Politik

US-Firmen: Deutschland verliert an Wettbewerbsfähigkeit

In Deutschland tätige US-Unternehmen blicken mit Sorge auf die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes.
30.11.2023 10:09
Aktualisiert: 30.11.2023 10:09
Lesezeit: 2 min

Hohe Energiekosten, viel Bürokratie und schleppende Digitalisierung: US-Unternehmen sehen die Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik nach Einschätzung der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland (AmCham Germany) zunehmend kritisch.

Die Bewertung des Standorts habe sich im Jahresvergleich verschlechtert, sagte AmCham-Präsidentin Simone Menne der Deutschen Presse-Agentur vor einer transatlantischen Wirtschaftskonferenz am Donnerstag in Frankfurt. «Und für das kommende Jahr wird keine Verbesserung erwartet.»

«Ich sehe keinen Niedergang des Standorts Deutschland und auch keine Deindustrialisierung», sagte Menne. «Aber wir fallen derzeit zurück, und das macht allen Sorgen, auch unseren transatlantischen Partnern, die große Erwartungen an die größte Industrienation Europas haben.»

US-Firmen betrachteten Deutschland als einen der wichtigsten und attraktivsten Investitionsstandorte, sagte Menne. Die Unternehmen sähen die Größe des Absatzmarktes und die bisher hohe politische Stabilität mit Abstand als wichtigste Stärken hierzulande. Die größten 50 US-Firmen, darunter ExxonMobil, Amazon und Ford, hätten ihren Umsatz 2022 hierzulande um zehn Prozent gesteigert. Konzerne wie der Chiphersteller Intel in Magdeburg und der Pharmariese Eli Lilly in Alzey investieren Milliarden in neue Werke.

Klima-Regulierung bremst Wirtschaft aus

Doch die Unternehmen erwarteten «zuallererst und mit großem Abstand Erfolge beim Abbau von Bürokratie und Überregulierung», betonte Menne. «Den vielen Absichtserklärungen dazu müssen zeitnah Taten folgen.» Weitere Chancen lägen in einer deutlichen Beschleunigung der digitalen Transformation und schnelleren Verwaltungsentscheidungen.

Zudem seien die Energiepreise in Deutschland als Folge der Energiewende und immer neuer Klima-Sondersteuern schon seit Jahren im «internationalen Vergleich zu hoch und nicht wettbewerbsfähig».

Lesen Sie dazu: Erstes deutsches Stahlwerk bricht unter Last der exorbitanten Strompreise zusammen

US-Regierung lockt mit massiven Subventionen

Amerika hat für deutsche Unternehmen an Attraktivität gewonnen, auch weil die US-Regierung mit dem Inflation Reduction Act (IRA) ein Subventionsprogramm in dreistelliger Milliardenhöhe aufgelegt hat. Viele deutsche Konzerne, aber auch Mittelständler bauen ihr US-Geschäft aus. Die 50 größten deutschen Firmen in den USA haben nach AmCham-Daten ihren Jahresumsatz um mehr als 20 Prozent gesteigert und beschäftigten rund 612 000 Menschen.

«Die USA sind für deutsche Unternehmen aktuell und strategisch einer der wichtigsten Investitionsstandorte», sagte Menne - nicht nur wegen des IRA, sondern auch wegen des großen Binnenmarkts, niedriger Energiepreise und der Innovationsstärke der Vereinigten Staaten.

Die AmCham Germany setzt sich für die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und Deutschland ein. Auf der transatlantischen Konferenz am Donnerstag werden Vertreter aus Politik und Wirtschaft erwartet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Open Source: Warum Gemeinschaftsprojekte die Basis für Innovation bilden

Was einst als Nischenphänomen engagierter Entwickler begann, ist heute ein globales Innovationsökosystem, das von Freiwilligen,...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Aktienmarkt: Warum die nächste Rekordrally näher ist als der Crash
22.10.2025

Nach den Kursstürzen an den Börsen herrscht Unruhe, doch die Panik bleibt aus. Während regionale US-Banken wanken und Investoren über...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Chipkrise durch Nexperia-Lieferstopp: VW warnt vor möglichen Engpässen
22.10.2025

Die Krise um den Chip-Zulieferer Nexperia spitzt sich zu. VW schließt kurzfristige Engpässe nicht mehr aus.

DWN
Immobilien
Immobilien Preisdynamik am Mietmarkt: Mietanstieg auf Immobilienportalen schwächt sich ab
22.10.2025

Die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt ist hoch, doch die Preisdynamik verlangsamt sich. Was ist die Ursache? Der Experte des Kiel Instituts...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis auf Rekordniveau: Warum Anleger jetzt vorsichtig sein sollten
22.10.2025

Der weltweite Goldhandel boomt wie nie zuvor. Doch hinter glänzenden Preisen lauern Risiken: Gold kann entweder Sicherheit oder Rendite...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Sanierungsfall Webasto: Rettungsplan für den Autozulieferer scheint in trockenen Tüchern
22.10.2025

Der Rettungsplan für den Automobilzulieferer Webasto steht: Der für seine Autodächer und Standheizungen bekannte Zulieferer hat seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Luxus im Wandel: Exklusive Erlebnisse lösen materiellen Besitz als Statussymbol ab
22.10.2025

Der Luxusmarkt steht vor einem Wandel. Trotz steigender Vermögen der Superreichen schrumpfen traditionelle Segmente, während sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Höhere Strompreise im Winter? Behörden legen Bericht für Deutschland vor
22.10.2025

Ende 2024 schnellten die Strompreise zeitweise auf mehr als 900 Euro pro Megawattstunde. Haben Anbieter die Lage ausgenutzt?...

DWN
Finanzen
Finanzen „Sorgenkind“ Vollkasko: Autoversicherung verteuert sich weiter
22.10.2025

Eine Verivox-Auswertung zeigt Steigerungen deutlich über der Inflation. Immerhin im Vergleich zu den Anstiegen des vergangenen Jahres...