Politik

Bundestag verhindert Förderung für AfD-Stiftung

Der Bundestag hat für alle großen Parteienstiftungen eine staatliche Förderung beschlossen, nur nicht für die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung. Doch der dabei angewandte Trick ist umstritten.
10.11.2023 15:33
Aktualisiert: 10.11.2023 15:33
Lesezeit: 2 min

Der Bundestag hat die staatliche Finanzierung parteinaher Stiftungen erstmals auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Das am Freitag beschlossene Gesetz sieht vor, dass eine Stiftung erst gefördert wird, wenn die Partei, der sie nahe steht, mindestens dreimal hintereinander in Fraktionsstärke im Bundestag vertreten ist. Die jeweilige Partei darf nicht von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen sein. Und die Stiftung muss die Gewähr bieten, aktiv für die freiheitliche demokratische Grundordnung und den Gedanken der Völkerverständigung einzutreten.

Alle im Bundestag vertretenen Parteien haben ihnen nahestehende Stiftungen. Diese leisten politische Bildungsarbeit im In- und Ausland, sind im Bereich politischer Forschung und Beratung tätig und vergeben Stipendien für hochbegabte Studentinnen und Studenten.

Das Gesetz wurde von SPD, Grünen, FDP, Union und von der Linken getragen. Die AfD protestierte vehement dagegen, weil sie sich dadurch benachteiligt sieht. Sie sitzt erst in der zweiten Wahlperiode im Bundestag. Die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung hat damit momentan keinen Anspruch auf eine Förderung. Zudem dürfte künftig das geforderte Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung zum Hindernis werden, weil zwei AfD-Landesverbände - Thüringen und Sachsen-Anhalt - inzwischen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft sind. Die AfD als Ganzes gilt als rechtsextremistischer Verdachtsfall.

„Kein Geld für Verfassungsfeinde“

„Die wichtigster Regelung ist ganz klar: Kein Geld für Verfassungsfeinde“, sagte der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner. Konstantin von Notz (Grüne) betonte, für alle Stiftungen gelte: „Wer Extremistinnen und Extremisten gezielt hinter sich versammelt und sich zu deren Sprachrohr macht, der darf nicht staatlich gefördert werden.“ Für die Linke hielt Clara Bünger der AfD vor: „Wenn die AfD mit diesem Gesetz ein Problem hat, dann bedeutet das nur, dass sie als Partei mit der Demokratie und unseren demokratischen Werten insgesamt ein Problem hat.“

Stephan Thomae von der FDP wies darauf hin, dass die Stiftungen große Freiheit bei der Verwendung der Mittel haben. „Aber eines ist doch klar: Dass sie diese Mittel nicht und niemals gegen diese Demokratie zum Einsatz bringen dürfen.“ Auch der CDU-Abgeordnete Ansgar Heveling betonte: „Dieses Gesetz richtet sich überhaupt gar nicht gegen irgendeine Partei, sondern es verlangt vielmehr ausdrücklich ein Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung - und zwar von allen Parteien, die eine Finanzierung ihrer politischen Stiftungen erhalten wollen.“

Dagegen bewertete der AfD-Abgeordnete Albrecht Glaser das Gesetz als verfassungswidrig und sprach von einem „AfD-Verhinderungsgesetz“. Er hielt den anderen Parteien vor: „Sie delegitimieren diesen Staat durch Selbstbedienung der politischen Klasse.“ Erika Steinbach, die Vorsitzende der Desiderius-Erasmus-Stiftung, sprach von einer „gezielten Ausgrenzung einer wichtigen oppositionellen Kraft“. Der Bundestag habe „ganz offen eine beklemmende Demokratieverachtung deutlich gemacht, die jedem autoritären Land zur Ehre gereichen würde“.

Die gesetzliche Regelung wurde nötig, da das Bundesverfassungsgericht nach einer AfD-Klage die bisherige Förderpraxis im letzten Februar verworfen hatte. Das Zuteilen von Globalzuschüssen im Bundeshaushalt genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht, urteilten die Richter. Die AfD will nun auch gegen das Gesetz in Karlsruhe vorgehen. (dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Politik
Politik Wahlsieger Merz: Trotz Wermutstropfen Rambo-Zambo
23.02.2025

Der CDU-Chef bringt den Vorsprung aus den Umfragen ins Ziel: Die Union gewinnt die Bundestagswahl. Doch ein wichtiges selbstgestecktes Ziel...

DWN
Politik
Politik Historisches Debakel für die SPD: Scholz' Tage sind gezählt
23.02.2025

Trotz Widerstands innerhalb seiner Partei wollte er es noch einmal versuchen – und ist kläglich gescheitert. Die kürzeste Amtszeit...

DWN
Politik
Politik Erwartungen verfehlt: FDP erleidet mit Lindner herbe Wahlniederlage
23.02.2025

Die FDP bleibt unter den eigenen Erwartungen und hat sich von der Krise in der Ampel-Koalition nicht erholt. Parteichef Lindner und seine...

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl: Union gewinnt vor AfD, Fiasko für die SPD - droht erneut eine Dreierkoalition?
23.02.2025

CDU und CSU gehen als klare Sieger aus der Bundestagswahl hervor – für die SPD ist es das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Die...

DWN
Politik
Politik Merz triumphiert, Scholz geschwächt: Die Konsequenzen der Wahl
23.02.2025

Deutschland hat entschieden, und es gibt einen klaren Gewinner. Dennoch dürfte die Regierungsbildung herausfordernd werden, da die Zeit...

DWN
Politik
Politik Wie es nach der Bundestagswahl weitergeht
23.02.2025

Nach der Bundestagswahl beginnt die nächste Phase: die Regierungsbildung. Dabei sind zahlreiche Schritte erforderlich, die sich über...

DWN
Politik
Politik Wahlrecht 2025: Kleinerer Bundestag, größere Auswirkungen – Das ändert sich für Wähler und Parteien
23.02.2025

Am Wahltag selbst werden die meisten Wählerinnen und Wähler keinen Unterschied bemerken. Doch hinter den Kulissen verändert sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schweizer Infrastrukturexperte: "Deutschland war lange der Wirtschaftsmotor Europas – das muss wieder so sein"
23.02.2025

Deutschland kämpft mit maroden Brücken, Straßen, Schienen, Strom- und Kommunikationsnetzen. Der Schweizer Infrastrukturexperte Alexander...