Wirtschaft

Rohstoffmärkte verharren nach kräftigem Anstieg in Wartestellung

Mit einem Plus von in der Spitze gut 15 Prozent konnte sich der Rohstoffsektor auf breiter Basis von seinem Ende Mai erreichten anderthalbjährigen Tiefstand absetzen. Doch seit Mitte August legt der Sektor eine Verschnaufpause ein.
30.08.2023 09:30
Aktualisiert: 30.08.2023 09:30
Lesezeit: 4 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Nachdem sich die Rohstoffmärkte zunächst auf breiter Basis von ihren Ende Mai erreichten Tiefständen absetzen konnten, streut vor allem China wieder Sand ins Getriebe. Dessen wirtschaftliche Probleme erweisen sich als weitaus gravierender als ursprünglich befürchtet. So ist der lang erwartete Aufschwung immer noch nicht in Sicht, wie die jüngsten stark rückläufigen Handelsdaten zeigen. Der chinesische Verbraucherpreisindex verzeichnete im Juli den ersten Rückgang seit mehr als zwei Jahren, die Erzeugerpreise fielen bereits den zehnten Monat in Folge. Dennoch dürften diese Zahlen den Zentralbanken weltweit nur begrenzt helfen. Sie geben ihnen zwar eine gewisse Unterstützung bei der Bekämpfung der Inflation in ihren eigenen Ländern, signalisieren aber eine Verschlechterung der Aussichten in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. In den USA zeigen die gleichen Indizes ebenfalls Anzeichen für eine Abkühlung des Preisdrucks.

Zentralbanktreffen und BRICS-Meeting als Wochenhighlights

Höhere Zinsen werden bleiben - das ist die zentrale Botschaft der geldpolitischen Entscheidungsträger aus aller Welt, die sich am Wochenende im beschaulichen Jackson Hole in Wyoming trafen, um sich über den wirtschaftlichen Zustand der Welt und die angemessene Geldpolitik auszutauschen. Laut Jerome Powell, dem Vorsitzenden der US-Notenbank, sei diese bereit, „die Zinsen weiter anzuheben, wenn es angemessen ist", während die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, versprach, die Kreditkosten so hoch wie nötig anzusetzen und sie dort zu belassen, bis die Inflation wieder ihr Ziel erreicht habe. Interessanterweise unterschieden sich die Reden der beiden Notenbanker sowohl in Ton als auch Zielsetzung deutlich. So sprach Jerome Powell ungewohnt klar über den aktuellen Stand der US-Geldpolitik und darüber, was nach Auffassung der Fed auf kurze Sicht getan werden müsse. Eine Entwarnung hinsichtlich der Höhe der heimischen wie weltweiten Inflation gab Powell nicht. Zwar gebe es einige ermutigende Anzeichen für Fortschritte, aber das Preisniveau sei weiterhin hoch und man werde auch zukünftig auf konkrete Daten reagieren, um sein Ziel zu erreichen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hingegen ging in ihrer Rede nicht wirklich auf die kurzfristigen politischen Entscheidungen ein, die die Zentralbank zu treffen hat. Stattdessen sprach sie viel ausführlicher über die großen, makroökonomischen Faktoren, die die politischen Entscheidungsträger in den kommenden Jahren auf Trab halten werden – wie die sich verändernde Struktur des Arbeitsmarktes, staatlich gelenkte Investitionen in die Energiewende oder neue Muster, die sich im globalen Handel entwickeln. Marktbewegend, weil kurzfristig relevanter, waren vor allem Jerome Powells Ausführungen - beziehungsweise deren Antizipation am vergangenen Freitag. So setzte der US-Dollar seine Rally auf den höchsten Stand seit dem 05. Juni fort und währungs- und zinssensitive Vertreter des Sektors, wie Gold, ließen zwischenzeitlich deutlich Federn. Zum Wochenstart erreichten die Renditen zweijähriger Staatsanleihen den höchsten Stand seit sieben Wochen.

Die Erwartungen an das letztwöchige Gipfeltreffen der BRICS-Staaten in Südafrika hinsichtlich der Ankündigung einer buchstäblich weltbewegenden Währungsneuordnung erfüllten sich nicht. Gerüchte über den dort möglicherweise bevorstehenden Beschluss der Einführung einer eigenen goldgedeckten Währung bewegen seit längerem die Gemüter, deren Bestätigung blieb bei diesem gerade deshalb mit so viel Spannung erwarteten Meeting jedoch aus, ebenso, wie die andernfalls zu erwartenden Kapriolen an den internationalen Währungs-, Finanz- und Rohstoffmärkten. Zumindest bisweilen, denn das sich nun, und erstmals seit 2010 überhaupt, um weitere Rohstoffschwergewichte erweiternde Staatenbündnis gewinnt zusehends an Bedeutung und stellt die Vormachtstellung der USA und der bisherigen Weltleitwährung selbstbewusst in Frage. Ein Angriff auf den US-Dollar - mit schwerwiegenden Implikationen für Weltwirtschaft und Handel sowie damit unweigerlich einhergehenden Neubewertungen sämtlicher Assetklassen - dürfte nur eine Frage der Zeit und im Grunde auch eine vollkommen natürliche Entwicklung sein. Immerhin repräsentieren die BRICS-Staaten ab kommendem Jahr nun gut 46 % der Weltbevölkerung und erwirtschaften, nach Kaufkraftparität, 37 % des globalen BIP.

