Politik

Rechnungshof warnt: Das Land Berlin versinkt in Schulden

Nach dem haushaltspolitischen Desaster der Bundesregierung kündigt sich Ähnliches in der Bundeshauptstadt an. In seinem jüngsten Bericht kommt der Landesrechnungshof zu einem vernichtenden Befund: Der Haushalt des Landes Berlin gerät aus den Fugen. Derweil fordert der Regierende Bürgermeister Berlins, Kai Wegner, eine Reform der Schuldenbremse. Sein Ziel: Das ohnehin schon hoch verschuldete Berlin soll noch mehr Schulden machen.
Autor
23.11.2023 16:39
Aktualisiert: 23.11.2023 16:39
Lesezeit: 2 min
Rechnungshof warnt: Das Land Berlin versinkt in Schulden
Bürgermeister Wegner, Finanzsenator Evers: Noch mehr Schulden in Berlin. (Foto: dpa) Foto: Monika Skolimowska

In seinem Bericht kommt der Rechnungshof des Landes Berlin über die Haushaltsführung zu einem geradezu vernichtenden Urteil: Die Finanzpolitik des CDU-geführten Senats und des Finanzsenators Stefan Evers (CDU) sei „nicht zukunftsgerichtet“. Mit größter Sorge registriert der Rechnungshof, dass der Wegner-Senat und damit das Land Berlin beharrlich über seine Verhältnisse lebe.

Ausufernde Schulden

Tatsächlich hat der CDU-SPD-Senat offenkundig jedes Bemühen um eine sorgfältige Haushaltsführung eingestellt. In dem Doppelhaushalt für die Jahre 2024/2025 wurden nicht nur alle Finanzreserven in Höhe von 4,5 Milliarden Euro aufgebraucht, um einigermaßen die akuten Haushaltslöcher zu stopfen. Gleichzeitig veranschlagte der Finanzsenator eine pauschale Minderausgabe in Höhe von jeweils 1,5 Milliarden Euro, ohne dass bisher erkennbar sei, wie diese Minderausgabe erwirtschaftet werden soll. In einer geradezu alarmierenden Tonlage warnt der Rechnungshof davor, dass die finanziellen Reserven des Landes „in naher Zukunft erschöpft sein“ werden.

Wacklige Landesunternehmen

Nach Berechnungen des Landesrechnungshofes wird der Schuldenstand Berlins bis zum Jahre 2027 auf 66,8 Milliarden Euro steigen. Doch das ist nur die offiziell ausgewiesene Verschuldung des Landes Berlin, in Wirklichkeit ist aber die Verschuldung noch weit bedrohlicher, denn zu der offiziellen Verschuldung kommt die prekäre Finanzsituation der landeseigenen Unternehmen noch dazu.

So stellt der Landesrechnungshof fest, dass die Verbindlichkeiten der Landesunternehmen sich auf inzwischen auf 28,7 Milliarden Euro addiert hätten und damit in den vergangenen Jahren um 24 Prozent gestiegen seien. Dramatisch entwickeln sich dabei die Schulden der Berliner Wohnungsbaugesellschaften, die ihren Schuldenstand in der Vergangenheit verlässlich erhöht haben und inzwischen Verbindlichkeiten in Höhe von beinahe 17 Milliarden Euro vor sich herschieben. Allein in den vergangenen sieben Jahren hat sich ihr Schuldenstand mehr als verdoppelt. Aber auch andere Landesbetriebe wie auch die Berliner Beteiligung am Hauptstadt-Flughafen BER verschlingen jährlich Milliarden. Düster der Befund des Rechnungshofes: Aus der Finanzplanung sei ein strukturelles Defizit von jährlich zwei bis drei Milliarden erkennbar. „Hier besteht ein enormer Handlungsbedarf“, erklärt Rechnungshof-Präsidentin Klingen.

Fragwürdiges Sondervermögen

Doch Spar- und Kürzungsbemühungen sind im Wegner-Senat nirgends erkennbar, ganz im Gegenteil: Zum offiziellen Schuldenhaushalt des Landes Berlin plant der Senat ein Sondervermögen mit dem Titel Klimaschutz, Resilienz und Transformation in Höhe von fünf Milliarden einzurichten. Dieser Fonds soll unter Umständen im darauffolgenden Haushalt auch noch um weitere fünf Milliarden Euro an Krediten aufgestockt werden. Das vom Senat geplante Sondervermögen, was nichts anderes ist als ein zusätzlicher Schuldentopf ist, soll Maßnahmen zur Gebäudesanierung, der Energieerzeugung, Verkehr und klimagerechte Transformation der Wirtschaft finanzieren. Begründet hat dies der Senat mit einer angeblichen akuten Klimanotlage.

