Finanzen

Schnäppchen bei Auktionen: Salzwiese und Hünengrab auf Sylt im Sonderangebot

Lesezeit: 3 min
18.12.2023 09:59  Aktualisiert: 18.12.2023 09:59
Die diesjährige Winter-Versteigerung der Deutschen Grundstücks-Auktionen AG in Berlin sorgte mal wieder für spannende Momente. Eine Luxus-Wohnung in einem Wasserturm lockte Interessenten in den Saal und weckte Neugier bei zahlreichen Besuchern online. Die Ergebnisse der Verkaufsveranstaltung waren durchwachsen, für viele Immobilien gab es gar kein Gebot. Skurrile Grundstücke beflügelten bei Beobachtern die Fantasie.
Schnäppchen bei Auktionen: Salzwiese und Hünengrab auf Sylt im Sonderangebot
Punk auf einer Sylter Wiese: Idyllische Grundstücke auf Deutschlands teuerster Insel gab es bei den Deutschen Grundstücks Auktionen im Sonderangebot. (Foto. dpa)
Foto: Daniel Bockwoldt

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Hoch hinaus ging es im Tagungssaal des Abba-Hotels gleich mehrfach - bei den Treppenstufen im Nauener Wasserturm, ins Obergeschoss einer Eigentumswohnung des mit 100 Meter hohen Wiking-Turms in Schleswig an der Schlei oder einfach nur beim Höher und Weiter des Bieterverfahrens.

Grundstücksauktionen wie beim größten deutschen Auktionshaus DGA Ende der Woche oder auch bei der Berliner Konkurrenz von Karhausen am 4. und 5. Dezember rücken wieder verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit, seitdem sich Käufer und Verkäufer am normalen Immobilienmarkt krisenbedingt eher in Zurückhaltung üben. 69 Immobilien aus elf Bundesländer galt es an den Mann zu bringen, geklappt es nur zum Teil. Die Zeiten nach der Wiedervereinigung, wo die neuen Bundesländern unter den Hammer kamen, sind vorbei. Bei klassischen Anlageobjekten ist fast nur noch die Resterampe zu bewundern.

Marktlage durchwachsen, doch auch überraschend

Die beiden DGA-Vorstände Michael Plettner und Carsten Wohlers gaben sich im Vorfeld entsprechend zugeknöpft, was die Erfolgsaussichten und die allgemeine Marktlage anbelangt. In der Corona-Zeit war viel los, „womöglich aus Langeweile", wie eine Mitarbeiterin meinte. Doch die Hoffnung ist unvermindert, wenn es vierteljährlich einen neuen Katalog gibt und mal wieder überraschende Einlieferungen: Man weiß wirklich nie ganz genau, ob es bei der ein oder anderen Immobilie nicht doch hoch hergeht im Saal und die Bieter-Telefone vor Entzückung heiß glühen.

Schnäppchen werden auf derlei Veranstaltungen gesucht und gefunden. Selbst in Kampen auf der Nordsee-Insel Sylt, einem der teuersten Flecken der Republik, gab es diesmal ausgewählte Latifundien für unter 50,000 Euro. Man muss ja nicht gleich erwarten, dort bauen zu können. Am Puck Deel am Rande von Kampen wurde etwa eine saftige Wiese samt dem Hügel eines Hünengrabs anonym für gerade mal 35,000 Euro angepriesen. Drei Telefonbieter buhlten energisch um das denkmalgeschützte „Turndeelhoog“ mit einem Megalithgrab in Form eines Rechteckdolmen aus der Jungsteinzeit. Einer drang durch.

Reet-Ernte am Wattenmeer als Dividende

Auf die restlichen 6000 Quadratmeter kommt es kaum noch ab. Bei 48,000 Euro fiel der Hammer zum dritten Mal. Ob das über einen Reitweg zugängliche Wiesengelände künftig einem der gut 500 Kampener Bewohner als exklusive Yoga-Wiese dient wird sich zeigen. „Auf den Grabhügel darf man jedenfalls nicht hoch, das steht unter Höchststrafe“, wusste ein namhafter Anwalt aus der Kampener Nachbarschaft zu berichten. Schließlich waren es früher mal acht Hünengräber auf dem (zum Wattenmeer abfallenden) Gelände - die meisten wurden im Krieg frevelhaft militärisch genutzt und dabei zerstört und abgetragen.

