Politik

Der Kohle-Ausstieg bröckelt gewaltig - und mit ihm die ganze Energiewende

Lesezeit: 2 min
01.11.2023 15:29  Aktualisiert: 01.11.2023 15:29
Nachdem Deutschland aus der Atomenergie ausgestiegen ist, sichert die Kohlekraft die Energieversorgung. Jetzt hinterfragt FDP-Chef Lindner öffentlich den Ausstieg.
Der Kohle-Ausstieg bröckelt gewaltig - und mit ihm die ganze Energiewende
Das Braunkohlekraftwerk Lippendorf ist hinter Erdhügeln einer Ausgrabung zu sehen. In dem Kraftwerk wird Braunkohle aus umliegenden Tagebauen zur Strom- und Wärmeerzeugung verbrannt. Spätestens im Jahr 2035 soll durch den Ausstieg aus der Braunkohle auch hier die Kohleverstromung enden. (Foto: dpa)
Foto: Jan Woitas

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat den im Koalitionsvertrag genannten Zeitpunkt für den Kohleausstieg in Frage gestellt. „Solange nicht klar ist, dass Energie verfügbar und bezahlbar ist, sollten wir die Träume von einem Ausstieg aus dem Kohlestrom 2030 beenden“, sagte der FDP-Politiker dem Kölner Stadt-Anzeiger.

Die Ampel-Parteien SPD, Grünen und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, den Kohleausstieg „idealerweise“ von 2038 auf 2030 vorzuziehen.

„Für das Klima bringt dieses Datum ohnehin nichts, da die in Deutschland eingesparten CO2-Emissionen aufgrund der europäischen Regeln zum Beispiel in Polen zusätzlich anfallen dürfen“, sagte der FDP-Minister.

Grüne wiegeln ab

Ein Sprecher von Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) verwies auf den Koalitionsvertrag. Daran arbeite die Bundesregierung. Der Prozess eines vorgezogenen Kohleausstiegs sei eingebettet in eine andauernde Überprüfung der Versorgungssicherheit.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hält 2030 als Ausstiegsjahr dagegen für unverzichtbar, um die Klimaziele zu erreichen. „Die in Deutschland dadurch freiwerdenden CO2-Zertifikate müssen gelöscht werden, damit die Emissionen auch nicht an anderer Stelle in Europa anfallen. Falsche Informationen werden nicht richtig, nur weil sie beharrlich wiederholt werden“, sagte der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt am Mittwoch.

Der Kohleausstieg 2030 sei längst auf dem Weg. „Kohlestrom wird durch die enorme Marktdynamik der erneuerbaren Energien schon bald nicht mehr gebraucht werden.“

Kritik an Lindners Vorstoß kam auch vom Koalitionspartner SPD. „Das Wort "idealerweise" steht nicht umsonst im Koalitionsvertrag. Zielführend ist nicht, über das Datum zu diskutieren, sondern über die Maßnahmen, die wir jetzt brauchen, um die Erneuerbaren Energien schnell auszubauen“, sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch der Rheinischen Post (Donnerstagsausgabe).

Lindner setzt auf Erdgas

Lindner will auf Erdgas aus Deutschland setzen. „Die inländische Gasförderung muss intensiviert werden“, forderte er. Außerdem müsse der Zubau von erneuerbaren Energien schneller ermöglicht werden.

Auf die Frage, ob Deutschland neue Gaskraftwerke als Reserve im Energiemix brauche, sagte der FDP-Politiker: „Darauf wird es hinauslaufen, aber die Frage ist, wie dies so effizient marktwirtschaftlich gelingt, dass die Strompreise nicht weiter steigen.“

In Deutschland ist der Kohleausstieg 2030 für das Rheinische Revier bereits festgelegt. Für das Lausitzer Revier und das Mitteldeutsche Braunkohlerevier in den ostdeutschen Bundesländern gibt es keine solche Einigung.

Nachdem der Atomausstieg vollendet wurde, sichert die Kohlekraft als einzig plan- und steuerbare Quelle die Energieversorgung Deutschlands. So ist sie neben der Windkraft zur wichtigsten Stromquelle aufgestiegen. In den dunklen Wintermonaten ist sie regelmäßig die wichtigste Quelle.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Finanzen
Finanzen Genomsequenzierung: Investieren in die personalisierte Medizin der Zukunft
09.05.2024

Genomsequenzierung, Gentherapie, personalisierte Medizin: Die Medizin- und Pharma-Industrie steht vor einem Wendepunkt. Gleichzeitig sind...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview zur Mafia in Deutschland: „Hier gehe ich von Strafvereitelung im Amt aus“
09.05.2024

Italienische Mafia-Organisationen gewinnen in Deutschland zunehmend an Einfluss – und können dabei teilweise auf das stillschweigende...

DWN
Technologie
Technologie Luftfahrt: Klimaneutralität bis 2050 wohl unrealistisch
09.05.2024

Der Luftverkehr gilt als ein starker Treiber zur Klimakrise. Mit technischen Lösungen klimaschonendes- oder gar klimaneutrales Fliegen zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktien: Warum die Kapitalrendite eines Unternehmens wichtiger als die Bewertung ist
09.05.2024

Was bestimmt eigentlich den Wert einer Aktie? In der Berichterstattung stehen häufig Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis im...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hybrides Arbeiten liegt im Trend - nicht nur aus Umwelterwägungen
09.05.2024

Die klassische Büroarbeit hat es spätestens seit Corona schwer, sich gegen das geschätzte Homeoffice zu behaupten. Immer mehr...

DWN
Technologie
Technologie Erneuerbare Energien knacken wichtige Marke
09.05.2024

Erneuerbare Energien wachsen vor allem dank Wind- und Solarenergie. Der Anteil an der globalen Stromproduktion beträgt mittlerweile 30...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Sicherheitsalarm: Wie sich Unternehmen gegen Spionage und Cyberbedrohungen schützen können
09.05.2024

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik warnt davor, dass die Bedrohungslage im Cyberraum ernst ist, insbesondere in Bezug...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Die Ampel auf Rot: Warum die deutsche Wirtschaft abwandert
08.05.2024

Der Frust des deutschen Mittelstands ist gewaltig. Immer mehr Unternehmer denken über Verlagerung ihrer Produktionsbetriebe nach. Nach...