Rohstoffmärkte mit gemischtem Bild

Nachdem der Ölpreis Anfang August auf den höchsten Stand seit fast neun Monaten geklettert war, überschatten seitdem wieder Konjunktur- und Zinssorgen einen grundsoliden physischen Markt. Gemäß den Daten der Internationalen Energieagentur (IEA) liegt die weltweite Ölnachfrage derzeit auf Rekordniveau. Der weltweite Kraftstoffverbrauch belief sich im Juni erstmalig auf durchschnittlich 103 Mio. Barrel pro Tag und könnte im August noch weiter angestiegen sein. Die Preise für Basismetalle sind nach wie vor von einem Konjunkturprogramm in China abhängig. Zwar konnten sich Vertreter, wie Kupfer, Platin und Silber mittlerweile von ihren Mehrmonatstiefs erholen, dennoch trüben die globalen Wirtschaftsaussichten auch jene der Eisen- und Basismetallmärkte ein. Gold bleibt trotz des Drucks durch den weiter steigenden US-Dollar sowie die anziehenden Realzinsen beeindruckend widerstandsfähig. Angesichts extremer Witterungsbedingungen sowie verschiedener Probleme in den Versorgungsketten stiegen die weltweiten Lebensmittelpreise zum ersten Mal seit drei Monaten wieder deutlich an. Reis erreichte den höchsten Stand seit 15 Jahren.

Nächster Richtungsindikator in Reichweite

Die Erwartungen hinsichtlich des Beschäftigungswachstums in der größten Volkswirtschaft der Welt gehen für August von einer Abkühlung aus, auch die Lohnzuwächse dürften sich den Prognosen zufolge abgeschwächt haben. Dies würde auf eine weitere Reduzierung der Inflationsrisiken hindeuten und die Dringlichkeit einer weiteren Zinserhöhung der nach eigenem Bekunden ja sehr datenaffinen Fed verringern. Die Prognosen des für Freitag erwarteten US-Arbeitsmarktberichts gehen davon aus, dass die Arbeitgeber die Zahl der Arbeitsplätze im August um nur noch 170.000 erhöht haben (nach 187.000 im Vormonat), während die Arbeitslosenquote auf einem historischen Tiefstand von 3,5 % verharrt. Der durchschnittliche Anstieg des Beschäftigungswachstums in den letzten drei Monaten wäre der geringste seit Anfang 2021. Die Ökonomen von Goldman Sachs rechnen mit Zinssenkungen in den USA ab dem zweiten Quartal 2024, gefolgt von einer allmählichen, vierteljährlichen Senkung. Andernorts werden am Donnerstag die Inflationsdaten für August aus dem Euroraum im Mittelpunkt stehen, während die Einkaufsmanagerdaten aus China den Eindruck verstärken dürften, dass sich die dortige Konjunktur immer weiter verschlechtert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Schnappen Sie sich den COME Mining Cloud-Mining-Vertrag und starten Sie Ihre Mining-Reise ganz einfach mit einem stabilen Tageseinkommen von über 7.000 $

Bei unseren Recherchen zum Bitcoin-Mining stellten wir fest, dass das traditionelle Mining-Modell für die meisten Nutzer ungeeignet ist....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

avtor1
Markus Grüne

                                                                            ***

Markus Grüne (49) ist langjähriger professioneller Börsenhändler in den Bereichen Aktien, Derivate und Rohstoffe. Seit 2019 arbeitet er als freier Finanzmarkt-Journalist, wobei er unter anderem eigene Börsenbriefe und Marktanalysen mit Fokus auf Rohstoffe publiziert. 

DWN
Politik
Politik Trump zieht die Zügel an: Steht Serbien vor einer Ölkrise?
14.10.2025

Die USA setzen Serbiens Ölindustrie unter Druck: Zahlungen mit Karten werden gestoppt, Lieferungen blockiert. Präsident Vučić warnt vor...

DWN
Technologie
Technologie Vodafone ersetzt Huawei-Technik: Samsung baut deutsches 5G-Netz aus
14.10.2025

Vodafone zieht im 5G-Netz die Reißleine: Huawei fliegt raus, Samsung übernimmt. Der Wechsel markiert nicht nur eine Abkehr von China,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Höchststand im September: Inflation steigt auf 2,4 Prozent
14.10.2025

Die Inflation zieht wieder an, und das mitten im Herbst. Besonders Lebensmittel und Dienstleistungen belasten die Haushalte, während...

DWN
Panorama
Panorama Benko-Prozess: Mini-Verfahren in Mega-Pleite
14.10.2025

Ein einst gefeierter Selfmade-Milliardär steht vor Gericht: René Benko, Symbol für Aufstieg und Fall eines Imperiums. Nun beginnt der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Überraschender Aufschwung: Chinas Exporte trotzen globalen Spannungen
14.10.2025

Chinas Außenhandel hat im September deutlich zugelegt und damit die Erwartungen der Analysten übertroffen. Trotz Handelskonflikten und...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis schlägt alle Anlageklassen: Warum Gold alles übertrifft
14.10.2025

Der Goldpreis hat in zwanzig Jahren alle Anlageklassen übertroffen. Inflation, Schulden und geopolitische Spannungen treiben die...

DWN
Politik
Politik Trump-Krise: Mit bizarrer Aussage offenbart der US-Präsident seine größte Schwäche
13.10.2025

Donald Trump gesteht erstmals einen historischen Fehler ein: Seine angebliche Freundschaft zu Wladimir Putin habe „nichts bedeutet“....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt kippt: Mehr Arbeitslose, weniger Stellen - Stellenabbau statt Fachkräftemangel
13.10.2025

Wirtschaftskrise bremst Neueinstellungen: Die aktuellen Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigen, dass der...