Finanzen

Samurai-Anleihen: Korea nimmt erstmals Schulden in Yen auf

Südkorea will von den niedrigen japanischen Zinsen profitieren und hat Staatsanleihen in Yen auf den Markt gebracht. Auch politische Erwägungen spielen dabei eine Rolle. Ein Vorbild für Deutschland?
Autor
13.09.2023 09:55
Aktualisiert: 13.09.2023 09:55
Lesezeit: 3 min
Samurai-Anleihen: Korea nimmt erstmals Schulden in Yen auf
Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol, US-Präsident Joe Biden und Japans Premier Fumio Kishida am 28. August bei einer Pressekonferenz in Camp David. (Foto: dpa) Foto: Andrew Harnik

Letzte Woche Donnerstag hat Südkorea seine erste Yen-Anleihe emittiert. Die Anleihe im Wert von 70 Milliarden Yen (440 Millionen Euro) zeigt beispielhaft, wie Emittenten aus der ganzen Welt in diesem Jahr nach Tokio strömen, um von den niedrigen japanischen Kreditkosten zu profitieren. Das Multi-Tranchen-Angebot von auf Yen lautenden Anleihen mit Laufzeiten von drei bis zehn Jahren hatte eine durchschnittliche Rendite von nur 0,7 Prozent, da Südkorea unter den asiatischen Schwellenländern eine relativ hohe Kreditwürdigkeit besitzt.

Der Verkauf der koreanischen Yen-Anleihen war im Juni angekündigt worden, nachdem Südkorea und Japan vereinbart hatten, zum ersten Mal seit acht Jahren ein Devisenswapgeschäft im Wert von 10 Milliarden Dollar wieder aufzunehmen, was eine verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit bekräftigte. Südkoreanische Regierungsbeamte veranstalteten dann im August eine Informationsveranstaltung für japanische institutionelle Anleger, um bei ihnen das Interesse an den koreanischen Staatsanleihen zu wecken.

Yen-Anleihen haben deutlich niedrigere Renditen

Südkoreas Finanzminister Choo Kyung-ho sagte am Donnerstag, dass das erfolgreiche Angebot zur Wiederbelebung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und der Finanzinvestitionen zwischen Südkorea und Japan beitragen werde. "Wir haben uns darauf konzentriert, unsere Finanzierungskosten zu senken und unsere Devisenreserven zu diversifizieren, indem wir trotz der weltweit hohen Zinssätze auf Yen lautende Anleihen mit niedrigeren Zinssätzen emittiert haben", erklärte sein Ministerium. Die Emission sei weltweit auf großes Interesse gestoßen, auch bei Finanzinstituten im Nahen Osten und bei japanischen Investoren.

Auf Yen lautende Schuldverschreibungen, die nicht-japanische Unternehmen oder Regierungen in Tokio auf den Markt bringen, sind auch als Samurai-Anleihen bekannt. Seit Beginn des japanischen Steuerjahres im April ist das ausgegeben Volumen um fast 30 Prozent auf 5,3 Milliarden Dollar gestiegen, wie die Financial Times berichtet. Nach Angaben von Dealogic ist dies der höchste Wert seit vier Jahren in diesem Zeitraum. Grund für den Anstieg ist die Tatsache, dass die japanischen Anleihemärkte derzeit die weltweit niedrigsten Kreditkosten aufweisen.

Die Bank of Japan hält weiter an negativen Zinssätze fest, während die meisten anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften - allen voran die Federal Reserve in den USA - die Zinssätze rasch angehoben haben. Durchschnittsrenditen von 1,25 Prozent haben globale Emittenten wie Warren Buffetts Berkshire Hathaway angezogen. Zum Vergleich: Laut Dealogic liegen Renditen für globale hochverzinsliche Dollar-Anleihen dieses Jahr bei 8,87 Prozent. Südkorea ist das jüngste Beispiel für staatliche Samurai-Anleihen. Aber auch Indonesien hat in diesem Jahr Yen-Anleihen begeben, die Philippinen und Mexiko im letzten Jahr.

