Unternehmen

Nachhaltigkeitspflicht ab 2024: Wie deutsche Firmen jetzt handeln müssen!

Mit der Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU im Jahr 2024 müssen große Konzerne ihre Bemühungen in Sachen Nachhaltigkeit transparent machen. Auch mittelständische Betriebe werden mit neuen regulatorischen Anforderungen konfrontiert. Doch wie können KMU ihre Nachhaltigkeitsberichte nicht nur als Pflichtübung, sondern als strategisches Instrument nutzen, um sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen?
29.02.2024 16:30
Aktualisiert: 29.02.2024 17:03
Lesezeit: 3 min

CSRD 2024: Neuausrichtung für Firmen

Mit Beginn des Jahres 2024 markiert die Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU eine neue Ära in der Unternehmensberichterstattung. Mehr als 15.000 Unternehmen in Deutschland stehen nun vor einer umfassenden Neuorientierung: Es geht nicht mehr nur um finanzielle Kennzahlen, sondern ebenso um Transparenz in ökologischen, sozialen und unternehmensethischen Belangen.

Spätestens ab 2025 sind große Firmen mit einer Belegschaft von über 250 Mitarbeitern dazu verpflichtet, auch Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (ESG) offen zu legen. Diese Pflicht wird bis 2026 auf kleinere, kapitalmarktorientierte Betriebe mit mindestens 10 Angestellten ausgeweitet. Mairead McGuinness, EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und die Kapitalmarktunion, betont die Tragweite dieser Regelungen. Sie erlauben es, „den Erfolg von Unternehmen nicht nur in finanzieller Hinsicht zu messen, sondern auch zu beurteilen, wie sie sich auf Mensch und Umwelt auswirken“

Ein praxisnahes Beispiel ist ein führender europäischer Textilproduzent, der jetzt in der Verantwortung steht, seine Nachhaltigkeitsbemühungen offen zu legen – angefangen bei der Auswahl nachhaltiger Rohstoffe bis hin zur Senkung der CO2-Emissionen und der Optimierung seiner Produktionsabläufe. Zudem müssen die Sicherstellung fairer Arbeitsbedingungen, eine verantwortungsvolle Unternehmensführung und wirksame Anti-Korruptionsrichtlinien in einem Jahresbericht dargestellt werden. Externe Prüfungen gewährleisten die Authentizität und Zuverlässigkeit solcher Nachhaltigkeitsberichte.

KMU indirekt von CSRD betroffen: Die wachsende Rolle in der nachhaltigen Lieferkette

Doch nicht nur Großunternehmen spüren diese Veränderung. Auch kleinere und mittelständische Unternehmen (KMU), die nicht unmittelbar von der CSRD betroffen sind, sehen sich mit neuen Anforderungen konfrontiert. Große Marktteilnehmer können ihre Berichtspflichten nur dann vollständig erfüllen, wenn sie von ihren Zulieferern umfassende Informationen über deren Nachhaltigkeitspraktiken einholen. Dies setzt eine Kettenreaktion in Gang, die auch die kleineren Unternehmen erfasst.

Als Teil der Lieferkette größerer Konzerne müssen auch sie nachhaltige Praktiken nachweisen, um so die Compliance ihrer Auftraggeber zu unterstützen. Marktbeobachter erwarten, dass sich die Zahl der KMU, die Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen, in den nächsten zwei Jahren verdreifachen könnte – ein Trend, der die gesamte Wirtschaftslandschaft tiefgreifend prägen wird.

Nehmen wir das Beispiel eines mittelständischen Textilproduzenten, der Zulieferer für größere Bekleidungsmarken ist: Nun ist er verpflichtet, seine umweltfreundlichen Initiativen transparent zu machen. Dies reicht von der Nutzung nachhaltiger Materialien bis hin zu konkreten Maßnahmen zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks. Die Folge: Aus der Lieferkette wird eine Verantwortungskette, in der jeder Beteiligte zur Rechenschaft über die Einhaltung der CSRD-Standards gezogen wird.

Nachhaltigkeit in KMU: Herausforderungen aus der Berichterstattung

Christoph Stoica, Geschäftsführer bei Sage, einem führenden Softwarehersteller für kleine und mittelständische Unternehmen weist auf die gewaltigen Herausforderungen hin, mit denen KMU konfrontiert sind. Die lückenlose Dokumentation und transparente Darstellung von Nachhaltigkeitsbemühungen sind oftmals durch Ressourcenknappheit und das Fehlen von Fachwissen erschwert. Die Anforderungen der CSRD könnten für viele Firmen eine tiefgreifende Transformation ihrer Geschäftsprozesse bedeuten – von der Mitarbeiterschulung bis hin zur Implementierung fortgeschrittener IT-Lösungen.

