Wirtschaft

China baut Südamerikas „Tor nach Asien“

China baut in Peru den größten Hafen an Südamerikas Pazifikküste. Der „Megapuerto“ wird die Grundlage für eine Ausweitung des Handels zwischen Südamerika und Ostasien bilden - und birgt geostrategische Potenziale.
02.09.2023 11:02
Aktualisiert: 02.09.2023 11:02
Lesezeit: 3 min
China baut Südamerikas „Tor nach Asien“
China baut den größten Hafen an Südamerikas Pazifikküste. (Bild: istockphoto.com/Suphanat Khumsap) Foto: Suphanat Khumsap

Der chinesische Staatskonzern China Ocean Shipping Company (COSCO) baut in Peru zusammen mit dem einheimischen Unternehmen Volcan den größten Hafen an der südamerikanischen Pazifikküste. Der etwa 60 Kilometer nördlich der peruanischen Hauptstadt Lima gelegene „Megapuerto de Chancay“ dürfte zum dominierenden Drehkreuz für den Handel mehrerer Länder der Region mit Ostasien werden.

Wie die Neue Zürcher Zeitung berichtet, bietet sich der Hafen nicht nur als Handelsknotenpunkt für chinesische und peruanische Unternehmen an, sondern ist auch für die Nachbarländer Ecuador, Kolumbien, Chile und Brasilien von strategischer Bedeutung, um den Asienhandel abzuwickeln.

Tor nach Asien

Zwei Faktoren machen den Hafen von Chancay zum wichtigsten künftigen Handelsdrehkreuz Südamerikas mit Asien – seine geografische Lage und seine Kapazität.

Der Hafen befindet sich südlich des Äquators im nördlichen Drittel der Pazifikküste Südamerikas und liegt damit im Einzugsbereich der Nachbarländer Ecuador und Kolumbien im Norden, Brasilien im Osten sowie Chile, Bolivien und Argentinien im Süden.

Bedeutsam ist, dass diese Länder über beträchtliche Bodenschätze verfügen. So gilt etwa Chile als größter Kupferproduzenten der Welt, Peru ist das zweitwichtigste Förderland des roten Industriemetalls. Das sogenannte „Lithium-Dreieck“ – eines der weltweit bedeutendsten Abbaugebiete für das Leichtmetall, das beispielsweise im Batteriebau verwendet wird – liegt im Grenzgebiet zwischen Chile, Bolivien und Argentinien und damit ebenfalls im Einzugsbereich des neuen Hafens.

Zudem ist der „Megapuerto de Chancay“ an die nahe gelegene Panamericana-Fernstraße und damit an die wichtigste Nord-Süd-Verbindung Perus und des ganzen Kontinents angebunden.

Der Hafen wird rund zehn Quadratkilometer Grundfläche umfassen: der eigentliche Hafen, an dem die Waren umgeschlagen werden, ist über einen fast zwei Kilometer langen Tunnel mit einem zum Hinterland hin orientierten Logistik-, Zoll- und Verwaltungskomplex verbunden. Eine Pipeline sowie ein Förderband werden den Transport von Energieprodukten und Industrierohstoffen zwischen beiden Teilen gewährleisten.

In einer ersten Ausbaustufe sollen vier Terminals entstehen, welche die größten heute bekannten Containerfrachter abfertigen können. Nach Abschluss der zweiten Ausbaustufe sollen 15 Anlegestellen jährlich rund 1,5 Millionen Standard-Container von 20 Fuß Länge umschlagen. Die Bauarbeiten der ersten Ausbaustufe, die im Jahr 2021 begonnen wurden, sollen Ende 2024 abgeschlossen sein.

Bislang wurden nach Angaben der South China Morning Post etwa 1,3 Milliarden US-Dollar investiert, wobei auf COSCO 60 Prozent und auf Volcan 40 Prozent der Gesamtinvestitionen in den Hafen entfallen.

