Immobilien

Widerstand wächst: Kippt die Grundsteuerreform 2025?

Eigentümer, aufgepasst: Laufende Klagen könnten die Reform der Grundsteuer noch kippen! Die Aufmerksamkeit konzentriert sich auf den Bundesfinanzhof (BFH), von dem eine wegweisende Entscheidung erwartet wird. Erfahren Sie, warum Experten gerade jetzt zum Einspruch gegen Steuerbescheide raten.
16.02.2024 08:29
Aktualisiert: 16.02.2024 08:29
Lesezeit: 3 min

Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund, beschreibt die jüngst reformierte Grundsteuer mit den Worten „zu kompliziert, intransparent und ungerecht“. Es handelt sich um ein Reformvorhaben, das bereits 2023 für Unruhe unter Immobilieneigentümern sorgte.

Diese waren dazu aufgerufen, eine sogenannte Feststellungserklärung einzureichen – ein bürokratischer Akt, der den Finanzämtern Daten liefert, um die Grundsteuerwerte neu zu bemessen. Die Notwendigkeit fußt auf einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das die veralteten Bewertungsmaßstäbe – manche reichen zurück bis ins Jahr 1964, in den neuen Bundesländern sogar bis in die Vorkriegszeit – als verfassungswidrig einstufte.

Das Ziel ist eine gerechtere Verteilung der steuerlichen Last, eine Mammutaufgabe angesichts der immensen Zahl an Grundstücken und Immobilien in Deutschland, die neu bewertet werden müssen. Für die Immobilienbesitzer, und indirekt auch für die Mieter, die die Grundsteuer über die Nebenkosten zahlen, bedeutet die Neubewertung meist eine Erhöhung der Steuerlast. Ein Szenario, das beträchtliche Mehrkosten nach sich ziehen könnte.

Ein endgültiges Urteil in der Sache steht jedoch noch aus. Organisationen wie Haus & Grund und der Bund der Steuerzahler setzen sich vehement für die Rechte der Eigentümer ein und unterstützen sie in zahlreichen Musterklagen. Sie stellen die Verfassungskonformität der neuen Regelungen infrage, eine Haltung, die auch das Landgericht Rheinland-Pfalz vertritt. Dieses Gericht hat in zwei Fällen (4 V 1295/23 und 4 V 1429/23) ernsthafte Zweifel an der Steuerbewertung angemeldet. Der Bundesfinanzhof steht nun vor der Aufgabe, Klarheit in diese komplexen Rechtsfragen zu bringen. Die bevorstehende Entscheidung des obersten Finanzgerichts Deutschlands wird mit Spannung erwartet.

Bundesmodell unter Beschuss: Warum die Grundsteuerbewertung die Verfassungsgemäßheit in Frage stellt

Die Kritik an der Verfassungsmäßigkeit bezieht sich auf das sogenannte „Bundesmodell“, das von den meisten Bundesländern zur Wertermittlung der Grundstücke verwendet wird. Sie beruht auf einem zentralen Punkt: Obwohl das Modell mit der Absicht einer gerechten und zukunftsfähigen Grundsteuerbewertung eingeführt wurde, scheint es die realen Werte und charakteristischen Eigenheiten der Immobilien nicht adäquat zu erfassen. Individuelle Gegebenheiten bleiben unberücksichtigt, was zuweilen zu absonderlichen Verzerrungen in der Wertfeststellung führt. Darüber hinaus wird Steuerpflichtigen die Möglichkeit verwehrt, durch ein unabhängiges Gutachten einen niedrigeren Wert ihres Eigentums geltend zu machen.

Der renommierte Rechtsexperte Professor Dr. Gregor Kirchhof beleuchtet das Dilemma: „Die Bemessung der Steuer beruht auf den Bodenrichtwerten. Diese Werte kennt das Steuerrecht. Doch handelt es sich, wie der Name schon sagt, um Richtwerte und damit um unscharfe Parameter. Weil die Werte ungenau sind, lässt das Steuerrecht, wenn es sie bei anderen Steuern nutzt, den Gegenbeweis eines realitätsnäheren Wertes zu. Dieser Gegenbeweis wurde aber den Steuerpflichtigen verwehrt (…)“.

Dies manifestiert sich in Fällen wie der Bewertung von zwei nahezu identisch großen Wohnungen in Düsseldorf. Hier wurde die um 2-Quadratmeter kleinere Wohnung durch das Finanzamt mit einem um 20.000 Euro höheren Wert angesetzt, basierend auf einem höher veranschlagten Pauschalmietwert – eine Entscheidung, die Fragen aufwirft.

Ein weiteres Beispiel ist eine 54-Quadratmeter Wohnung in Köln, für die ein Bodenrichtwert von 2.280 Euro festgelegt wurde, während ein benachbartes, qualitativ hochwertigeres Grundstück desselben Besitzers lediglich mit 530 Euro bewertet wurde. Auch in diesem Fall sind die Schlüssigkeit und die rechtliche Basis der Bewertung fraglich.

Grundsteuerbewertung „Bundesmodell“: Rechtliche Wege und Einspruchsmöglichkeiten

Von den sechzehn Bundesländern in Deutschland haben elf beschlossen, das Bundesmodell zur Grundstücksbewertung zu nutzen. Immobilieneigentümer in diesen Bundesländern sollten, sobald sie ihren Feststellungsbescheid erhalten, nicht zögern und umgehend Einspruch erheben, um die Fristen zu wahren.

