Die US-Republikaner haben in einem internen Machtkampf den Vorsitzenden des Repräsentantenhauses gestürzt. Damit ist die Kongresskammer zunächst handlungsunfähig. Die Abgeordneten stimmten am Dienstagabend in Washington mit 216 zu 210 Stimmen für eine "motion to vacate" (etwa: Räumungsantrag) gegen den Präsidenten der Kammer, Kevin McCarthy.
Der Antrag war von dessen konservativen Parteikollegen Matt Gaetz eingereicht worden aus Wut über den Kompromiss mit den Demokraten im Haushaltsstreit. Ein offensichtlicher Nachfolger war zunächst nicht erkennbar. Der Sturz von McCarthy blockiert unter anderem die ohnehin schwierigen und zeitkritischen Verhandlungen mit dem Senat über einen endgültigen Haushalt.
Premiere in der amerikanischen Geschichte
Es ist das erste Mal in der fast 250-jährigen Geschichte der USA, dass der Vorsitzende des Repräsentantenhauses von seiner eigenen Partei abgewählt wird. Der Aufstand einer Gruppe von Konservativen gegen McCarthy ist eine direkte Folge des Haushaltsstreits. Dieser brachte in der vergangenen Woche die Bundeseinrichtungen der USA an den Rand einer Etat-Sperre.
McCarthy hatte trotz der Warnungen einer Gruppe von etwa zwei Dutzend Hardlinern auf die Hilfe der Demokraten zurückgegriffen, um den Shutdown durch eine Übergangsfinanzierung bis zum 17. November abzuwenden. McCarthy erklärte damals, er sei bereit, sein Amt zum Wohle der US-Bürger zu riskieren. Er werde nicht noch einmal für das Amt kandidieren, sagte McCarthy nach der Entscheidung. "Ich habe für das gekämpft, woran ich glaube. Ich glaube, dass ich weiterkämpfen kann, aber vielleicht auf eine andere Art und Weise".
Die Republikaner verfügen in der Kammer über eine knappe Mehrheit von 221 zu 212 Stimmen. Das US-Präsidialamt erklärte, es hoffe, dass das Repräsentantenhaus zügig einen Nachfolger für McCarthy wählen werde. "Da die dringenden Herausforderungen, vor denen unsere Nation steht, nicht warten können, hofft er (US-Präsident Joe Biden), dass das Repräsentantenhaus schnell einen neuen Vorsitzenden wählt", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, dem Sender CNN.
Mehrere Republikaner erklärten, sie wollten am 10. Oktober über mögliche Nachfolger McCarthys diskutieren. Eine Abstimmung sei für den 11. Oktober angesetzt.
Die Suche nach einem neuen "Speaker" könnte sich als langwierig erweisen: McCarthy war im Januar erst nach 15 Wahlgängen im Amt bestätigt worden. Formell muss der Präsident der Kammer kein Abgeordneter dort sein, auch wenn dies bislang immer der Fall war. Verbündete des ehemaligen Präsidenten Donald Trump haben ihn vorgeschlagen. Der führende Bewerber der Republikaner für die Präsidentschaftskandidatur seiner Partei hat jedoch bislang kein Interesse an diesem Amt gezeigt. In den USA werden im November 2024 ein neuer Präsident gewählt wie auch ein Drittel des Senats und das gesamte Repräsentantenhaus.