Politik

Union fordert vom Kanzler Sofortmaßnahmen zur Belebung der Wirtschaft

In einem Brief an den Bundeskanzler haben CDU-Chef Friedrich Merz und der Chef der Landesgruppe der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, Sofortmaßnahmen zur Belebung der Wirtschaft gefordert. Das Echo ist verhalten.
11.02.2024 13:37
Lesezeit: 3 min

In einem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schlägt die Fraktionsspitze der Union ein Sofortprogramm vor, um Deutschland aus der Rezession zu führen. Zu den zwölf Maßnahmen für die kommenden zwei Monate, die Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in ihrem am Freitag verfassten Schreiben auflisten, zählen unter anderem eine dauerhafte Senkung der Stromsteuer auf das europäische Minimum sowie stärkere Sanktionen für die verweigerte Arbeitsannahme von Bürgergeld-Beziehern. Außerdem wirbt das Duo für eine Gesetzesänderung, wonach ein unternehmerisches Vorhaben immer dann automatisch als genehmigt gelten soll, wenn die zuständige Behörde nach drei Monaten noch nicht darüber entschieden hat.

Steuerfreier Lohn für Rentner

Neue Subventionen sind nicht Teil der in dem Schreiben aufgelisteten kurzfristigen Maßnahmen, die aus Sicht der Union neben mittel- und langfristigen Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit nötig sind. Dafür schlagen Merz und Dobrindt vor, die Sozialabgaben wieder auf maximal 40 Prozent des Bruttolohns zu begrenzen, Überstunden von Vollzeitbeschäftigten steuerlich zu begünstigen und die ersten 2000 Euro Arbeitseinkommen im Jahr für Rentner steuerfrei zu stellen. Ferner werben sie für ein „Belastungsmoratorium“. Das soll dafür, dass für Wirtschaft und Bürger bis Ende 2025 keinerlei zusätzliche Bürokratie entsteht.

Wie das Loch im Haushalt gestopft werden sollte, dass durch die von ihnen vorgeschlagenen Steuersenkungen entstehen würde, oder ob Ausgabenkürzungen hier ausreichen würden, darauf gehen die beiden Unionspolitiker in ihrem Brief nicht ein. Klar wird aber: Sie setzen darauf, dass die Maßnahmen ein Wirtschaftswachstum auslösen würden, was in der Folge dann zu einem erhöhten Steueraufkommen führen würde.

Ampel-Politiker verweisen auf Wachstumschancengesetz

„Wenn die Union die Vorschläge ernst meint, begrüßen wir das“, sagt FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer. Teile der Vorschläge deckten sich mit der FDP-Programmatik. Es sei aber unseriös, jetzt, nachdem der Haushalt für 2024 beschlossen sei, Maßnahmen ohne Gegenfinanzierung vorzuschlagen. Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz und dem Wachstumschancengesetz habe die Ampel bereits Maßnahmen für eine wettbewerbsfähigere Wirtschaft beschlossen.

Sowohl Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) als auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) wollen Unternehmen entlasten - aber sie haben unterschiedliche Vorstellungen. Habeck hatte zuletzt ein milliardenschweres, schuldenfinanziertes Sondervermögen ins Spiel gebracht. So nannte der Vizekanzler die Möglichkeit, Steuergutschriften und steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten zu schaffen. Lindner lehnt mehr Schulden dagegen ab.

Die Union schlägt in ihrem Maßnahmenpaket, das sie in der kommenden Sitzungswoche auch im Bundestag zur Beratung einbringen will, eine spürbare Senkung der Belastung der Unternehmen vor. Etwa über eine Senkung der Steuern für Unternehmensgewinne, die im Unternehmen verbleiben, auf 25 Prozent. Dobrindt und Merz warnen in ihrem Brief: „Unserem Land drohen Wohlstandsverluste in einem bisher nicht gekannten Ausmaß.“

Distanzierter Ton

Wie ein Appell oder eine Bitte klingt ihr Schreiben nicht. Es liest sich eher wie ein Forderungskatalog. Vielleicht speist sich das Selbstvertrauen der beiden Unionspolitiker aus aktuellen Wählerumfragen. Demnach könnten CDU und CSU auf rund 30 Prozent der Stimmen hoffen, wenn jetzt schon Bundestagswahl wäre - doppelt so viel wie die SPD.

Im September hatte Scholz den Ländern und der „demokratischen Opposition“ einen Pakt zur Modernisierung Deutschlands vorgeschlagen, der auch das Thema Migration umfassen sollte. CDU-Chef Merz schloss der Kanzler damals ausdrücklich in sein Angebot ein. In der Folge gab es zwei Treffen der beiden Politiker, an einem nahm auch Dobrindt teil. Nach der Bund-Länder-Einigung auf ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der irregulären Migration kündigte Merz die Mitarbeit an einem „Deutschlandpakt“ im November auf und sagte: „Ich erkenne im Augenblick beim Bundeskanzler keine Bereitschaft, die Gespräche mit uns substanziell fortzusetzen.“ Scholz warf Merz später vor, er sei empfindlich wie eine Mimose.

