In einer Erklärung begründete das Parlament die Entscheidung mit der Abkehr von fossilen Brennstoffen und die damit verbundene Erwartung eines höheren Stromverbrauchs. Die Regierung von Ministerpräsident Ulf Kristersson hat den Ausbau der Atomkraft zu einem Regierungsziel erklärt, wie Reuters berichtet.
Kristersson hat den Ausbau der Kernenergie zu einem Hauptziel seiner rechtsgerichteten Regierung gemacht, nachdem die Schließung mehrerer Reaktoren das Land dazu gezwungen hatte, sich stärker auf weniger berechenbare erneuerbare Energien zu verlassen. Auch Sorgen um die Energiesicherheit vor dem Hintergrund des Konflikts mit Russland spielen eine Rolle.
Eigentlich hatten die Schweden 1980 in einem Referendum für eine Abkehr von der Kernenergie gestimmt. Ursprünglich waren auch doppelt so viele AKW in Betrieb wie heute. Der Umstieg auf erneuerbare Energiequellen brachte jedoch eine weniger verlässliche Versorgung mit sich. So führte am Mittwoch der Ausfall des AKW Ringhals 4 bei ungewöhnlich kaltem Wetter zu fast einjährigen Höchstständen beim Strompreis.
Die Regierung schätzt, dass die Abkehr von fossilen Brennstoffen bis 2045 zu einer mehr als doppelt so hohen Stromnachfrage von rund 300 Terawattstunden (TWh) führen wird. Die derzeitige Regierung möchte bis zu diesem Jahr zehn neue Reaktoren in Betrieb nehmen, von denen einige kleine modulare Reaktoren (SMR) sein könnten.
Seit der Ukraine-Krieg den Konflikt mit Russland eskaliert hat und der Westen eine Reihe von Sanktionen gegen russische Energie verhängt hat, erfährt die Kernenergie in Europa wieder viel Unterstützung, nicht nur weil sie eine bewährte Form der Energiegewinnung darstellt, sondern auch weil sie mitunter als Beitrag zum Klimakampf angesehen wird.
Anfang November gab die Schweiz bekannt, dass dass sie ihre vier Kernkraftwerke länger als bisher geplant in Betrieb halten will. Zwar hat das Land bereits im Jahr 2017 den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen, aber die Schweizer Regierung hat kein Datum für die Abschaltung der Kraftwerke festgelegt.
Vielmehr sollen die vier Werke so lange laufen, wie sie als sicher gelten. Die Betreiber Axpo und Alpiq haben die geplante Lebensdauer ihrer Anlagen bereits von 50 auf 60 Jahre erhöht, und eine weitere Verlängerung der Lebensdauer auf 80 Jahre wird derzeit geprüft. Die vier Schweizer Kernreaktoren erzeugen bis zu 40 Prozent des Stroms im Land.
Auch in den USA werden voraussichtlich mehr als 90 Prozent der bestehenden Kernreaktoren eine Betriebsdauer von mindestens 80 Jahren beantragen werden. Zudem wurde im Juli der erste neue Kernreaktor seit sieben Jahren in Betrieb genommen, der Reaktorblock 3 im Kraftwerk Vogtle in Waynesboro im US-Bundesstaat Georgia, wie CNBC berichtete.
Auch in anderen europäischen Ländern will man die Laufzeiten verlängern. So arbeiten Frankreich, Belgien und Finnland an Verlängerungen ihrer Reaktorflotten, da sie mit einem wachsenden Strombedarf rechnen und sich nicht allein auf erneuerbare Energien verlassen wollen. Dasselbe gilt für Rumänien, Bulgarien und Slowenien, die sogar den Bau neuer Anlagen planen.
Deutschland hingegen hat im April seine letzten Kraftwerke abgeschaltet und muss in der Folge nun Strom importieren. Vor der Abschaltung der deutschen Kernkraftwerke hatte Deutschland noch in großem Umfang Strom exportiert. Die meisten Importe kamen im ersten Halbjahr 2023 aus den Niederlanden und Frankreich.
Laut Umfragen sind 60 bis 70 Prozent der deutschen Bevölkerung gegen die sich vollziehende Fortsetzung des Atomausstiegs. Dass Deutschland bei der Kernenergie ins Hintertreffen gerät, ist ein großes Problem. Denn wer mit seinem energiepolitischen Sonderweg den Megatrend verschläft, der wird Jahrzehnte in Rückstand geraten. (Reuters/gu)