Politik

EU bittet China darum, ernst genommen zu werden

Der Brüsseler Chefdiplomat Borrell hat China aufgefordert, die EU wie eine eigenständige geopolitische Macht zu behandeln. Hintergrund sind Vorwürfe, die Union beuge sich den USA.
Autor
15.10.2023 10:48
Aktualisiert: 15.10.2023 10:48
Lesezeit: 2 min

Die EU hat China aufgefordert, sie als eigenständige geopolitische Macht ernst zu nehmen, anstatt die Union im Hinblick auf ihre Beziehungen zu Drittmächten zu betrachten. "Europa nimmt China sehr, sehr ernst", sagte Josep Borrell, der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, und fügte hinzu, dass die EU dasselbe auch von Peking erwarte. Dies ist eine Anspielung auf Vorwürfe von Pekinger Beamten, Brüssel folge in Sicherheitsfragen den USA.

Bei seinem ersten Besuch in Peking seit der Pandemie warnte Borrell seinen chinesischen Amtskollegen zudem vor dem wachsenden Handelsüberschuss zwischen China und der EU, der zu Forderungen nach "drastischeren protektionistischen Maßnahmen" seitens der europäischen Wähler führen könnte, wie die Financial Times berichtet.

"Der Krieg in der Ukraine hat uns zu einer geopolitischen Macht gemacht, nicht nur zu einer Wirtschaftsmacht", sagte Borrell am Samstag zum Abschluss seines Besuchs in Peking, wo er auch mit Chinas Außenminister Wang Yi zusammentraf. "Und wir wollen mit China von diesem Ansatz aus sprechen: Betrachten Sie die Beziehungen der Europäischen Union nicht durch die Brille der Beziehungen zu anderen Ländern."

China will seine Beziehungen zu Europa verbessern, um die wachsende Rivalität mit den USA auszugleichen. Peking ist verärgert darüber, dass Europa auf Druck der USA auch den Export einiger fortschrittlicher Halbleitertechnologien nach China einschränkt. Hintergrund ist, dass die USA fürchten, dass China zum Weltmarktführer im Chipdesign aufsteigen könnte.

Wu Hongbo, Pekings Sonderbeauftragter für europäische Angelegenheiten, sagte letzten Monat bei einem Treffen von Botschaftern aus EU-Staaten, dass es Sache der europäischen Länder und Unternehmen sein sollte, zu entscheiden, was nach China verkauft werden soll - diese Entscheidung sollte nicht von jemand anderem jenseits des Atlantiks getroffen werden.

Chinas Handelsüberschuss mit Europa, der sich im vergangenen Jahr auf fast 396 Milliarden Euro belief, kann laut Aussagen von Borrell nicht allein mit Produktivitätsfragen oder einem größeren Wettbewerbsvorteil begründet werden. Er habe wahrscheinlich eher mit dem schlechten Marktzugang der EU-Länder zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zu tun.

In einer Rede am Freitag an der renommierten Pekinger Universität sagte der EU-Chefdiplomat, dass das Handelsungleichgewicht angesichts der EU-Wahlen im nächsten Jahr zu einem wichtigen Thema zu werden drohe. "Wenn die Öffentlichkeit zu dem Schluss kommt, dass das Handelsungleichgewicht mit China so groß ist, dass es Schlüsselsektoren gefährdet oder unseren Übergang zur Klimaneutralität in Frage stellt, wird sie drastischere protektionistische Maßnahmen fordern."

"Da unsere Politiker gewählt werden, sind sie natürlich sensibel für die Wünsche ihrer Wähler", so Borrell weiter. Zudem forderte er China auf, seinen Einfluss in Moskau geltend zu machen, um Russland davon zu überzeugen, dem Schwarzmeer-Getreideabkommen mit der Ukraine wieder beizutreten, um eine weitere Nahrungsmittelkrise zu vermeiden.

Mitte Juli lehnte es die Regierung in Moskau ab, das Getreideabkommen mit Kiew erneut zu verlängern. In diesem Zusammenhang forderte Russland erneut die Erfüllung der gegebenen Versprechen, die dem Land im Rahmen des Abkommens gegeben worden waren und die das Ziel verfolgten, eine mögliche Nahrungsmittelkrise einzudämmen, vor allem die westlichen Sanktionen gegen die russischen Landwirtschaft.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Technologie
Technologie BradyPrinter i7500: Revolution im Hochpräzisionsdruck

Sie haben genug vom altmodischen Druck großer Etikettenmengen? Keine Kalibrierung, keine Formatierung, kein umständliches Hantieren mit...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Migration: Nancy Faeser sieht eigene Migrationspolitik als Erfolg
01.04.2025

Während SPD und Union über eine mögliche Koalition verhandeln: Die geschäftsführende Innenministerin Faeser präsentierte heute...

DWN
Politik
Politik Handelskonflikt eskaliert: EU prüft bislang ungenutztes Instrument
01.04.2025

Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA stehen kurz vor einer Eskalation. US-Präsident Trump plant neue Zölle auf eine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trumps Zölle - Warum Hyundai jetzt auf Milliarden-Investitionen in den USA setzt
01.04.2025

Geht sein Plan auf? Trumps Zollerhöhungen erzwingen bereits drastische Reaktionen. Hyundai investiert 21 Milliarden US-Dollar in die USA,...

DWN
Politik
Politik AfD holt in Umfrage auf: Union büßt nach Bundestagswahl stark ein
01.04.2025

Nach der Bundestagswahl verliert die Union in den Umfragen, während die AfD kräftig zulegt. Auch SPD und Grüne verzeichnen Rückgänge,...

DWN
Politik
Politik Bamf-Chef Sommer will radikale Asyl-Wende - Rücktritt gefordert
01.04.2025

Bamf-Chef Hans-Eckhard Sommer fordert eine radikale Wende in der deutschen Asylpolitik. Statt individueller Anträge plädiert er für eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-ETF-Vergleich: Wie Sie mit Europa-fokussierten ETFs Geld verdienen - und welche Europa-ETF sinnvoll sind
01.04.2025

Da die Trump-Administration die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt, protektionistische Zölle erlässt und sich von der...

DWN
Politik
Politik Reform Arbeitszeitgesetz: 8-Stunden-Tag nicht mehr zeitgemäß?
01.04.2025

Union und SPD schlagen vor, aus der täglichen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu machen. Von der Wirtschaft gibt es Zuspruch, die...

DWN
Politik
Politik Stephan Weil: Niedersachsens Ministerpräsident (SPD) zieht sich aus Politik zurück
01.04.2025

Stephan Weil beendet nach mehr als zwölf Jahren als Ministerpräsident von Niedersachsen seine politische Karriere. Mit einem klaren Kurs...