Unternehmen

Geschäftsklima sinkt nur minimal - Geht es jetzt wieder bergauf?

Der Ifo-Index zum Geschäftsklima ist den 5. Monat in Folge gefallen, aber nur minimal. Der Pessimismus nimmt ab. Ist das Schlimmste für die Konjunktur vorüber?
25.09.2023 12:47
Aktualisiert: 25.09.2023 12:47
Lesezeit: 2 min

Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im September kaum noch verschlechtert. Dennoch bleiben viele Fachleute skeptisch, ob in diesem Jahr eine Rezession überhaupt noch vermieden werden kann. Das wichtigste Barometer für die Wirtschaft, das Ifo-Geschäftsklima, sank zwar im September den fünften Monat in Folge - allerdings überraschend nur noch minimal um 0,1 auf 85,7 Zähler, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Die Firmen waren mit laufenden Geschäften unzufriedener, bewerteten ihre Aussichten allerdings weniger skeptisch als zuletzt. "Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Ökonomen hatten mit einem stärkeren Rückgang gerechnet, sehen aber trotz der unerwartet guten Daten keinen Grund zur Entwarnung. "Eine Trendwende ist dies sicherlich noch nicht, allenfalls ist der Sturzflug bei der Unternehmensstimmung abgebremst worden", sagte DekaBank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Zwar sollte sich die Konsumnachfrage dank Lohnsteigerungen in den kommenden Monaten wieder verbessern. "Das reicht aber nicht aus, um den Konjunkturdampfer Deutschland wieder flottzumachen."

Ob der Tiefpunkt schon erreicht sei? "Man wünscht es sich, glaubt es aber noch nicht so recht", sagte LBBW-Analyst Jens-Oliver Niklasch. "Mit einer veritablen Krise am Bau und den ungewissen Folgen der grünen Transformation etwa im Automobilsektor haben wir noch einige konjunkturelle und strukturelle Baustellen."

"WIRTSCHAFT MIT KLAREM HANG ZUR REZESSION"

Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank sprach von einer miesen Stimmung, die sich zu einem Dauerzustand entwickele. "Die Wirtschaft befindet sich in einem Stagnationsumfeld mit klarem Hang zur Rezession." Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner sieht trotz der vergleichsweise guten Ifo-Daten noch keinen Grund für Euphorie: "Eine Trendwende ist noch nicht erreicht", erklärte der FDP-Chef bei der Kurnachrichtenplattform X, ehemals Twitter. Die Initiativen der Regierung, um die Wachstumskräfte der Wirtschaft nachhaltig zu stärken, Betriebe zu entlasten und von Bürokratie zu befreien, müssten jetzt schnell umgesetzt werden.

Ende 2022 und Anfang 2023 ist Europas größte Volkswirtschaft zwei Quartale in Folge geschrumpft, ehe sie im Frühjahr stagnierte. Auch für das laufende Gesamtjahr rechnen viele Fachleute mit einem Schrumpfen. "Das Bruttoinlandsprodukt dürfte im dritten Quartal gesunken sein", sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe der Nachrichtenagentur Reuters mit Blick auf den Sommer. Die Wirtschaft befinde sich in schwierigem Fahrwasser. "Die Industrie kämpft mit sinkenden Aufträgen aus dem In- und Ausland, die weltweit gestiegenen Zinsen zeigen ihre Wirkung." Dies dämpfe die Nachfrage nach deutschen Waren.

Im Dienstleistungssektor war das Geschäftsklima zum sechsten Mal in Folge rückläufig, im Handel ging es leicht bergauf. "Dies war auf weniger pessimistische Erwartungen zurückzuführen", erklärte Fuest. Die Händler seien jedoch weniger zufrieden mit den laufenden Geschäften. "Das Sorgenkind bleibt die Bauwirtschaft", sagte Wohlrabe. Im Bauhauptgewerbe sei der Geschäftsklimaindikator auf den niedrigsten Wert seit Januar 2009 gefallen. "Die Branche bleibt im Krisenmodus." Die Bundesregierung beschloss zum Wohnungsgipfel im Kanzleramt viele Maßnahmen, um die kriselnde Baubranche zu stabilisieren. Ein Lichtblick ist laut Wohlrabe aktuell der Tourismus. "Der läuft gerade gut. Die deutschen Verbraucher möchten in den Urlaub fahren", sagte der Ifo-Experte. "Sie sind dafür bereit, mehr Geld auszugeben."

Alles in allem sei kein tiefer Einbruch der Wirtschaft zu erwarten, sagte Chefökonom Jörg Zeuner von Union Investment. "Das Schlimmste könnte also demnächst hinter uns liegen." (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...