Lage, Lage, Lage! So heißt es bekanntlich in Immobilienkreisen. Eine romantische Salzwiese am Zipfel des benachbarten Städtchen Westerland war da mit gerade mal 12,000 Euro weit weniger begehrt - es gab nur ein einziges Mindestgebot und prompt den Zuschlag. Allen drei Grundstücken auf der Insel der Schönen und Reichen gemein war ein nicht zu unterschätzender und prestige-trächtiger Bonus, die Mitgliedschaft der örtlichen Jagdgenossenschaft. Die Käufer gehören nun doch irgendwie dazu, zum erlauchten Kreis der auserwählten Sylter. Ein Punk, der Böses dabei denkt.

Mitgliedschaft in der Jagd-Genossenschaft inklusive

Ein gut 5000 Quadratmeter großes Areal zwischen Wattenmeer und Mischwäldchen, erkennbar an einem (auf dem vorbeiführenden Radweg) angebrachten Mülleimer der Gemeindeverwaltung, bietet dem Käufer immerhin nun etwas Rendite. Ausdrücklich erlaubt ist dort, wertvolles Reet im Schilfgürtel zu ernten. 30 Prozent des jährlichen Wachstums darf geschnitten werden, teilte die Verwaltung mit. Das Flurstück wurde folglich von 9000 Euro auf 22,000 Euro hochgesteigert.

Ob die Jagdgenossenschaft im Wäldchen dahinter scharf schießt oder unten am Watt auf Wildenten und Tölpel, diese Frage ließ das Auktionshaus unbeantwortet. Auf dem Sturmflut-gefährdeten Grundstück im Flora-Fauna-Habitat-Gebiet, das Normalsterbliche eigentlich gar nicht betreten dürfen, könnte der neue Eigentümer aber auch einfach Muße halten und in die Ferne blicken.

Besonders hoch waren die Umsätze auch bei richtigen Gebäuden nicht. Ein Wohnhaus in Hannover Groß Buchholz, nicht die schlechteste Lage am Mittellandkanal, wurde für 295,0000 Euro feilgeboten und verfehlte trotzdem den Markt und blieb ohne Gebot. Ein Dachgeschoss in Bremerhaven für 75,000 Euro wurde gleichfalls ignoriert. In Langenzenn bei Fürth ging ein gepflegtes Einfamilienhaus für 150,000 Euro über den Notar-Tisch - ohne Gegenwehr. „Ein Schnäppchen“, ließ sich sogar die sonst eher nüchtern-zurückhaltende Auktionatorin entlocken, sie würde nicht einziehen wollen.

Eine landwirtschaftliche Delegation aus den Niederlanden griff länderübergreifend gleich mehrfach zu. Für 10,000 Euro ergatterten sie einen denkmalgeschützten Dreiseitenhof im Thüringer Bach-Städtchen Arnstadt und in Wittingen im Landkreis Gifhorn (Niedersachsen) eine moderne Biogasanlage, die noch bis Juni 2023 in Betrieb war. Den ließen sich die Holländer 254,000 Euro kosten, völlig ungerührt von Anstrengungen eines Telefonbieters, der bei 175,000 Euro eingestiegen war.

Wie Hauptmanns Beschreibung von "Bahnwärter Thiel"

Der Traum des Bahnwärters Thiel in einen leer stehenden Bahnhof in Grischow nahe der mecklenburgischen Seenplatte zu leben, wurde für einen älteren Herren ganz unvermittelt wahr. Ganz zuletzt nach einem eher spärlichen Bieter-Gefecht hob er zu guter letzt die Hand und quittierte, perplex und achselzuckend zugleich, den Zuschlag für schlappe 9000 Euro. Das ist weniger als ein alter VW Golf, da kann man doch nichts falsch machen.

Zum Autor:

Peter Schubert ist stellvertretender Chefredakteur. Seit dem 1. November schreibt er bei den DWN über Immobilien, Politik und Wirtschaft.



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