnlich robusten Arbeitsmarkt. „Wenn man sich zum Beispiel die Relation anschaut, die Zahl der Arbeitslosen und die Zahl der offenen Stellen, dann kommt man auf ein Verhältnis von etwa 1,5 - das heißt, es kommen auf einen Arbeitslosen etwa 1,5 offene Stellen zu“, so Rees. Dies sei außergewöhnlich stabil und einer der Gründe, warum private Haushalte wieder bereit seien Häuser und Wohnungen zu kaufen, obwohl Zinsen in den USA im letzten Jahr sehr stark angestiegen sind.
Auch die Stimmung der Firmen im US-Wohnungsbau habe sich in den letzten Monaten sehr stark verbessert und der Bereich signalisiere Wachstum. „Es ist ein Stimmungsindikator, ein zuverlässiger Frühindikator für die tatsächliche Entwickelung, zum Beispiel in Bauausgaben. Die Stimmung bei den Unternehmen verbessert sich nur dann, wenn die Firmen tatsächlich merken, dass sich der Wind dreht“.
Weitere US-Zinssätze im Visier
Die US-Notenbank würde wahrscheinlich die Zinssätze weiter anheben müssen, um die Inflation zu senken, sagte Gouverneurin Michelle Bowman am Wochenende. Bowman sagte, sie habe die Anhebung der Zinssätze um einen Viertelpunkt im letzten Monat unterstützt, weil die US-Inflation immer noch hoch, die Verbraucherausgaben stark und der Immobilienmarkt sowie der Arbeitsmarkt im Aufschwung seien.
In den im Juni veröffentlichten Prognosen gingen die meisten Beamten der Federal Reserve davon aus, dass der Leitzins am Jahresende bei 5,6 Prozent liegen würde - also einen Viertelpunkt über dem auf der Fed-Sitzung Ende Juli festgelegten Wert.
Rees wies darauf hin, dass die Federal Reserve immer noch nicht ganz zufrieden war. „Wir wissen das aus den jüngsten Kommentaren von einigen wichtigen Notenbankvertretern, denn es gibt eben immer noch sehr kräftige Lohnerhöhungen. Zuletzt lag das US-Lohnwachstum bei knapp 4,5 Prozent und eigentlich hätte die Fed ganz gerne einen Lohnanstieg von drei bis 3,5 Prozent“.
Pandemie-Ersparnisse lindern den Zinsanstieg-Schmerz
Laut Rees sind ein zweiter fundamentaler Grund für die Trendwende im US- Wohnimmobilienmarkt die Ersparnisse, die Privathaushalte während der Pandemie angesammelt haben. Viele Haushalte konnten Dienstleistungen nicht in Anspruch nehmen und somit seien die Ersparnisse gestiegen. „Das dürfte jetzt dem Immobilienmarkt wiederum helfen, weil Privathaushalte nicht so viele Hypothekenkredite aufnehmen müssen wie normalerweise … dann tun die gestiegenen Zinsen nicht so weh, wie in der Vergangenheit“.
Nach den Turbulenzen in der ersten Hälfte des Jahres im regionalen US-Bankensektor haben sich wichtige Banken im Juni darauf vorbereitet, Immobilienkredite mit möglichen Abschlägen zu verkaufen - selbst wenn Kreditnehmer ihre Rückzahlungen termingerecht geleistet haben.
Der Financial Times zufolge war dies ein Zeichen der Entschlossenheit der US-Finanzinstitute, ihr Risiko auf dem erheblich schwankenden US-Gewerbeimmobilienmarkt zu verringern. Die Bereitschaft einiger der wichtigen Kreditgeber, Verluste bei sogenannten „performing real estate loans“ zu übernehmen, folgte mehreren Warnungen, dass der US-Gewerbeimmobiliensektor ins Schwanken geraten sei und fallen könnte.