Nachdem der S&P 500 am Freitag erstmals über 5.000 Punkten geschlossen hatte, zeigten sich die US-Aktienmärkte zum Wochenstart wenig verändert. Möglicherweise, weil der „Super-Bowl-Montag“ traditionell zu einem der unproduktivsten Tage im US-Kalender gehört, wenn auch der Umstand, dass dieser Handelstag in weiten Teilen Asiens durch die Feiertage zum Mondneujahrsfest weitestgehend ausfiel, eine noch größere Rolle gespielt haben dürfte.
In jedem Fall wurde die Bewegung zum Ende der Vorwoche von einer erneuten Rallye bei großen Technologieunternehmen angetrieben, ein Teil dieser positiven Dynamik übertrug sich am Montag auch auf Europa, mit leicht zulegenden Aktienmärkten. Staatsanleihen und der US-Dollar blieben stabil, nachdem sie eine sechste Woche mit Gewinnen abgeschlossen hatten, und damit die längste Gewinnsträhne seit Anfang September verbuchen konnten.
Offizielle von Fed und EZB lassen Luft aus Zinsspekulation
Nachdem die vergangene Fed-Sitzung am 31.01. hinsichtlich einer Leitzinsänderung erwartungsgemäß ereignislos verlief, waren es vor allem die darauf folgenden Worte des Vorsitzenden Jerome Powell, die für Bewegung an den Märkten sorgten. Nach Powells eigenen Worten zählt das Szenario einer bisher von nicht wenigen erwarteten ersten Zinssenkung in diesem Jahr bereits im kommenden Monat nicht zum wahrscheinlichsten Fall. Diese Einschätzung bekräftigte Powell kurz darauf noch in einem vielbeachteten Fernsehinterview, was Investoren, die dies als verstärkten Widerstand gegen die Erwartung eines frühen Zinsrückgangs in diesem Jahr werteten, veranlasste, sich großvolumig vor allem von Staatanleihen zu trennen.
Kurz nach Powells Äußerungen folgte der Bericht über die Beschäftigtenzahlen außerhalb der Landwirtschaft, und mit 353.000 neugeschaffenen Stellen lag die Zahl etwa doppelt so hoch, wie die Prognose. Der folgende ISM-Bericht für den Dienstleistungssektor war ebenfalls erstaunlich: So sprang der Teilindex der Auftragseingänge von 52,8 auf 55,0, jener für die Beschäftigung stieg von 43,8 auf 50,5, und der Index der gezahlten Preise erhöhte sich von 56,7 auf 64,0.
In der Zwischenzeit weist der GDPNow-Tracker der Atlanta Fed für das erste Quartal bereits ein BIP von 4,2 % aus, und der Citi Economic Surprise Index ist auf dem höchsten Stand seit Anfang November geklettert. Die Mischung aus einem robusten Arbeitsmarkt, starkem Wachstum und Disinflation erfordert schlicht keine unmittelbare Lockerung der Zinsschraube. Und während sich die Aktienmärkte von den offensichtlich werdenden Verzögerungen bei der kommenden Lockerungsphase nicht beeindruckt zeigen, reagieren Edelmetalle, der Dollar sowie die Anleihemärkte erwartungsgemäß. Dort schließen sich die Anleger der vorsichtigen Rhetorik der US-Notenbank an und drosseln ihren Überschwang in Bezug auf den Umfang der Lockerungsmaßnahmen in diesem Jahr. Dort wird eingepreist, dass die Fed nur vier oder höchstens fünf Zinssenkungen um einen Viertelpunkt vornehmen wird.
Das ist eine deutliche Veränderung gegenüber dem Ende des letzten Jahres, als vor allem die Anleihe-Händler auf sieben derartige Schritte setzten. Interessanterweise beurteilen Ökonomen die Lage anders: In einer am Montag veröffentlichten Umfrage der National Association for Business Economics hielten 21 % der Befragten den derzeitigen geldpolitischen Kurs der US-Notenbank für "zu restriktiv" - so viele wie seit 2011 nicht mehr. Die politischen Entscheidungsträger der Fed werden diese Woche Gelegenheit haben, sich an beide Gruppen von Marktteilnehmern zu wenden, insgesamt acht Beamte haben Redetermine und werden das Thema sicher nicht aussparen.
Auch diesseits des Atlantiks bleibt wohl Geduld gefragt, hier scheinen die meisten Währungshüter erst im Juni zur Tat schreiten zu wollen. Ein EZB-Beamter verwies mit Blick auf die anhaltenden Inflationsrisiken schon auf die Möglichkeit, in diesem Jahr möglicherweise überhaupt nicht lockern zu wollen. Angesichts der jüngsten Wirtschaftsdaten und der aggressiven Marktwetten auf rasche Zinssenkungen sollte die EZB nach Ansicht von Direktoriumsmitglied Schnabel zumindest geduldig sein, bevor sie die Zinsen senkt. Die hartnäckige Inflation im Dienstleistungssektor, der robuste Arbeitsmarkt, die spürbare Lockerung der finanziellen Bedingungen und die Spannungen im Roten Meer “sprechen gegen eine baldige Anpassung des geldpolitischen Kurses”, sagte sie gegenüber der Financial Times.
