Katars Emir Tamim bin Hamad Al Thani hat Israel eindringlich zu einem Ende der Angriffe auf den Gazastreifen aufgefordert. „Genug ist genug“, sagte der Emir an Israel gerichtet bei der eröffnenden Sitzung des Schura-Rats in Doha am Dienstag.
„Wir fordern ein Ende des Kriegs, der alle Grenzen überschritten hat“, sagte der Emir in seiner Rede der staatlichen Nachrichtenagentur QNA zufolge. Das Blutvergießen müsse gestoppt und Zivilisten müssten die Folgen militärischer Konfrontationen erspart werden.
Es sei unhaltbar, dass Israel ein „bedingungsloses grünes Licht und eine freie Lizenz zum Töten“ erhalten habe, sagte der Emir. Die Tatsachen der israelischen „Besatzung, Belagerung und Siedlung“ könnten nicht ignoriert werden. „In unserer Zeit sollte auch nicht erlaubt sein, den Zugang zu Wasser abzuschneiden und Arzneimittel und Essen zurückzuhalten als eine Waffe gegen eine gesamte Bevölkerung.“
Das Emirat unterstützt die Hamas, die nach einer Machtübernahme seit Juni 2017 den Gazastreifen kontrolliert. Israel riegelt den Landstrich seit Jahren ab, es herrschen deshalb katastrophale Bedingungen in dem kleinen Gebiet, das rund 2,3 Millionen Menschen beherbergt.
Mehr als 1000 Hamas-Milizionäre hatten am 7. Oktober im Auftrag der Hamas Israel überfallen und im Grenzgebiet Massaker angerichtet. Mehr als 200 Geiseln wurden in den Gazastreifen verschleppt, unter ihnen auch Deutsche. In der laufenden Geiselkrise hat Katar bisher die Freigabe von vier Geiseln aus der Gewalt der Hamas mit vermittelt.
Katar und Israel unterhalten keine diplomatischen Beziehungen. Israel hatte 1996 eine Handelsvertretung in Katar eröffnet, die später von dem Emirat aber wieder geschlossen wurde. Während der Fußball-WM ließ Gastgeber Katar auch Direktflüge aus Israel zu.
Die Schura-Versammlung in Katar hat beratende Funktion. Die 45 Mitglieder haben einige begrenzten Befugnisse und können etwa den Haushalt billigen. In der absoluten Monarchie Katar unterstehen die Exekutive und die Gesetzgebung aber dem Emir. Politische Parteien sind verboten.
WHO besorgt über Lage in Gaza
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schlägt erneut Alarm wegen der Versorgungslage im Gazastreifen. Besonders prekär sei der Wassermangel, sagte Rick Brennan, der WHO-Regionaldirektor für die östliche Mittelmeerregion, am Dienstag. Sein Büro ist in Kairo in Ägypten, er sprach über eine Videoverbindung zu Reportern in Genf.
Die WHO schätzt, dass pro Person nur noch drei Liter Wasser pro Tag zur Verfügung stehen - der minimale Bedarf pro Person sei aber 15 Liter, für das Trinken, Kochen und die Körperhygiene, sagte Brennan. Kaum einer habe in den vergangenen Wochen dort eine richtige Dusche oder ein Bad genommen.
Mit rund einer Million Vertriebenen sind demnach Toiletten ein Riesenproblem. Durchfallerkrankungen, Haut- und Atemwegsinfektionen seien nur eine Frage der Zeit, sagte Brennan. 180 bis 200 Frauen brächten jeden Tag ein Baby auf die Welt, könnten aber kaum sichere Räume für die Geburt finden oder bei Komplikationen Krankenhäuser erreichen.
Die WHO hat es laut Brennan noch nicht geschafft, Krankenhäuser im Norden des Gazastreifens mit Material zu versorgen, das in humanitären Konvois war. Dazu fehlten Sicherheitszusagen. Das Wichtigste seien nun Treibstofflieferungen für Generatoren in Krankenhäusern und für Entsalzungsanlagen, die Trinkwasser aufbereiten.
Bericht: Israel bereit zu Verschiebung der Invasion
Israel hat sich einem Bericht zufolge bereit erklärt, die Bodenoffensive im Gazastreifen zu verschieben. Das solle Gespräche über die Freilassung einer großen Anzahl von Geiseln ermöglichen, die in den Gazastreifen verschleppt worden seien. Das berichtete das Portal Axios am Dienstag unter Berufung auf zwei israelische Repräsentanten. Israels Armee sagte, sie prüfe den Bericht.
Israel ist laut Bericht offen dafür, die Bodenoffensive für einige Tage nach hinten zu verlegen. Die Pläne für die Bodenoffensive wolle Israels Armee aber auch beim Zustandekommens eines Deals zur Freilassung von Geiseln nicht aufgeben. Voraussetzung für das Zustandekommen sei die Freilassung aller Frauen und Kinder. Nach Beginn der Bodenoffensive wird ein Deal nach Ansicht Israels nicht mehr möglich sein.
Armeeangaben zufolge befinden sich noch mindestens 220 Geiseln in den Händen militanter Palästinenser im Gazastreifen. Am Freitag und am Montag waren jeweils zwei Frauen freigelassen worden.
Laut dem Bericht hatte die Hamas für die am Montag freigelassenen Geiseln zunächst eine sechsstündige Feuerpause verlangt. Israel habe dies jedoch abgelehnt, um keinen Präzedenzfall zu schaffen. Das Land befürchtete demnach, die Hamas könne ansonsten jedes Mal für die Freilassung zweier Geiseln eine Waffenruhe verlangen. Die Zeit der Feuerpause, so die Angst der Israelis, könne die Hamas für eine Neuaufstellung und Bewegung zwischen Verstecken nutzen.