Technologie

Gipfel in England: Wie gefährlich wird Künstliche Intelligenz?

Lesezeit: 3 min
02.11.2023 19:02  Aktualisiert: 02.11.2023 19:02
Wirtschaftsminister Habeck berät mit anderen Spitzenpolitikern in England über Künstliche Intelligenz. Sie kann das Leben grundsätzlich verändern. Die Entwicklung der Technologie ist rasant. Kommt die internationale Gemeinschaft mit Vorgaben hinterher?
Gipfel in England: Wie gefährlich wird Künstliche Intelligenz?
Bruno Le Maire (vorne, l-r), Wirtschafts- und Finanzminister von Frankreich, Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, und Kamala Harris, Vizepräsidentin der USA, stehen beim „AI Safety Summit 2023“ (Internationaler Gipfel zur Sicherheit bei Künstlicher Intelligenz) in Bletchley Park, Buckinghamshire, für ein Familienfoto zusammen. (Foto: dpa)
Foto: Soeren Stache

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Im Zweiten Weltkrieg knackten die Briten in Bletchley Park nördlich von London den Verschlüsselungscode der Nazis. Nun hat die britische Regierung dort mit Vertretern anderer Staaten den ersten internationalen Gipfel zu den Gefahren von Künstlicher Intelligenz (KI) abgehalten.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, US-Vizepräsidentin Kamala Harris, UN-Generalsekretär António Guterres, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und weitere Politiker kamen auf Einladung von Premierminister Rishi Sunak am Donnerstag zusammen, um über die Risiken der sich schnell entwickelnden Technologie zu sprechen.

Wie gefährlich wird Künstliche Intelligenz?

Die britische Regierung warnte in einem Papier vor verschiedenen Szenarien. Für gefährliche Gruppen könne es leichter werden, Betrug zu begehen, Cyberattacken zu planen oder mit Falschinformationen die Gesellschaft zu beeinflussen. Grundsätzlich könne es für Terroristen einfacher werden, biologische oder chemische Waffen zu entwickeln, allerdings müssten sie immer noch an die nötigen Substanzen gelangen.

Könnten Computer die Menschheit auslöschen?

Glaubt man dem Tech-Milliardär Elon Musk, der ebenfalls bei dem Gipfel dabei war, stellt Künstliche Intelligenz eine der größten Bedrohungen für die Menschheit dar, die womöglich gar nicht ganz unter Kontrolle gebracht werden kann.

Manche Forscher halten es aber für irreführend, sich zu sehr auf das Existenzrisiko zu konzentrieren. Es sei eine „gefährliche Ablenkung von den Diskussionen, die wir führen müssen über die Regulierung von KI“, sagte zum Beispiel Mhairi Aitken vom Alan Turing Institute dem Portal Politico. Kritiker sehen etwa große Fragen beim Datenschutz, bei Urheberrechten oder der Diskriminierung von Menschen durch Algorithmen. Die Schlagzeile sei nicht, dass KI uns eines Tages töten könnte, sondern dass Menschen in Institutionen bereits in diesem Moment KI einsetzten, um Schäden anzurichten, meint Sasha Costanza-Chock vom Berkman Klein Center der Harvard University und von der Organisation Algorithmic Justice League.

Um was ging es konkret bei dem Gipfel?

Bei der Diskussion der Regierungschefs und Minister am Donnerstag ging es Kreisen Beteiligter zufolge um vier Themen, die von großer Bedeutung sind bei der Regulierung von KI: Dazu gehören die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und den sozialen Zusammenhalt. Dann die Frage, wie ethische Grundsätze in Technologie und Algorithmen eingebaut werden können, beispielsweise beim Thema Gesichtserkennung. Betont worden sei aber auch, dass die richtige Balance zwischen Innovation und Regulierung gefunden werden müsse, damit die neue Weiterentwicklung der Technologie nicht im Keim erstickt werde. Und auch das Thema des fairen Wettbewerbs spielte eine Rolle: Die Teilnehmer seien sich einig gewesen, dass alle Länder Zugang zu der Technologie haben sollen.

Gibt es denn noch keine Regeln?

Erste Schritte wurden bereits unternommen. Die Europäische Union will mit einer KI-Strategie einen rechtlichen Rahmen zur Regulierung der Technologie schaffen. In den USA will Präsident Joe Biden mit einem rechtlichen Rahmen Risiken durch Software mit KI minimieren. Ein Präsidentenerlass von Montag sieht unter anderem vor, dass bei Programmen, die potenziell gefährlich für nationale Sicherheit, Wirtschaft oder Gesundheit werden könnten, die Entwickler die US-Regierung schon beim Anlernen der KI-Modelle unterrichten müssen. Auch werden sie Ergebnisse von Sicherheitstests mit den Behörden teilen müssen.

Welche Unternehmen sollte man kennen?

Besonders bekannt wurde in den vergangenen Monaten das Start-up OpenAI, das den Chatbot ChatGPT entwickelte. Die Software kann Sätze auf dem sprachlichen Niveau eines Menschen bilden. Damit das funktioniert, werden solche Programme mit gewaltigen Mengen an Texten und Informationen angelernt. Neben zahlreichen Start-ups spielen auch die reichen Tech-Konzerne wie Google, Amazon, Microsoft, Meta und Apple mit ihren Ressourcen eine wichtige Rolle bei KI.

Was kann KI heute schon? Und was kann sie Gutes bringen?

Software mit Künstlicher Intelligenz ist bereits allgegenwärtig – aber meist eng auf Aufgaben spezialisiert. Sie steckt etwa in der Bildverbesserung, Autokorrektur, in Chatbots, die allmählich statt Hotlines genutzt werden sowie im Gesundheitswesen zum Beispiel zur Analyse von Symptomen. Deutschland betonte bei dem Gipfel vor allem die Chancen von KI. So sagte Habeck, die Technologie könne viele Dinge leichter und effizienter machen, „vom Klimaschutz bis zu Wetterdaten und Frühwarnsystemen, von der Krankheitserkennung bis zu Therapiesystemen“. Und: Nicht die Technik selbst solle reguliert werden, sondern konkrete, risikoreiche Anwendungen.

Was kann der Gipfel erreichen?

Der Gipfel in Bletchley Park gilt als einer der ersten Schritte hin zu einer Regulierung. Bereits geplant ist, dass Frankreich im kommenden Jahr eine weitere Auflage des Gipfels ausrichten wird. Derzeit gibt es aber noch mehrere konkurrierende Formate, in denen über das Thema gesprochen wird. Dazu gehören der Kreis der führenden westlichen Wirtschaftsnationen G7, aber auch die Vereinten Nationen kämen infrage. Als Stärke des britischen Gipfel-Formats gilt jedenfalls, dass auch Staaten wie China und Indien teilgenommen haben - wenn auch nur mit Vertretern aus der dritten Reihe. (dpa)


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