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Maschinenbau in der Krise? 2024 drastischer Produktionsrückgang erwartet

Steht die Zukunft der deutschen Industrie auf dem Spiel? Der Maschinenbau, einst Motor der deutschen Wirtschaft, steht vor einer beispiellosen Herausforderung. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) prognostiziert für das Jahr 2024 einen signifikanten Produktionsrückgang – ein Wendepunkt für eine Branche, die lange als das solide Fundament der deutschen Wirtschaft galt.
29.01.2024 13:29
Aktualisiert: 29.01.2024 13:29
Lesezeit: 3 min
Maschinenbau in der Krise? 2024 drastischer Produktionsrückgang erwartet
Steht die Zukunft der deutschen Industrie auf dem Spiel? Der Maschinenbau, einst Motor der deutschen Wirtschaft, steht vor einer beispiellosen Herausforderung. (Foto: dpa) Foto: Jan Woitas

Die deutsche Industrie steht an einem kritischen Wendepunkt. Der Maschinen- und Anlagenbau, mit einem Jahresumsatz von rund 94 Milliarden Euro Deutschlands zweitgrößte Branche und einem Beitrag von 3,5Prozent zum Bruttoinlandsprodukt, sieht sich einer beispiellosen Herausforderung gegenüber.

Trotz einer bis Oktober 2023 stabilen Produktion, gestützt durch hohe Auftragsbestände und einer Entspannung im Bereich der Lieferketten, zeichnet sich nun ein dramatischer Umbruch ab. Nach Jahren des kontinuierlichen Wachstums und der Stabilität muss sich die Branche auf einen prognostizierten Produktionsrückgang von 4 Prozent im Jahr 2024 einstellen.

Karl Haeusgen, Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA), schlägt Alarm: Im dritten Quartal verfehlte die Produktion das Vorjahresniveau um 1,6-Prozent und auch das vierte Quartal verlief schlecht. Dies könnte das Ende der goldenen Ära des deutschen Maschinenbaus bedeuten.

Das zentrale Problem: Die sinkenden Auftragsbestände können die Produktion immer weniger stützen, während Neuaufträge ausbleiben. Dies führte in den ersten zehn Monaten des Jahres 2023 zu einem realen Rückgang der Auftragseingänge um 13-Prozent. Laut einer VDMA-Umfrage liegt die Auftragsreichweite bei 60-Prozent der Unternehmen bereits unter dem langjährigen Durchschnitt.

Zusätzlich bleibt die Investitionstätigkeit in Schlüsselmärkten wie den USA und China schwach; und auch im Inland trüben sich die Investitionserwartungen ein. Hinzu kommt, dass der Ukraine-Krieg und die hohe Inflation die Nachfrage nach Maschinen und Anlagen bremsen.

Maschinenbau in Not: Umsatzeinbrüche und Jobverluste läuten Alarmglocken in Deutschlands Wirtschaft

Die Krise hat schon jetzt konkrete Auswirkungen auf die Branche. Im Jahr 2023 sind die Umsätze und Gewinne deutlich gesunken, in der Folge gingen rund zwanzigtausend Arbeitsplätze verloren. Zudem zeigte eine Umfrage des ifo Instituts, dass sich die Wettbewerbsposition deutscher Maschinenbauer deutlich verschlechtert hat. Besonders alarmierend: 62-Prozent der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU ) erwarten eine Verschärfung ihrer wirtschaftlichen Lage.

Angesichts dieser besorgniserregenden Aussichten macht sich der VDMA stark für eine industriefreundliche und langfristig verlässliche Standortpolitik. Gefordert wird eine Reduzierung von Regulierung und Bürokratie, um Unternehmen mehr Innovationsraum zu bieten – ein wesentlicher Schlüssel zur Belebung von Investitionen.

Karl Haeusgen unterstreicht die Dringlichkeit: „Eine Politik (…), die alles regulieren und finanzieren will, läuft gegen die Wand. Es ist allerhöchste Zeit dafür, der sozialen Marktwirtschaft wieder mehr zu vertrauen, Regulierung und Bürokratie zurückzudrängen, den Unternehmen wieder mehr Freiräume für ihre Innovationen und auch den einzelnen Bürgern wieder mehr Freiheit und Verantwortung zu geben“, so der VDMA-Präsident.

Besonders kritisch wird das Europäische Lieferkettengesetz betrachtet. Sollte der Entwurf des Parlaments umgesetzt werden, würde dies eine weitreichende Überwachung der Lieferanten und ihrer Kunden nach sich ziehen. Haeusgen hält es für unrealistisch, von Unternehmen zu erwarten, dass sie ihren Kunden Vorschriften über den Einsatz von Maschinen machen. Er äußert Bedenken, dass das Gesetz insbesondere für KMU eine unzumutbare Belastung darstellt, da diese oft nicht die nötige Marktmacht besitzen, um die Anforderungen zu erfüllen.

Maschinenbaukrise 2024: Die aktuelle Lage muss ein Weckruf für die Politik sein!

Deutschlands Politik kann es sich nicht leisten, die aktuelle Lage zu ignorieren. Die Branche ist ein wichtiger Treiber des Wirtschaftswachstums und der Innovation. Ein Kollaps des Maschinenbaus wäre ein großes Risiko für die wirtschaftliche Stabilität Deutschlands. Das ifo-Institut verzeichnete für 2023 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent – ein deutliches Zeichen der tiefgreifenden Unsicherheit, die fast alle Sektoren erfasst hat. Und die Aussichten sind alles andere als rosig: Laut Prof. Dr. Timo Wollmershäuser vom ifo-Institut ist auch für 2024 keine schnelle Erholung in Sicht.

Ein umfassender, wohlüberlegter Ansatz in der Wirtschaftspolitik ist jetzt unerlässlich. Oberflächliche Lösungen reichen nicht mehr aus – innovative und nachhaltige Strategien sind gefragt, um das wirtschaftliche Überleben zu sichern. Es gilt, die Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft zu intensivieren und stabile Rahmenbedingungen für Unternehmen zu schaffen. Andernfalls drohen langfristige negative Konsequenzen für den Wirtschaftsstandort Deutschland: Investitionsrückgänge, gebremstes Wachstum und eine Schwächung der Innovationsdynamik stehen auf dem Spiel.

Konkrete Maßnahmen sollten Steuererleichterungen für KMU, zielgerichtete Förderprogramme gegen den Fachkräftemangel und den Abbau unnötiger Bürokratie beinhalten. Investitionen in Bildung und Infrastruktur sind ebenso wichtig wie ein konstruktiver Dialog zwischen Unternehmern und politischen Entscheidungsträgern. Nur so kann der Maschinenbau seine Rolle als zuverlässiger Motor der deutschen Wirtschaft beibehalten und sich den Herausforderungen auf den globalen Märkten stellen. Die Förderung von Innovationen und die Erleichterung des Zugangs zu internationalen Märkten sind entscheidend, um nicht nur den aktuellen Druck von den Unternehmen zu nehmen, sondern auch langfristig eine robuste Wirtschaftsstruktur zu etablieren.

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