Unternehmen

Deutscher Arbeitsmarkt im Strudel der schwachen Konjunktur

Wegen der schwachen Konjunktur fehlen die Aufträge. Die Bereitschaft der Unternehmen, neue Mitarbeiter einzustellen, liegt daher auf dem tiefsten Stand seit über zweieinhalb Jahren.
27.09.2023 11:29
Aktualisiert: 27.09.2023 11:29
Lesezeit: 2 min

Die Konjunkturflaute in Deutschland schlägt sich zunehmend auf den Jobmarkt nieder. Zum einen ist die Bereitschaft der Unternehmen zu Neueinstellungen laut Ifo-Institut so schlecht wie seit gut zweieinhalb Jahren nicht mehr. Zum anderen ist das Arbeitsmarktbarometer der IAB-Forscher auf den niedrigsten Stand seit dem Corona-Jahr 2020 gefallen.

Wie das Münchner Ifo-Institut am Mittwoch zu seiner Umfrage unter Tausenden Unternehmen mitteilte, sank das Beschäftigungsbarometer im September um 1,2 auf 95,8 Punkte und damit auf den tiefsten Wert seit Februar 2021. "Der robuste Aufbau an Beschäftigung der letzten Monate ist zum Erliegen gekommen", sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. "Wegen fehlender Aufträge werden frei werdende Stellen eher zurückhaltend nachbesetzt."

Angesichts des mauen Neugeschäfts planen viele Unternehmen in der Industrie, mit weniger Personal auszukommen. Gleiches gilt auch für Handel und Baugewerbe. Auch bei Dienstleistern hat die Einstellungsdynamik merklich nachgelassen, wie die Ifo-Forscher herausfanden. Die Zurückhaltung in den anderen Branchen spürten inzwischen auch die Personaldienstleister.

Hintergrund ist die schwache Konjunktur: Ökonomen zufolge könnte Europas größte Volkswirtschaft im laufenden zweiten Halbjahr 2023 wieder in eine Rezession fallen, da ihr die maue Weltkonjunktur, gestiegene Zinsen und Inflation zusetzen. Die führenden Forschungsinstitute haben Insidern zufolge ihre Konjunkturprognosen zur Wirtschaft für 2023 und 2024 gesenkt.

Das Bruttoinlandsprodukt dürfte in diesem Jahr um 0,6 Prozent schrumpfen und im nächsten Jahr nur noch um 1,3 Prozent steigen, sagten mehrere mit dem Gutachten für die Bundesregierung vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Bereitschaft, neue Mitarbeiter einzustellen, wird vermutlich wieder steigen, wenn sich die Wirtschaft wieder erholt", sagte Wohlrabe. "Mittelfristig wird der demografische Wandel dem Arbeitsmarkt mehr und mehr Arbeitskräfte entziehen."

Die Forscher des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) teilten mit, ihr Barometer sei seit April im steten Abwärtstrend. "Die Arbeitsmarktaussichten sind etwas schwächer als Ende 2012 in der Eurokrise, der letzten Rezession vor Corona", IAB-Experte Enzo Weber. "Die Arbeitsagenturen erwarten, dass die Beschäftigungszuwächse deutlich geringer werden." Von einem "Einknicken" gingen sie aber weiter nicht aus. "Und trotz allem: Die Beschäftigung in Deutschland liegt noch immer auf Rekordstand", betonte Weber.

In diesem und im nächsten Jahr dürfte die Anzahl der Menschen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, nach Schätzung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) bei 47,1 Millionen Erwerbspersonen stagnieren. Ab 2025 dürften dann mehr Menschen aus dem Arbeitsleben ausscheiden, als neue hinzukommen - etwa 200.000 pro Jahr. Dabei unterstellt das IfW bereits eine Nettozuwanderung von rund 200.000 Erwerbspersonen aus dem Ausland, was im historischen Vergleich als eher hoch gilt. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Finanzen
Finanzen Italien greift nach dem Gold: Droht jetzt die stille Enteignung in der Eurozone?
31.12.2025

Wenn ein hoch verschuldetes Euroland wie Italien den Griff nach dem Gold wagt – wer garantiert, dass andere Staaten nicht nachziehen? Und...

DWN
Politik
Politik CO2-Preis steigt ab morgen: 1.000 Euro mehr Heizkosten im Jahr
31.12.2025

Mit dem Jahreswechsel steigt der CO2-Preis – was das für Tanken, Heizen und Ihre Nebenkostenabrechnung konkret heißt. Und wie es danach...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Home Office vs. Büropräsenz: Warum Führungskräfte unter Druck geraten
31.12.2025

Viele Unternehmen ringen damit, die Erwartungen ihrer Mitarbeitenden an flexible Arbeitsmodelle mit den Anforderungen einer...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse: Verlängerung bis 2029 – was das konkret bringt
31.12.2025

Ende 2025 sollte die Mietpreisbremse in ganz Deutschland auslaufen. Doch im Angesicht der andauernden Mietpreiskrise hat der Bundestag...

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett übergibt Berkshire: Was vom Orakel von Omaha bleibt
31.12.2025

Er ist das Gesicht des Value Investing, ein Vorbild für Generationen von Anlegern – und nun zieht sich Warren Buffett zurück. Nach...

DWN
Finanzen
Finanzen Die drei größten Tops und Flops im MDax 2025
31.12.2025

Der MDax hat 2025 Anlegern wieder Hoffnung gemacht: Mit einem Plus von 19,65 Prozent wuchs der Index mittelgroßer Unternehmen, während...

DWN
Finanzen
Finanzen Die drei größten Tops und Flops im Dax 2025
31.12.2025

Das Börsenjahr 2025 war abermals ein starkes für den Dax. Der deutsche Leitindex erreichte mit 24.490,41 Punkten einen Jahresgewinn von...

DWN
Panorama
Panorama 2026: Was sich alles ändert
31.12.2025

m Jahr 2026 stehen für Bürgerinnen und Bürger zahlreiche Änderungen an: Der Mindestlohn steigt auf 13,90 Euro, Rentnerinnen und Rentner...