Politik

Berater der Bundesregierung: Deutschland versinkt in der Klima-Bürokratie

Lesezeit: 2 min
20.11.2023 14:57  Aktualisiert: 20.11.2023 14:57
Immer mehr politische Vorgaben, die in immer kürzerer Zeit umgesetzt werden sollen. Ein von der Bundesregierung selbst beauftragtes Gremium zieht ein desolates Fazit.
Berater der Bundesregierung: Deutschland versinkt in der Klima-Bürokratie
Die deutsche Wirtschaft wird von immer mehr Vorschriften belastet. (Foto: dpa)

Benachrichtigung über neue Artikel:  

Neue Gesetze haben noch nie so viel Kosten und bürokratischen Aufwand verursacht wie zurzeit. Zu dem Schluss kommt der Normenkontrollrat, ein unabhängiges Beratergremium der Bundesregierung, in seinem Jahresbericht 2023, wie das FDP-geführte Justizministerium am Montag in Berlin mitteilte.

In dem nun vorgelegten Bericht, der den Zeitraum von Juli 2022 bis Juni 2023 umfasst, heißt es: „Gegenüber den Vorjahren ist die aus Bundesrecht stammende Belastung von Unternehmen, Behörden und Bevölkerung stark gewachsen - um 9,3 Milliarden Euro pro Jahr und einmalig um 23,7 Milliarden Euro.“

Bürokratiemonster Gebäude-Energien-Gesetz

Größter Kostentreiber sei das Gebäude-Energien-Gesetz und das in ihm enthaltene Habecksche Heizungsgesetz, dem aber langfristig ein angeblich klimapolitischer Nutzen gegenüber stehe, sagte Lutz Goebel, der Vorsitzende des Normenkontrollrats. „Immer mehr Regelungen müssen in immer kürzerer Zeit beachtet und umgesetzt werden.“

Die Gas- und Strompreisbremse sei „wahnsinnig kompliziert aufgesetzt worden“, kritisiert die stellvertretende NKR-Vorsitzende, Sabine Kuhlmann. Ein Zuwachs an Bürokratieaufwand ergab sich laut Bericht unter anderem auch durch Regelungen zum Mindestlohn und zur Ganztagsförderung für Kinder im Grundschulalter.

Wenn überkomplexe Gesetze von einer Verwaltung umgesetzt werden sollten, die unter Personalmangel und Verzögerungen bei der Digitalisierung geprägt sei, nehme die Überlastung besorgniserregende Ausmaße an, warnt der NKR-Vorsitzende, Lutz Goebel.

Er fordert in der Gesetzgebung „mehr Mut zur Lücke“. Die Bundesregierung müsse sich verabschieden von der Vorstellung, mit einem Gesetz jeden einzelnen Fall zu berücksichtigen, sonst drohe die extreme Komplexität eines Tages nicht nur lähmenden Stillstand zu verursachen, sondern Unregierbarkeit. Goebel fügt hinzu: „Hätten wir leistungsfähigere Strukturen, würde ein Mehr an Regulierung vielleicht weniger ins Gewicht fallen.“ Dringend notwendig sei zudem eine neue Föderalismusreform.

Viele sähen deswegen die Belastungsgrenze überschritten. „Gleichzeitig hängt Deutschland bei der Digitalisierung seiner Verwaltung gnadenlos zurück.“

Vorwurf an Faeser

Goebel wirft dem Bundesinnenministerium mangelnde Transparenz vor, was die von ihm zu verantwortende Digitalisierung von Verwaltungsleistungen angeht. Das Onlinezugangsgesetz und dessen Umsetzung seien aus Sicht des Normenkontrollrates sozusagen „im Keller verschwunden“.

Dem Deutschen Richterbund zufolge sei insgesamt aktuell „eine Tendenz zu Mikromanagement und kleinteiligen, immer detaillierteren Gesetzen zu beobachten, die am Ende auch die Gerichte beschäftigen und zusätzlich belasten“ zu beobachten.

Die Ampel-Regierung hatte zuletzt Pläne für einen Abbau von Bürokratie sowie beschleunigte Verfahren in der Verwaltung zur Genehmigung von Vorhaben vorgestellt. Sie müssen allerdings noch umgesetzt werden.



 

DWN
Unternehmen
Unternehmen „Irreführende Praktiken“: Shein muss deutsche Website anpassen
20.05.2024

Nach einer Abmahnung durch deutsche Verbraucherschützer hat Shein eine Unterlassungserklärung unterzeichnet. Laut vzbv-Chefin Pop machen...

DWN
Technologie
Technologie BYD baut erstes Werk in der EU: Eine Gefahr für Deutschlands Autobauer?
20.05.2024

Bereits seit Dezember 2023 steht fest, dass BYD, Chinas wichtigste und staatlich geförderte Marke für Elektroautos, ein Werk in Szeged in...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview mit Ex-Militärberater Jörg Barandat (zweiter Teil): Die Welt ist im Wasserkampf
20.05.2024

Jörg Barandat war unter anderem militärischer Berater im Auswärtigen Amt sowie Dozent für Sicherheitspolitik an der Führungsakademie...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview mit Ex-Militärberater Jörg Barandat: „Wasser und Energie sind untrennbar miteinander verbunden.“
19.05.2024

Wasser sollte nicht getrennt von anderen Faktoren wie Energie und Klima betrachtet werden, sagt Jörg Barandat, langjähriger Berater...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Im Sog der Krise: Chinas Immobilienbranche unter Druck
19.05.2024

Seit einigen Jahren belastet die Immobilienkrise China und beeinträchtigt das wirtschaftliche Wachstum. Die Geduld vieler Gläubiger...

DWN
Politik
Politik Absturz des Präsidentenhubschraubers im Iran: „Alle Insassen sind tot“
19.05.2024

Ein Hubschrauber mit Irans Präsident Raisi und Außenminister Amir-Abdollahian ist abgestürzt. Die Insassen sind tot. Es wirft Fragen zur...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft EU-Kommission unterstützt Lausitz: Auf dem Weg zum "Netto-Null-Valley"
19.05.2024

Wie kann man ohne die Freisetzung von Treibhausgasen produzieren? Das Kohlerevier in der Lausitz strebt danach, als Modellregion in Europa...

DWN
Politik
Politik 75 Jahre Europarat: Ein Jubiläum in turbulenten Zeiten
19.05.2024

Der einst stolze Europarat feiert sein 75-jähriges Bestehen, doch das Jubiläum findet inmitten von Krisen und Unsicherheit statt,...