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Verena Hubertz sagte hierzu: „Natürlich schauen wir uns die Vorschläge genau an und beziehen sie in unsere Erwägungen mit ein.“ Besser wäre es allerdings gewesen, die Verfasser des Briefes hätten Vorschläge zur Gegenfinanzierung gleich mitgeliefert.

Dass Merz jetzt in einem Brief Wachstumsimpulse anmahne, sei absurd, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Andreas Audretsch. Er schlug vor: „Wenn Friedrich Merz etwas für die Wirtschaft tun will, sollte er der Einigung beim Wachstumschancengesetz zustimmen.“

Das Wachstumspaket der Ampel-Koalition zum Ankurbeln der stagnierenden deutschen Wirtschaft hat der Bundesrat in den Vermittlungsausschuss geschickt. Das Gesetz sieht steuerliche Entlastungen für Unternehmen bis 2028 und eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren vor. Neben anderen Kritikpunkten waren den Ländern die daraus resultierenden finanziellen Belastungen für Länder und Kommunen zu hoch.

Haseloff will mehr Schulden

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) warb unterdessen dafür, im Bund die Haushaltsnotlage auszurufen, um mit neuen Schulden die Wirtschaft anzukurbeln. „Wenn die Bundesregierung die Notlage erklären würde, könnte das für großen Schwung in der Wirtschaft sorgen“, sagte Haseloff. Es brauche dringend Impulse, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bekommen. Dazu zählte Haseloff auch mögliche Steuersenkungen.

Durch das Ausrufen der Haushaltsnotlage kann die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ausgesetzt werden. Sie sieht vor, dass die Haushalte von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind. Bei Naturkatastrophen oder anderen Notsituationen kann die Schuldenbremse ausgesetzt werden.

Merz betonte unterdessen, die Union im Bundestag ziehe an einem Strang. In einer E-Mail an Anhänger schrieb er am Wochenende: „Wenn die Ampel weiter streitet, dann muss wenigstens die CDU/CSU-Bundestagsfraktion geschlossen und handlungsfähig auftreten.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Silicon Valley wankt: Zölle, Zoff und zerplatzte Tech-Träume
08.05.2025

Während Europa auf seine Rezession zusteuert und China seine Wirtschaft auf staatlicher Kommandobasis stabilisiert, gibt es auch im sonst...

DWN
Panorama
Panorama Verkehrswende: Ariadne-Verkehrswendemonitor zeigt Entwicklung auf
08.05.2025

Wie sich die Verkehrswende in Deutschland aktuell entwickelt, ist nun auf einer neuen Onlineplattform des Potsdam-Instituts für...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation bewältigen: 7 Strategien für finanzielle Stabilität, weniger Belastung und einen nachhaltigeren Lebensstil
08.05.2025

Wer die eigenen Ausgaben kennt, kann gezielt handeln. So behalten Sie die Kontrolle über Ihr Geld. Mit Budgetplanung und klugem Konsum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Maschinenbau: Bedeuten die Trump-Zölle das Ende einer deutschen Schlüsselindustrie?
08.05.2025

Der Maschinenbau befindet sich seit Jahren im Dauerkrisenmodus. Nun droht die fatale Zollpolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump zum...

DWN
Politik
Politik Anti-Trump-Plan: Halbe Milliarde Euro für Forschungsfreiheit in Europa
08.05.2025

Während US-Präsident Trump den Druck auf Hochschulen erhöht, setzt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf gezielte Anreize...

DWN
Technologie
Technologie Bitkom-Umfrage: Deutsche kritisieren Abhängigkeit von KI-Anbietern aus dem Ausland
08.05.2025

Die Bevölkerung in Deutschland verwendet zunehmend Anwendungen auf Basis künstlicher Intelligenz. Gleichzeitig nimmt die Sorge über eine...

DWN
Politik
Politik Migrationspolitik: Wie die Neuausrichtung an den deutschen Außengrenzen aussehen könnte
08.05.2025

Das Thema illegale Migration und wer bei irregulärer Einreise an deutschen Landesgrenzen zurückgewiesen wird, beschäftigt die Union seit...

DWN
Politik
Politik Ungenutztes Potenzial: Biokraftstoffe könnten Europas Verkehr sofort dekarbonisieren – doch die Politik bremst
08.05.2025

Während Elektromobilität noch mit Infrastrukturproblemen kämpft, könnte HVO100 die CO2-Bilanz des Verkehrssektors sofort verbessern –...