Finanzen

Renten-Reform: Regierung in London torpediert Versicherungen

Lesezeit: 1 min
28.03.2014 00:07
Regierungen in Westeuropa fürchten nichts so sehr wie den Zorn der Rentner - sie sind die größte Wählergruppe. Das musste nun die Versicherungsbranche in Großbritannien zur Kenntnis nehmen. Die Regierung Cameron ließ sie über die Klinge springen, um eine Revolution der Rentner zu verhindern.
Renten-Reform: Regierung in London torpediert Versicherungen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der britische Finanzminister hat eine radikale Reform des Pensions-Systems angekündigt. Mit seiner 55-minütigen Rede zum Staatshaushalt in der vergangenen Woche verursachte George Osborne einen Kurssturz der spezialisierten Pensions-Versicherungen um mehr als 50 Prozent.

Die Sparer können sich künftig bei Beginn der Rente ihr Geld auszahlen lassen, das sie im Verlauf ihres Arbeitslebens in das Pensions-System einzahlen müssen, zitiert die FT den Finanzminister. Die bisherige massive Steuer auf eine solche Auszahlung soll wegfallen. Bisher mussten die Briten aufgrund dieser massiven Steuer von Versicherern jährliche Pensionszahlungen kaufen.

Mit diesem Schritt hat Osborne das Geschäftsmodell einer ganzen Industrie zerstört. Das bisher sehr lukrative Geschäftsmodell der Lebensversicherer baute darauf auf, dass die Britten praktisch dazu gezwungen werden, deren Produkt zu kaufen, nämlich die jährlichen Pensionszahlungen. Sie waren für all jene Briten verpflichtend, deren Arbeitgeber keinen gehaltsbasierten Pensionsplan anbieten.

Ein Fünftel der Einnahmen der britischen Lebensversicherer kommen derzeit auf diese Weise zustande. Nach Untersuchungen der Financial Times liegen die Profitmargen dabei zwischen 8,4 und 15,4 Prozent.

Die Kurse von Versicherungsaktien stürzten nach Bekanntgabe ins Bodenlose. Der Aktienkurs von Partnership Assurance, die sich auf dieses Geschäft spezialisiert hat, fiel sofort um 61 Prozent. Der Konkurrent Just Retirement verzeichnete einen Einbruch um 46 Prozent.

Analysten erwarten, dass der Markt für jährliche Pensionszahlungen um 90 Prozent einbrechen wird. Nur etwa 10 Prozent der Briten werden die Pensionsversicherung möglicherweise freiwillig kaufen. Denn dieses wenn auch recht teure Produkt gibt ihnen die Sicherheit, bis zum Tod Geld zum Leben ausgezahlt zu bekommen.

Der Großteil der Briten wird sich das eingezahlte Geld voraussichtlich auszahlen lassen. Denn aufgrund der Inflation und der geringen Zinsen auf Staatsanleihen waren die jährlich ausgezahlten Beträge gering. Für die meisten Briten waren die staatlich verordneten Pensionen zuletzt ein Verlustgeschäft.

Es ist unklar, was die britische Regierung mit dieser Steuersenkung bezweckt. Möglicherweise handelt es sich lediglich um ein Wahlgeschenk an ältere Wähler, die nun Zugriff auf ihr Geld erhalten sollen.

Es wird erwartet, dass viele Briten das Geld verwenden, um Immobilien zu erwerben, für den eigenen Gebrauch oder zum Vermieten. Es ist also durchaus denkbar, dass die britische Regierung mit ihrem Vorstoß einem Rückgang der Immobilienpreise entgegenwirken will.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Iran-Israel-Konflikt: Führt das Krisentreffen in Israel mit Baerbock und Cameron zur Deeskalation?
17.04.2024

Bei Gesprächen mit israelischen Politikern bemühen sich Annalena Baerbock und David Cameron, einen möglichen Vergeltungsschlag gegen den...

DWN
Politik
Politik Günstlingswirtschaft und Gefälligkeiten: Stephan Weil in Niedersachsen am Pranger
17.04.2024

In Berlin steht Kai Wegner (CDU) unter Verdacht, seine Geliebte mit einem Senatorenposten bedacht zu haben. Ursula von der Leyen (CDU)...

DWN
Technologie
Technologie Fluch oder Segen? – Was man aus Müll alles machen kann
17.04.2024

Die Welt ist voller Müll. In den Ländern des globalen Südens gibt es teilweise so viel davon, dass Menschen auf Abfallbergen ihr Dasein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzrekorde im März: Nachwehen der Coronahilfen
17.04.2024

Deutsche Unternehmen klagen aktuell viel über die Umstände – und die Unternehmensinsolvenzen sind auch auf Rekordniveau. Ein Grund...

DWN
Politik
Politik Vor G7-Treffen: Baerbock warnt vor Eskalationsspirale im Nahen Osten
17.04.2024

Die Grünen-Politikerin hat vor einem Treffen der Gruppe sieben großer Industrienationen (G7) zu "maximaler Zurückhaltung" aufgerufen in...

DWN
Politik
Politik Die Zukunft der EU als Wirtschaftsstandort: DIHK-Befragung zeigt Stimmungstief
17.04.2024

Wie beurteilen Unternehmen die Lage der Europäischen Union? Eine Befragung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) gibt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Studie: Immer mehr Menschen heben Geld im Supermarkt ab
17.04.2024

Geldabheben beim Einkaufen wird in den Supermärken immer beliebter. Für Händler könnten die zunehmenden Bargeldauszahlungen jedoch...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation in Eurozone fällt auf 2,4 Prozent
17.04.2024

Im Herbst 2022 erreichte die Inflation in der Eurozone ein Höchststand von mehr als zehn Prozent, jetzt gibt es den dritten Rückgang der...