Brücke an den Atlantik

Seine Funktion als Handelsdrehkreuz für ganz Südamerika verdankt der „Megapuerto de Chancay“ zudem zwei Infrastrukturverbindungen, die ihn an den Amazonas und darüber hinaus an die Atlantikküste anbinden.

Über die Transoceánica, die wichtigste Ost-West-Landstraße Südamerikas, die das brasilianische Sao Paulo und damit den wichtigsten Wirtschaftsraum des Kontinents mit Perus Pazifikküste verbindet, wird der Chancay-Hafen zudem an den größten Atlantikhafen Südamerikas, den südlich von Sao Paulo gelegenen Hafen Santos, angebunden sein.

Parallel zur Transoceánica ist außerdem der Bau einer Eisenbahnstrecke geplant, um in großem Stil Rohstoffe von Ost nach West und zu transportieren. Brasilien ist der größte Produzent von Sojabohnen und China sein größter Kunde. Auch mit Blick auf das in China und Asien ebenfalls stark nachgefragte Rind- und Schweinefleisch aus Brasilien und Argentinien bietet sich die Route an.

Seidenstraße nach Südamerika

Geostrategisch bedeutsam ist die Großinvestition von COSCO in Peru, weil China durch die zu erwartende Handelsausweitung seinen wirtschaftlichen Einfluss auf den Kontinent verstärken wird.

„Brasiliens Handelswege verlaufen für gewöhnlich entweder durch den Panama-Kanal oder nach Afrika. Und je nachdem, wo ihr Produktionszentrum liegt – und Brasilien ist immens groß – dann ist es umso leichter, den Pazifik zu erreichen, je näher sie an Peru liegen. Das dauert auf dem Landweg nicht länger als drei, vier Tage und dann nochmal 22 Tage, um den Ozean zu überqueren. Sie können also in 30 Tagen in Asien sein“, zitiert die South China Morning Post einen COSCO-Projektleiter. Die Zeitersparnis gegenüber den traditionellen Routen um das Kap Hoorn oder durch den Panama-Kanal beträgt damit etwa 15 Tage.

„Dieser Hafen eröffnet die Möglichkeit, den immensen asiatischen Markt zu betreten. Das ist in erster Linie ein großer Boom für die Wirtschaft Perus, aber auch für den brasilianischen Markt. Brasilien braucht heute 45 Tage, um Asien zu erreichen und Brasilien ist der größte Exporteur von Soja in der Welt“, so der COSCO-Manager.

Die US-Regierung sieht den wachsenden Einfluss Chinas in Südamerika mit Unbehagen, weil Washington den Kontinent traditionell als seine Einflusssphäre versteht. Allerdings haben sich die Zeiten gewandelt und auf dem Kontinent ist eine geopolitische Neuorientierung zu beobachten: Brasilien ist eines der Gründungsmitglieder der BRICS-Plattform, die sich für eine alternative, multipolare Weltordnung einsetzt. Zusammen mit anderen BRICS-Staaten hat Brasilia Schritte unternommen, seine Abhängigkeit vom US-Dollar im Speziellen und von den USA im Generellen zu verringern.

Bedeutsam ist, dass auch Argentinien dem BRICS-Bund Anfang nächsten Jahres beitreten wird. Ebenfalls wie Brasilien will Buenos Aires außerdem seinen Außenhandel mit Blick auf die verwendeten Währungen breiter aufstellen und die Abhängigkeit vom Dollar reduzieren. Allerdings hat die seit Jahren im Land schwelende Wirtschafts- und Währungskrise dazu geführt, dass der Dollar im Inland immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Das die Chinesen den Hafen in Chancay zudem im Rahmen ihres Seidenstraßen-Projekts („Belt & Road Initiative“) bauen, dürfte der US-Regierung ebenso Sorgen bereiten. Viele südamerikanische Länder heißen das chinesische Engagement im Handelssektor willkommen, zitiert The World eine Analystin der US-amerikanischen Denkfabrik Inter-American Dialogue. Dadurch stiege auch der politische Einfluss Chinas in der Region.

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