Technologie

Trotz US-Sanktionen: China entwickelt eigenen 7-Nanometer-Prozessor

Im neuen Smartphone von Huawei ist ein hochmoderner 7-Nanometer-Prozessor eingebaut, der in China entwickelt und produziert wurde. Dies ist ein herber Rückschlag für die Sanktionen der USA.
Autor
05.09.2023 16:36
Aktualisiert: 05.09.2023 16:36
Lesezeit: 3 min

Huawei und Chinas führender Chiphersteller haben einen hochmodernen 7-Nanometer-Prozessor in ihr neuestes Smartphone eingebaut. China ist es offenbar gelungen, eine eigene Chip-Industrie aufzubauen, die schon in wenigen Jahren mit westlicher Technologie Schritt halten könnte. Diese Entwicklung ist ein Rückschlag für die Sanktionen, welche die USA verhängt hatten, um den rasanten technologischen Aufstieg der Chinesen aufzuhalten.

Das Huawei Mate 60 Pro wird von einem neuen Kirin 9000s-Chip angetrieben, der in China von Semiconductor Manufacturing International Corp. (SMIC) hergestellt wurde. Dies zeigt eine Zerlegung des Handys, die TechInsights für Bloomberg News durchgeführt hat. Der Prozessor ist der erste, der die fortschrittlichste 7-Nanometer-Technologie von SMIC nutzt.

Mit Exportkontrollen versuchte die US-Regierung im vergangenen Jahr, China den Zugang zu 14-Nanometer-Chips zu verwehren, die etwa acht Jahre hinter der modernsten Technologie zurückliegen. Zudem setzten die USA sowohl Huawei als auch SMIC auf eine schwarze Liste. Doch nun kann China eigene Chips herstellen, die nur noch fünf Jahre hinter der Spitzentechnologie hinterherhinken.

"Das ist eine ziemlich wichtige Aussage für China", zitiert Bloomberg den stellvertretenden Vorsitzenden von TechInsights, Dan Hutcheson. "Die technologischen Fortschritte von SMIC sind auf einem beschleunigten Weg und es scheint, dass sie die ertragsbeeinflussenden Probleme in ihrer 7-Nanometer-Technologie gelöst haben." Die in Hongkong gehandelten Aktien von SMIC stiegen nach Bekanntwerden der Fortschritte sprunghaft an.

Huawei hatte das Telefon letzte Woche online angekündigt, ohne jedoch die wichtigsten Spezifikationen, wie das Prozessordesign oder die drahtlosen Verbindungsgeschwindigkeiten, zu nennen. Dies geschah während eines Besuchs von US-Handelsministerin Gina Raimondo in China, deren Ministerium viele der wichtigsten Exportkontrollen für China eingeführt hat.

Das Telefon hat Spekulationen ausgelöst, weil Huawei im Zentrum der Spannungen zwischen Washington und Peking steht und Ziel von Sanktionen wegen angeblicher Unterstützung des chinesischen Militärs ist. Der einst größte Telekommunikationsanbieter der Welt hat sich bemüht, Alternativen zu US-Chips zu erforschen, seit die US-Regierung von Präsident Donald Trump Huawei im Jahr 2019 auf eine schwarze Liste setzte.

Das Mate 60 könnte den Technologiekonflikt neu definieren, da Huawei nun offenbar in der Lage ist, mit einem in China entwickelten und produzierten Chip an die schnellsten westlichen Mobilgeräte heranzukommen, auch wenn die Chinesen noch nicht ganz mithalten können. Tests von Bloomberg haben gezeigt, dass das Mate 60 Pro zu Mobilfunkgeschwindigkeiten fähig ist, die mit 5G-Geräten wie dem neuesten iPhone von Apple vergleichbar sind.

"Das wird SMIC und der gesamten Halbleiterindustrie in China einen großen Schub geben. Ihre Aktienrallye könnte sich fortsetzen, weil sie die Markterwartungen übertrifft", zitiert Bloomberg Steven Leung, einen Executive Director von UOB Kay Hian Hong Kong. "Die meisten Leute haben nicht damit gerechnet, dass China in diesem Bereich so schnell aufholen könnte."

Der Schritt wirft auch die Frage auf, ob SMIC die US-Vorschriften einhält, die besagen, dass jedes Unternehmen, das Huawei mit amerikanischer Technologie beliefern will - die in allen SMIC-Betrieben vorhanden ist - die Genehmigung Washingtons einholen muss.

Der Hauptprozessor des Mate 60 Pro liegt zwei Generationen hinter der neuesten globalen Technologie zurück, wie aus der Zerlegung des Smartphones durch TechInsights hervorgeht. Die aktuellen iPhones von Apple werden in 4 Nanometer gefertigt, und nächste Woche wird das Unternehmen ein neues iPhone-Flaggschiff vorstellen, das mit einem 3-Nanometer-Chip ausgestattet ist.