Rohstoffmärkte wenig euphorisch – mit Ausnahmen
Während sich die Aktienmärkte von der sich verlangsamenden Zinswende unbeeindruckt zeigen, reagiert der Rohstoffsektor deutlich gedämpft. Die Aussicht auf steigende Renditen an anderer Stelle belastet naturgemäß die Edelmetalle, hinzu kommt der sich weiter verfestigende US-Dollar, welcher der Nachfrage sektorübergreifend entgegen wirkt. Zu allem Überfluss rutscht China immer weiter in deflationäres Terrain ab, womit auch die chinesischen Rohstoffmärkte mit einem düsteren Gefühl in die Neujahrspause gehen. Dort fielen die Verbraucherpreise im Januar um 0,8 %, so stark wie seit September 2009 nicht mehr. Der Erzeugerpreisindex sank um 2,5 % und markiert nun schon seit 16 Monaten in Folge eine Deflation bei den fabrikbedingten Kosten.
Unter der Rahmenbedingung des strauchelnden Nachfrageriesen China leidet vor allem der Metallsektor, andere haben ihre ganz eigenen Preistreiber. So stehen die Ölpreise auf Grund des hohen Eskalationspotenzials im Roten Meer nach wie vor im Rampenlicht. Zudem lieferte Saudi Aramco den Ölhändlern eine große Überraschung, als das Unternehmen nun einen Plan zur Erhöhung seiner Ölförderkapazitäten aufgegeben hat - eine deutliche Kehrtwende, die Fragen über die Sicht des Königreichs auf die zukünftige Nachfrage aufwirft. WTI konnte in den vergangenen sieben Tagen in der Spitze um mehr als 8 % zulegen, lässt der Druck im Nahen Ost nach, droht ein deutlicher Rückfall. Andere, meist wenig im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehende Vertreter des Sektors explodieren geradezu.
So lässt sich maximal von einer Beruhigung des seit Mitte letzten Jahres kometenhaften Anstiegs des Uranpreises sprechen. Angesichts nicht mehr zu übersehender Anzeichen für starke Nachfrage in Kombination mit Risiken auf der Angebotsseite erreichte der Urankontrakt Anfang Februar an der New Yorker Terminbörse Comex mit mehr als 106 Dollar pro Pfund den höchsten Stand seit Ende 2007, auf Jahressicht liegt das Plus bei 102%. Kakao wechselte letzte Woche zu Rekordpreisen von knapp 5.800 Dollar pro Tonne den Besitzer, letztes Jahr um diese Zeit war der Schokoladengrundstoff noch mehr als 3.000 Dollar günstiger zu haben. Der Kakaomarkt ist derzeit von einer massiven Angebotsverknappung betroffen, da Wetterkapriolen in den Anbaugebieten Afrikas für bisher ungekannte Ernteausfälle sorgen.
Gold bleibt interessant
Gold leidet selbstverständlich unter dem bekannten Umfeld. Ein paar Daten sind jedoch durchaus beachtlich. So war Gold in China vor dem dortigen Neujahrsfest noch nie so teuer wie in diesem Jahr, der Nachfrage nach dem Edelmetall, traditionell in Form von Schmuck, tut dies jedoch keinen Abbruch. Die Berichte über die auch derzeit sehr robuste Nachfrage ist besonders bemerkenswert, da die Chinesen gerade einen Börsencrash zu verkraften haben.
Neben den privaten Käufern bleibt auch die chinesische Zentralbank aktiv: im Januar erwarb die People's Bank of China offiziellen Daten zufolge 10 Tonnen Gold. Damit war der Januar der 15. Monat einer laufenden Kaufserie. Vor allem angesichts der aktuellen Rally an den Aktienmärkten ist das allgemeine Kaufinteresse derzeit limitiert. Aus technischer Sicht handelt Gold mit knapp über 2.000 Dollar derzeit jedoch auf einem Niveau, welches langfristig gute Unterstützung bieten sollte. Sich weiter abkühlende Inflation vorausgesetzt. Diesbezüglich aufschlussreich werden die schon am Dienstag (13.02.) zur Veröffentlichung anstehenden US-Verbraucherpreisdaten sowie die am Donnerstag (15.02.) folgenden Einzelhandelsumsätze und der die Woche abschließende Produzentenpreisindex (16.02.).