Geldanlagen rentieren unterschiedlich. Mal steigen Aktien rascher an, dann wieder Anleihen. Auch innerhalb einer Anlageklasse wie Aktien rentieren einzelne Aktien oder Fonds besser.
In einem solchen Fall können Anleger die Gewichtung der einzelnen Anlageklassen oder Wertpapiere wieder auf die ursprüngliche Aufteilung zurückstellen – etwa auf 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Anleihen bei einem 60/40-Portfolio.
Laut dem Portfoliomanager Leandro Barulli von Top Vermögen sollten Anleger „auf jeden Fall“ rebalancen. Einige Anlageklassen würden längerfristig besser rentieren als andere – etwa Aktien besser als Anleihen, erklärt der Finanzökonom schriftlich gegenüber DWN.
Bis zu 0,4 Prozent Mehrrendite pro Jahr
Daher werde der Anteil der besser rentierenden Analagen automatisch höher. „Da Rendite und Risiko unmittelbar miteinander verknüpft sind, bedeutet dies allerdings auch, dass die Schwankung im Portfolio ohne aktiven Eingriff stetig erhöht wird“, schreibt Barulli.
Außerdem würden Rebalancing-Anleger antizyklisch investieren. Wertpapiere, die besonders gut gelaufen sind, würden verkauft und durch günstige Wertpapiere ersetzt. „Frei nach dem Motto: Der Gewinn liegt ja bekanntlich im Einkauf“, erklärt Barulli.
Wer innerhalb einer Anlageklasse umschichtet – etwa zwischen einem Industrieländer-Aktienfonds und einem Schwellenländer-Aktienfonds – kann sogar eine Mehrrendite erwarten. Laut Barulli berichten Studien einen Rebalancing-Bonus zwischen 0,1 bis 0,4 Prozentpunkten pro Jahr. Das könne sich über einen Zeitraum von 30 Jahren auf einen Vermögensvorteil von 12 Prozent aufsummieren.
Doch auch Rebalancing zwischen Anlageklassen kann sinnvoll sein. Die Ratingagentur Morningstar verglich in einer Analyse aus dem Jahr 2020 fünf Rebalancing-Strategien mit einem „Buy and Hold“-Portfolio (kein Umschichten). Dabei ging Morningstar von einem 60/40-Portfolio von US-Aktien und -Anleihen aus (S&P 500 und Bloomberg Barclays US Aggregate Bond Index).
Über die 15 Jahre bis Mai 2020 entwickelten sich alle Rebalancing-Portfolios besser als das „Buy and Hold“-Portfolio, wenn man die Rendite um die jeweilige Kursschwankungsintensität (Volatilität) bereinigt. Das Chance-Risiko-Maß Sharpe Ratio lag je nach Strategie bei 0,68 bis 0,72, während Buy and Hold etwas schwacher lief (0,63).
Auch der maximale Verlust war bei Buy and Hold größer. Etwa betrug er im Corona-Crash vom März 2020 knapp 28 Prozent, während die fünf Rebalancing-Strategien bloß circa 21 Prozent einbüßten (vor Steuern und Transaktionskosten).
Morningstar untersuchte einen Anleger, der in einem bestimmten Kalender-Rhythmus auf die ursprüngliche Aufteilung von 60/40 zurückstellt (täglich, monatsweise, quartalsweise, einmal im Jahr). Bei einer weiteren Strategie wurde umgeschichtet, sobald das Gewicht einer Anlageklasse um 5 Prozent gestiegen oder gefallen war – zum Beispiel sobald Aktien mehr als 63 Prozent Portfolio-Anteil hatten (auch Bandmethode genannt).
Wie betreibt man Rebalancing richtig?
Leandro Barulli hält es nicht für entscheidend, ob Anleger die Kalendermethode oder die Bandmethode anwenden. Wer als Privatanleger wenig Zeit habe, solle sich an die Kalendermethode halten, empfiehlt er.
„Das bedeutet, immer zu einem bestimmten Datum das Rebalancing durchzuführen, beispielsweise immer im Dezember, wenn es zumeist privat auch ruhiger ist.“ Bei seiner Tätigkeit als Vermögensverwalter bevorzuge er hingegen die Bandmethode, um Transaktionskosten zu minimieren.
Forscher des US-Vermögensverwalters Vanguard berichten in einer Studie, dass jährliches Rebalancing optimal sei, solange Privatanleger nicht Steuerverluste ernten wollten – also Verluste absichtlich realisieren, um diese mit Gewinnen steuerlich zu verrechnen.
Quartalsweise oder alle zwei Jahre sei weniger optimal. Jährliches Umschichten ermögliche es Anlegern, „die Aktienrisikoprämie zu ernten und verursacht gleichzeitig geringere Transaktionskosten als häufigeres Rebalancing“.
Die Vanguard-Forscher simulierten die Zukunft mit einem Wahrscheinlichkeitsmodell, bei dem etwa zufällige Aktienrenditen, Kursschwankungen und Transaktionskosten über eine hohe Zahl an Zufallsexperimenten generiert wurden, um zu schauen, welche Rebalancing-Strategie über lange Zeiträume am besten funktioniert.
Dabei berücksichtigten sie unter anderem, dass die Wertpapier-Handelskosten in Marktkrisen steigen und intensive Kursschwankungen meist kurz nacheinander auftreten. Laut den Forschern kommen Rebalancing-Studien aber zu widersprüchlichen Ergebnissen, was die optimale Methode ist.
Leandro Barulli empfiehlt Privatanlegern, den Verkauf von Anteilen zu vermeiden und stattdessen neue Gelder in untergewichtete Wertpapiere zu investieren. Das sei steuerlich von Vorteil.
Verkaufen sollte man Wertpapiere bloß, wenn man nicht mehr Vermögen aufbaue oder wenn man ein großes Portfolio besitze und die neuen Mittel nicht ausreichen würden, um die ursprüngliche Vermögensaufteilung wiederherzustellen. Das gelte selbst, wenn bei einem Verkauf Kapitalertragssteuern fällig würden. „Strategische Themen sollten immer Vorrang vor steuerlichen haben.“
Mit einem Trick lassen sich Barulli zufolge auch Steuern vermeiden. Bevor man Gewinne bei Wertpapier A realisiere, könne man ein im Minus stehendes Wertpapier B verkaufen und anschließend sofort wieder kaufen. „Dadurch wird mir ein Verlust von Wertpapier B in den sogenannten steuerlichen Verlustverrechnungstopf eingestellt, der mit dem später dann realisierten Gewinn von Wertpapier A verrechnet werden kann“, erklärt der Starnberger.
Allerdings solle man auf die Handelskosten achten, die gegenüber dem Depotanbieter und der Börse fällig würden. „Ist die Position im Vergleich zu den anfallenden Transaktionskosten beziehungsweise der Steuerbelastung zu klein, sollte man lieber den Steuerabzug in Kauf nehmen.“
Quellen:
www.morningstar.com.au/insights/personal-finance/203789/why-rebalancing-almost-always-pays-off