Das in Shenzhen ansässige Unternehmen Huawei und das in Shanghai ansässige Unternehmen SMIC nähern sich möglicherweise bereits der Obergrenze dessen, was sie ohne fortschrittlichere Chipfertigungsmaschinen erreichen können. Der iPhone-Zulieferer Taiwan Semiconductor Manufacturing nutzt EUV-Maschinen (Extreme Ultraviolet Lithography) der ASML Holding NV. China ist die Einfuhr dieser Maschinen untersagt.

Es ist unklar, wie viele Einheiten des neuen Geräts Huawei zu produzieren gedenkt. Das Mate 60 Pro war fast sofort ausverkauft und anscheinend nur in begrenzten Mengen erhältlich. In den chinesischen sozialen Medien wurde es mit einem Ausbruch patriotischer Begeisterung begrüßt, und staatliche Medien wie CCTV und die Global Times lobten es als Symbol für Chinas unbändigen Geist.

He Weiwen, Senior Fellow des Center for China and Globalization, erklärte am Montag gegenüber der Global Times, dass die Sanktionen der USA zwar kurzfristig Wirkung zeigen, langfristig aber definitiv scheitern werden. "Es ist davon auszugehen, dass die USA nach dem Scheitern zu weiteren Sanktionen greifen werden, aber es ist unvermeidlich, dass China alle Schwierigkeiten überwinden und sich durchsetzen wird", so He.

Analysten von Jefferies, darunter Edison Lee, schrieben hingegen, dass der Ausverkauf der Huawei-Handys innerhalb weniger Stunden auf einen begrenzten Bestand hindeutet. Möglicherweise seien einige der Smartphones mit Chips von TSMC bestückt, die das Unternehmen noch auf Lager hatte, bevor die USA den Kauf solcher Chips stoppten. Das Team von Jefferies glaubt, dass China nur ein "sehr kleines" Volumen an 7-Nanometer-Chips produzieren kann.

Das Verbrauchergeschäft des größten chinesischen Technologieherstellers Huawei hat einen schweren Schlag erlitten, nachdem das Unternehmen vor drei Jahren von Chip-Herstellern wie TSMC abgeschnitten wurde. Der Umsatz im Verbrauchergeschäft ist heute weniger als halb so groß wie vor Inkrafttreten der Sanktionen, und das Unternehmen hat seinen Schwerpunkt auf die Entwicklung von Technologien für Unternehmens-, Cloud- und Automobilanwendungen verlagert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Mulfin Trade hat seine Schutzsysteme für mehr Sicherheit aktualisiert

Der Schutz persönlicher Daten ist einer der Schlüsselfaktoren, die das Vertrauen der Kunden in einen Service beeinflussen. Mulfin Trade...

DWN
Panorama
Panorama Ausweis, Ticket & Co.: Was Sie vor einem Urlaubsflug beachten sollten
07.06.2025

Check-in, Sicherheitscheck und Sprint zum Gate: Der Start in den Urlaubsflug kann am Flughafen schnell im Stress enden. Das lässt sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wertvollster Fußballer der Welt: Lamine Yamal knackt 400-Millionen-Marke
07.06.2025

Ein 17-Jähriger dominiert den globalen Fußballmarkt: Lamine Yamal ist mehr wert als ganze Bundesligateams – und verkörpert die extreme...

DWN
Politik
Politik Der Weltraum als nächstes Schlachtfeld – Europas Sicherheit steht auf dem Spiel
07.06.2025

Der Orbit wird zur neuen Frontlinie geopolitischer Machtspiele. Wie private Satelliten, militärische Strategien und neue Allianzen die...

DWN
Technologie
Technologie Silicon Valley dominierte Big Tech – Europas Chance heißt Deep Tech
06.06.2025

Während Europa an bahnbrechenden Technologien tüftelt, fließt das große Geld aus den USA. Wenn Europa jetzt nicht handelt, gehört die...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Verteidigung der Zukunft: Hensoldt rüstet Europa mit Hightech auf
06.06.2025

Kaum ein Rüstungsunternehmen in Europa hat sich in den vergangenen Jahren so grundlegend gewandelt wie Hensoldt. Aus einer ehemaligen...

DWN
Politik
Politik Trump gegen Europa: Ein ideologischer Feldzug beginnt
06.06.2025

Donald Trump hat Europa zum ideologischen Feind erklärt – und arbeitet systematisch daran, den Kontinent nach seinen Vorstellungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Die wertvollsten Marken der Welt: Top 5 fest in US-Hand
06.06.2025

Während die Weltwirtschaft stagniert, explodieren die Markenwerte amerikanischer Konzerne. Apple regiert unangefochten – China und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Star-Investorin: „Wir erleben eine neue Generation von KI-Gründern“
06.06.2025

US-Chaos, Trump und Kapitalflucht: Europas KI-Talente kehren dem Silicon Valley den Rücken – und bauen die Tech-Giganten der Zukunft vor...