Finanzen

Zentralbanken: Von restriktiv auf neutral

Mainstream-Analysten erwarten ein vergleichsweise problemarmes Jahr 2024.
10.12.2023 16:02
Aktualisiert: 10.12.2023 16:02
Lesezeit: 2 min
Zentralbanken: Von restriktiv auf neutral
Der Vorsitzende der US-Notenbank, Jerome Powell. (Foto: dpa) Foto: Ting Shen

Ausblick von Maurizio Porfiri, CIO, CAT Financial Products:

Mit Blick auf das Inflationsjahr 2023 zeichnet sich ab, dass die US-Inflation für den von der FED bevorzugten Indikator, die Personal Consumption Expenditures Inflation (PCE-Inflation), die einen breiteren Warenkorb abbildet als der gängige CPI-Indikator, bis Ende des Jahres auf 2,4 % sinken dürfte.

Dies deutet auf eine gewisse Stabilisierung der Preisentwicklung hin, wobei insbesondere Mieten und Nebenkosten aufgrund von Angebotsengpässen den stärksten Rückgang verzeichnen.

Bemerkenswert ist, dass trotz dieser rückläufigen Tendenzen einige Sektoren, wie z.B. das Gesundheitswesen und andere Dienstleistungen, weiterhin ein hohes Inflationsniveau aufweisen. Dies könnte auf spezifische strukturelle und nachfrageseitige Faktoren in diesen Sektoren zurückzuführen sein, die einen anhaltenden Preisdruck aufrechterhalten.

Abwarten ist angesagt

Insbesondere für die Federal Reserve (FED) und die Europäische Zentralbank (EZB) erwarten wir, dass beide Institutionen die Zinssätze im vierten Quartal 2023 und im ersten Quartal 2024 unverändert lassen. Diese Prognose signalisiert eine gewisse Kontinuität in der aktuellen Politik und könnte auf den Wunsch hindeuten, die wirtschaftliche Stabilität aufrechtzuerhalten.

Die interessante Wendung liegt in der Erwartung erster Zinssenkungen, die für die zweite Jahreshälfte 2024 prognostiziert werden. Es wird sogar spekuliert, dass es bereits im zweiten Quartal 2024 zu kleineren Anpassungen kommen könnte. Dies deutet darauf hin, dass die Zentralbanken eine vorsichtige Lockerung ihrer Geldpolitik in Erwägung ziehen, um auf potenzielle wirtschaftliche Herausforderungen und Unsicherheiten zu reagieren.

Der Übergang von einer straffen zu einer lockeren Geldpolitik signalisiert eine proaktive Herangehensweise der Zentralbanken an die sich verändernden wirtschaftlichen Bedingungen. Der Fokus auf das zweite Halbjahr 2024 und mögliche kleinere Anpassungen im zweiten Quartal 2024 unterstreichen die Dynamik und Flexibilität, die die Zentralbanken bei ihren geldpolitischen Entscheidungen beibehalten wollen.

Die Bank of Japan, die bisher keine Zinserhöhungen vorgenommen hat, bleibt auf dem Radar der Anleger. Hier wurden bisher nur kleinere Anpassungen an der sogenannten Yield Curve Control Methodik (YCC) vorgenommen. Eine Wende hin zu Zinserhöhungen ist nicht zu erwarten, weitere kleinere Anpassungen der Geldpolitik sind aber durchaus möglich.

Rezession abgeblasen?

Bezüglich der für 2023 von vielen Seiten erwarteten Rezession hat sich eine deutliche Verbesserung ergeben. Die Wahrscheinlichkeit musste kontinuierlich nach unten korrigiert werden.

Diese Anpassungen spiegeln ein gewisses Vertrauen in die Widerstandsfähigkeit des aktuellen Konjunkturzyklus wider. Trotz dieser positiven Anpassungen halten wir die Rezessionswahrscheinlichkeit nach wie vor für zu hoch, insbesondere in den USA, wo der aktuelle Zyklus eine bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit gegenüber einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aufweist.

Diese Einschätzung beruht auf der Beobachtung, dass die US-Wirtschaft robust erscheint und sich gegenüber den potenziellen Auslösern einer Rezession als widerstandsfähig erweist.

Unsere aktuellen Prognosen für die Wahrscheinlichkeit einer US-Rezession innerhalb eines Jahres liegen eher im Bereich von 15-20%. Diese moderaten Einschätzungen spiegeln ein gewisses Maß an Unsicherheit und die Berücksichtigung potenzieller Risiken wider, unterstreichen aber gleichzeitig das Vertrauen in die Stabilität des derzeitigen wirtschaftlichen Umfelds.

Obwohl die Risiken abnehmen, ist weiterhin Vorsicht geboten, und die Wahrscheinlichkeit einer Rezession muss ständig sorgfältig neu bewertet werden. Die Grafik zeigt ein eher umgekehrtes Bild unserer Erwartungen. Wir schätzen die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in Europa höher ein als in den USA. Hier ist insbesondere die Wirtschaftsleistung Deutschlands zu beobachten, die stark eingebrochen ist.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik US-Zölle als Wirtschaftskrieg: Trump zielt auf Europas Wohlstand
15.07.2025

Mit 30-Prozent-Zöllen will Donald Trump die europäische Wirtschaft in die Knie zwingen – und trifft damit ausgerechnet die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas seltene Chance: Schwedisches Metallvorkommen soll Abhängigkeit von China brechen
15.07.2025

In Schwedens Norden liegt Europas größte Hoffnung auf Rohstoffsouveränität. Doch der Fund der Seltenen Erden birgt Zielkonflikte,...

DWN
Immobilien
Immobilien Grunderwerbsteuer sparen: So zahlen Käufer weniger beim Immobilienkauf
15.07.2025

Der Kauf einer Immobilie wird schnell teurer als geplant – oft durch hohe Nebenkosten. Besonders die Grunderwerbsteuer kann kräftig...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Zuckerberg kündigt Mega-Rechenzentren an
15.07.2025

Mark Zuckerberg treibt den KI-Wettlauf in eine neue Dimension. Der Meta-Chef kündigt gigantische Rechenzentren an und will dabei selbst...

DWN
Politik
Politik Jetzt unterstützt Trump die Ukraine: Ist das die Wende?
15.07.2025

Donald Trump vollzieht die Wende: Plötzlich verspricht er der Ukraine modernste Waffen – auf Europas Kosten. Russland droht er mit...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche fahren wieder mehr Auto
15.07.2025

Deutschland erlebt eine Kehrtwende beim Autofahren: Nach Jahren des Rückgangs steigen die gefahrenen Kilometer wieder – obwohl einzelne...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldverbot 2025: Panikmache oder reale Gefahr für Ihr Gold?
15.07.2025

Mehrere Goldhändler warnen vor einem staatlichen Zugriff auf Barren und Krügerrands – Millionen Anleger fürchten um ihre Ersparnisse....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zölle sollen bleiben – weil er sie als Erfolg verbucht
15.07.2025

Donald Trump sieht seine Zollpolitik als Erfolg – und will sie verschärfen. Was der transatlantische Handelskrieg für Europa,...