Sowohl in rechtlicher wie auch finanzpolitischer Hinsicht verurteilt der Rechnungshof diesen Schritt. Zum einen, so die Rechnungsprüfer in ihrem Befund, setze eine solche Kreditermächtigung „zwingend die Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation“ voraus. Diese sei nicht nur nicht erkennbar, sie gehe noch nicht einmal ausreichend aus der Gesetzesbegründung hervor. Darüber hinaus hält der Rechnungshof eine weitere Verschuldung, die über die bereits bedrohliche Verschuldung des Landes Berlin hinausgeht, für äußerst bedenklich. „Nach Einschätzung der Bundesbank“, so die Rechnungsprüfer, „würde durch das geplante Sondervermögen die Regelgrenze der Schuldenbremse faktisch mehrjährig ausgesetzt und die Bindungswirkung der Schuldenbremse stark beeinträchtigt; die Schulden ließen sich so effektiv kaum noch begrenzen“.

Doch genau darum geht es dem Berliner Senat. In einem Interview hat der seit 27. April dieses Jahres im Amt befindliche Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) eine Lockerung der grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse gefordert. Diese sei, so Wegner, inzwischen eine „Zukunftsbremse“. Wegners Ziel ist dabei klar: noch mehr Schulden für Berlin.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Immer mehr XRP- und ETH-Inhaber wenden sich still und leise an OPTO-Miner, um 3.000 Dollar pro Tag zu verdienen

Im derzeit unberechenbaren Kryptomarkt entscheiden sich immer mehr Anleger dafür, langsamer zu werden und sich nicht mehr von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft und KI: Jeder zweite Arbeitnehmer zweifelt an Deutschlands wirtschaftlicher Zukunft
09.07.2025

Eine aktuelle Umfrage zeigt: Viele Beschäftigte sind skeptisch, ob Deutschland im Zeitalter der künstlichen Intelligenz wirtschaftlich...

DWN
Politik
Politik Corona: Breite Mehrheit für Enquete-Kommission zur Corona-Aufarbeitung
09.07.2025

Lockdown, Impfpflicht, Schulschließungen und Abstandsregeln – in der Corona-Pandemie wurde eine Vielzahl von unverhältnismäßigen...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutsche Goldreserven: Hoher Goldpreis, explodierende Staatsschulden – sollte die Bundesbank Gold zu Geld machen?
09.07.2025

Rekordschulden, Rekordausgaben: Der Bundeshaushalt steuert unter der schwarz-roten Regierung bis 2029 auf ein 850 Milliarden Euro schweres...

DWN
Unternehmen
Unternehmen IT-Sicherheit in der Urlaubszeit: Wenn der Chef im Urlaub ist, beginnt für die IT der Ernstfall
09.07.2025

Der Sommer beginnt, das Management reist ab – für Hacker ist das die ideale Gelegenheit. Lesen Sie, wie Unternehmen für IT-Sicherheit...

DWN
Politik
Politik Kommt die Senkung der Stromsteuer für alle? Bundesregierung droht Dämpfer im Bundesrat
09.07.2025

An der Entscheidung der Bundesregierung, die Stromsteuer nicht – wie im Koalitionsvertrag angekündigt – auch für alle Bürger und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OPEC+ erhöht Förderung deutlich – Ölpreise unter Druck
09.07.2025

Die OPEC+ überrascht mit einer weit stärkeren Förderausweitung als erwartet – mit möglichen Folgen für die Weltwirtschaft,...

DWN
Technologie
Technologie Rekordfahrt auf Strom: Lucid überquert Alpen – E-Auto schafft 1205 Kilometer
09.07.2025

Ein neuer Reichweitenrekord zeigt, wie leistungsfähig moderne Elektroautos inzwischen sind: Ein Fahrzeug des US-Herstellers Lucid hat mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Grünes Image unter Druck: EU plant strengere Regeln für Umweltwerbung
09.07.2025

Begriffe wie „klimaneutral“ oder „biologisch abbaubar“ begegnen Verbraucherinnen und Verbrauchern inzwischen fast überall – von...