Sie haben die Möglichkeit, sich auf die gegenwärtig laufende Musterprozesse zu stützen und eine Aussetzung des Verfahrens bis zum finalen richterlichen Urteil zu erlangen – ein essenzieller Schritt, um ihre rechtlichen Interessen zu sichern. Hierbei steht ihnen der Bund der Steuerzahler zur Seite, der mit einem standardisierten Widerspruchsformular unterstützt. Sie können Ihren Widerspruch online oder per Post einreichen, müssen dies aber unbedingt innerhalb eines Monats nachdem Sie den Bescheid erhalten haben, tun.

Auch Eigentümer, die bisher keinen Widerspruch eingereicht haben, könnten von einem positiven Urteil des Bundesfinanzhofs profitieren. Dieses Urteil hat das Potenzial, selbst bereits rechtskräftige Bescheide zu kippen und eine Neubewertung aller Immobilien in den betreffenden Bundesländern zu erfordern.

Grundsteuerreform 2025: Weiter Ungewissheit für Eigentümer

Im Falle einer Änderung der Bestimmungen durch den Bundesfinanzhof könnten besonders diejenigen Eigentümer profitieren, die durch die Neubewertung eine höhere Steuerlast zu schultern hätten. Derzeit herrscht jedoch weiterhin Unsicherheit über den Ausgang des Verfahrens; es ist ebenso möglich, dass der Bundesfinanzhof die neuen Regelungen bestätigt. Für Immobilieneigentümer besteht somit weiterhin eine signifikante Ungewissheit bezüglich der zukünftigen Grundsteuerlast.

Ungeachtet dessen werden die Kommunen, bis eine höchstrichterliche Entscheidung die verfassungsrechtliche Lage klärt, auf Basis der derzeit ermittelten Werte die Grundsteuer ab dem 1. Januar 2025 neu festsetzen. Die Eigentümer sind angehalten, die neu festgesetzten Beträge zunächst zu entrichten. Es wird voraussichtlich bis Herbst 2024 dauern, bis die exakte Höhe der künftigen Grundsteuerbelastung für die Mehrheit der Steuerpflichtigen festgelegt ist.

Das Bundesfinanzministerium selbst hat sich bisher zurückhaltend geäußert und erklärt, dass noch nicht absehbar ist, ob die neue Grundsteuer für Grundstückseigentümer zu höheren oder niedrigeren Steuern führen wird. Dennoch zeichnet sich bereits jetzt eine klare Tendenz ab, die für Immobilienbesitzer besorgniserregend ist - insbesondere in den Kommunen, die ihre Hebesätze deutlich angehoben haben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

DWN
Finanzen
Finanzen Autokosten: Check zeigt steigende Preise für Versicherung, Pflege und Reparaturen
04.11.2025

Die Preise rund ums Auto steigen rasant – von Versicherung bis Wartung. Ein aktueller Autokostencheck zeigt, wie stark sich der Unterhalt...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktien richtig beobachten: Mit diesen Tipps vermeiden Anleger Verluste
04.11.2025

Anleger stehen vor der Herausforderung, den richtigen Zeitpunkt für den Verkauf ihrer Aktien zu erkennen. Dabei spielen sowohl...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktien Frankfurt: DAX-Kurs aktuell mit Verlusten – Börse heute von drohendem US-Shutdown belastet
04.11.2025

Der DAX-Kurs steht im Börsenhandel am Dienstag erneut unter Druck: Nach dem kurzen Zwischenhoch zum Wochenstart folgt die Ernüchterung an...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Krise in der Autoindustrie: Mahle-Stellenabbau trifft Stuttgart besonders hart
04.11.2025

Der Mahle-Stellenabbau erschüttert die Automobilbranche: Der traditionsreiche Zulieferer reagiert mit harten Sparmaßnahmen auf die Krise....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Donald Trumps Industriepolitik: US-Regierung prüft Einstieg in Schlüsselindustrien
04.11.2025

Angesichts globaler Spannungen und wachsender wirtschaftlicher Unsicherheit gewinnen staatliche Eingriffe in Schlüsselindustrien an...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KfW-Analyse: Mittelstand-Beschäftigungsrekord erreicht – Bürokratie bleibt Bremse
04.11.2025

Der Mittelstand in Deutschland erreicht einen historischen Mittelstand-Beschäftigungsrekord, doch die Euphorie bleibt gedämpft. Steigende...

DWN
Finanzen
Finanzen SAF-Holland-Aktie: US-Zölle bremsen Nachfrage – Lkw-Zulieferer senkt erneut Umsatzziel
04.11.2025

Die SAF-Holland-Aktie steht erneut im Fokus: Der Lkw-Zulieferer muss seine Umsatzprognose senken, während US-Zölle und schwache Märkte...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Sun Contracting-Pleite erschüttert den europäischen Solarmarkt – und deutsche Landwirte
04.11.2025

Die Sun Contracting-Pleite erschüttert Europas Solarmarkt: Millionenverluste, Ermittlungen und betroffene Landwirte zeigen, wie riskant...