Die indischen Dieselexporte nach Europa sind im September auf einen neuen Rekordwert gestiegen. Hintergrund sind die im Vergleich zu Asien relativ hohen Dieselpreise, die Händler derzeit in Europa erzielen können, aber auch die saisonbedingte Flaute der indischen Inlandsnachfrage. Aber auch Russland spielt eine entscheidende Rolle.
Die Exporte aus Indien nach Europa beliefen sich im September auf 280.000 bis 303.000 Barrel pro Tag (bpd) und machten damit die Hälfte der gesamten indischen Dieselexporte in diesem Monat aus, wie die Schiffsverfolgungsdaten von Vortexa, Kpler und LSEG zeigen. Die Ausfuhren nach Singapur hingegen gingen im September im Vergleich zum August um rund 73 Prozent zurück, da es für die Verkäufer rentabler war, die Ladungen nach Westen zu verschiffen.
Dieser Handelsfluss war hauptsächlich auf die eröffnete Arbitrage für aus Indien stammende Ladungen in den Westen zurückzuführen, wobei sich die Händler möglicherweise auch auf den Verlust russischer Diesellieferungen in der Türkei aufgrund des Exportverbots vorbereiteten", zitiert Reuters Serena Huang, Leiterin der Asien-Pazifik-Analyse beim Londoner Datendienstleister Vortexa.
Indien nutzt Ost-West-Arbitrage
Die Preisdifferenz zwischen den ICE-Gasoil-Futures und den asiatischen Gasöl-Swaps für den nächsten Monat stieg in der zweiten Septemberhälfte auf durchschnittlich 76 Dollar pro Tonne, wie aus Daten der London Stock Exchange Group (LSEG) hervorgeht. Damit lag die Arbitrage so hoch wie zuletzt im Januar und deutlich höher als im Zeitraum von April bis August, wo der Spread um die 30 Dollar-Marke schwankte.
Ende September erhöhte die indische Regierung die Exportsteuer für Rohöl, während sie die Steuer für Kerosin und Diesel senkte, wie Reuters berichtete. Auch dies veranlasste die Raffinerien dazu, verstärkt Diesel zu exportieren. Indien hatte die Steuer auf Rohöl im Juli 2022 eingeführt und sie später auf Benzin, Diesel und Flugbenzin ausgeweitet, da private Raffinerien Gewinne mit Exporten erzielen wollten, anstatt im Inland zu verkaufen.
"Allerdings haben sich die Arbitrage-Spreads in der vergangenen Woche verringert, sodass sich die Handelsströme im Oktober verlangsamen werden", sagt Huang von Vortexa. Den Daten der LSEG zufolge haben sich die Spreads gegenüber der Vorwoche um fast 20 Dollar pro Tonne verringert. Die für Europa bestimmten Oktobermengen aus Indien entsprechen mit 75.000 Barrel pro Tag etwa einem Viertel des Septemberniveaus, wie Schiffsdaten von Kpler zeigen.
Laut LSEG-Analysten werden die Exporte aus Indien im Oktober aufgrund verschiedener Faktoren, wie der laufenden Raffinerieumstellungen und der hohen Nachfrage während der Diwali-Festtage, wahrscheinlich gering bleiben. Mindestens drei indische Raffinerien planen, ihre Rohölanlagen und einige entsprechende nachgelagerte Anlagen im vierten Quartal des Jahres wegen Wartungsarbeiten vom Netz zu nehmen, wie Reuters-Daten zeigen.
Russland bleibt führender Diesel-Exporteur
Der Anstieg der indischen Dieselexporte nach Europa trägt dazu bei, vor der kommenden Heizperiode die kommerziellen Lagerbestände aufzufüllen, was die Sorgen um eine Verknappung des Angebots verringert. Die rekordhohen indischen Dieselexporte nach Europa im September sind auch eine Folge des russischen Ausfuhrverbots, die Moskau im September eingeführt hatte, um Engpässe in Russland zu vermeiden.
Das russische Exportverbot hatte weltweit zu steigenden Diesel-Preisen geführt. Am 6. Oktober hat Russland das Exportverbot wieder aufgehoben. Der Kraftstoff darf wieder exportiert werden, sofern er über Pipelines an Häfen geliefert wird. Zudem müssen die Produzenten mindestens 50 Prozent für den russischen Markt vorhalten. Der Export von Benzin bleibt beschränkt.
Russland ist dieses Jahr bisher der größte Dieselexporteuer der Welt, knapp gefolgt von den USA. Zwar importieren die 27 Staaten der EU und Großbritannien bereits seit Februar keinen russischen Diesel auf dem Seeweg mehr, nachdem sie bis 2022 die mit Abstand wichtigsten Abnehmer waren. Dennoch exportiert Russland dieses Jahr mehr Diesel auf dem Seeweg als letztes Jahr, da andere europäische Staaten, Afrika, Asien und Südamerika ihre Dieselimporte aus Russland erhöht haben.