Politische Annäherung zwischen Südkorea und Japan

Neben allen finanziellen Aspekten unterstreicht Südkoreas Verkauf von Samurai-Anleihen auch die Verbesserung der Beziehungen zu Japan seit dem Amtsantritt von Präsident Yoon Suk Yeol im vergangenen Jahr. Beide Seiten versuchen, ihre langjährigen historischen Streitigkeiten zu überwinden, während sie zugleich eine stärkere Allianz mit den USA schmieden. Die Emission von Yen-Anleihen durch südkoreanische Unternehmen war von 2020 bis Ende 2022 fast völlig eingefroren. Hintergrund war der Streit über Zwangsarbeit während der japanischen Besetzung Südkoreas in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Mit dem Abklingen der diplomatischen Spannungen nimmt nun auch der Verkauf von Samurai-Anleihen wieder zu. Die Shinhan Bank und Hyundai Capital emittierten bereits im vergangenen Oktober Samurai-Anleihen im Wert von 32 Milliarden Yen beziehungsweise 20 Milliarden Yen. Weitere südkoreanische Unternehmen sind diesem Beispiel in diesem Jahr gefolgt. Korean Air und das Maklerunternehmen Korea Investment & Securities gaben im Juni und Juli Anleihen im Wert von jeweils 20 Milliarden Yen aus.

Keine Chance ohne Risiken

"Die Verkäufe von Yen-Anleihen sind hauptsächlich auf die japanischen Zinsvorteile zurückzuführen, während koreanische Unternehmen auch ihre Finanzierungswährungen diversifizieren müssen", sagt Hwang Se-woon, ein Forscher am Korea Capital Market Institute. "Es wird erwartet, dass sich weitere koreanische Unternehmen angesichts des günstigen politischen Umfelds diesem Trend anschließen werden", zitiert ihn die Financial Times.

Noch hält die japanische Notenbank unbeirrt an ihrer lockeren Geldpolitik fest. Doch irgendwann wird ein Ende der negativen Zinsen unausweichlich sein, was auch Folgen für jene Unternehmen und Staaten haben wird, die Samurai-Anleihen begeben haben. Analysten warnten bereits, dass die wahrscheinliche Aufwertung des Yen in den kommenden Jahren die Finanzierungslast der Unternehmen bei Fälligkeit ihrer Yen-Anleihen erhöhen könnte, auch wenn es vorerst als unwahrscheinlich gilt, dass die Bank of Japan ihre lockere Geldpolitik in naher Zukunft ändern wird.

"Die Finanzierungsbedingungen für Yen-Anleihen waren bisher sehr günstig, aber niemand weiß, wie lange der schwache Yen anhalten wird", zitiert die Financial Times Yoon Yeo-sam, einen Analyst beim koreanischen Holdingunternehmen Meritz Financial Group. "Bei Währungsrisiken ist eine gewisse Vorsicht geboten, da der Yen dank der sich verbessernden japanischen Wirtschaft und der Inflation wahrscheinlich allmählich steigen wird, auch wenn eine schnelle Aufwertung unwahrscheinlich ist."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wenn Maschinen Kunden besser verstehen als Verkäufer
21.10.2025

Künstliche Intelligenz verändert die Art, wie Unternehmen mit ihren Geschäftskunden kommunizieren – radikal und unumkehrbar. Wer...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzmärkte aktuell: Wie KI das Wachstum treibt und Europa an Bedeutung gewinnt
21.10.2025

Die Finanzmärkte zeigen derzeit ein komplexes Bild aus Chancen und Unsicherheit. Technologische Innovationen dominieren weiter, während...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zeitarbeit in Deutschland: Schwierige Zeiten stehen bevor
21.10.2025

Die Zeitarbeitsbranche leidet besonders stark unter der schwierigen Wirtschaftslage in Deutschland. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Umsatzflaute in der Gastronomie: Gastgewerbe-Umsätze sinken auch zur Ferienzeit
21.10.2025

Steigende Preise machen Essengehen für viele Menschen zum Luxus. Warum die geplante Mehrwertsteuersenkung wohl nicht zu günstigeren...

DWN
Politik
Politik Fällt die Brandmauer? Sächsische CDU-Heimatunion für pragmatischen Umgang mit AfD
21.10.2025

„Es wäre nicht das erste Mal in der deutschen Geschichte, dass von Sachsen aus eine Mauer eingerissen wird“, meinen mehrere...

DWN
Finanzen
Finanzen ETF oder Fonds oder Aktien: Welche Geldanlage lohnt sich in unsicheren Zeiten?
21.10.2025

Hohe Inflation, schwankende Zinsen und geopolitische Konflikte machen Investoren derzeit das Leben schwer. Ob Privatanleger oder...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirtschaftsstandort: Bürokratie bremst und stresst Unternehmer - auch psychisch
21.10.2025

Die Belastung durch Bürokratie ist für Unternehmen in den letzten Jahren enorm gewachsen – bei vielen ist der Kipppunkt erreicht. Das...

DWN
Politik
Politik Folgen des Klimawandels: UN-Klimachef drückt aufs Tempo
21.10.2025

In wenigen Wochen beginnt in Brasilien die nächste Weltklimakonferenz. UN-Klimachef Simon Stiell hat dazu eine gute und eine schlechte...