Für manche Unternehmen, insbesondere kleinere, kann dies eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen. Die Umstellung auf nachhaltigere Geschäftspraktiken und die Etablierung eines effizienten Berichtssystems für Nachhaltigkeit verlangen Investitionen, die nicht immer leicht zu stemmen sind.

Die spezifischen Herausforderungen, die sich aus der CSRD ergeben, unterscheiden sich dabei je nach Branche. So steht der Logistiksektor vor der Aufgabe, Treibhausgasemissionen aus verschiedenen Quellen – vom Fuhrpark über den Lagerbetrieb bis hin zur Verpackung – zu erfassen, wobei oft die Kooperation mit externen Dienstleistern notwendig ist, um genaue Daten zu erhalten. Die IT-Branche muss sich dagegen mit dem Management des Energieverbrauchs in Rechenzentren auseinandersetzen und nachhaltige Produktionswege für Hardware finden. Diese Beispiele zeigen die Vielfalt der CSRD-Anforderungen und machen deutlich, wie wichtig es ist, branchenspezifische Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln, die sowohl praktikabel als auch effektiv sind.

Proaktive Anpassung: Wie KMU durch frühzeitige CSRD-Berichterstattung profitieren können

Der gegenwärtige Zeitpunkt erfordert ein Umdenken in der Unternehmensstrategie und lädt zu proaktivem Handeln ein. Die Vorteile sind durch eine TÜV-Befragung belegt: Eine durchdachte Nachhaltigkeitsberichterstattung steigert nicht nur die Energieeffizienz und generiert Kosteneinsparungen, sondern trägt auch zur Verbesserung des Unternehmensimages bei und erhöht die Attraktivität für Mitarbeiter und Investoren. Darüber hinaus erleichtert ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen und die Reduktion von Abfall die Positionierung der Unternehmen als bevorzugte Partner innerhalb von Lieferketten.

Es bietet einen bedeutenden Vorteil, sich bereits jetzt intensiv mit den neuen Bestimmungen auseinanderzusetzen. Unternehmen, die ihre spezifischen Herausforderungen erkennen werden in der Lage sein, nicht nur zeitgerecht auf die CSRD zu reagieren, sondern auch ihre Marktposition zu festigen und ihr Engagement für Nachhaltigkeit sichtbar zu machen. Für KMU stellt die Industrie- und Handelskammer München (IHK München) eine wertvolle Unterstützung bereit: Eine praxisorientierte Arbeitshilfe, die als Leitfaden für die Implementierung eines wirksamen Nachhaltigkeitsberichtswesens dient und Firmen beim Übergang in eine Ära gesteigerter Unternehmensverantwortung unterstützt.

Parallel entwickelt die EU einen benutzerfreundlichen KMU-Standard (VSME), der das Berichten über Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführung (ESG) vereinfachen soll. Dieser von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) ausgearbeitete Standard soll bis Ende 2024 fertiggestellt und als EU-Empfehlung veröffentlicht werden, mit der Perspektive, dass er branchenübergreifend – auch von größeren Konzernen – angenommen wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash: Wie Zinsen und KI die Kryptomärkte unter Druck setzen
21.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen an den Kryptomärkten stellen Anleger, Unternehmen und Regulierer gleichermaßen auf die Probe. Welche Kräfte...

DWN
Politik
Politik Koalition unter Druck: Bundesrat zwingt Merz-Regierung in den Vermittlungsausschuss
21.11.2025

Die Stimmung in der Koalition mau, der Rentenstreit noch längst nicht ausgestanden – jetzt legt sich auch noch der Bundesrat quer. Er...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Ein Mundscan reicht: Das Healthtech DentalTwin erstellt KI-basierte Modelle für Zahnersatz
21.11.2025

Mithilfe KI-basierter Datengenerierung verlagert das Start-up DentalTwin die Zahnprothetik ins Digitale. Das dürfte nicht nur Praxen und...

DWN
Politik
Politik EU lockert Datenschutz: Digitaler Omnibus reformiert Regeln für KI
21.11.2025

Europa steht bei der Digitalpolitik vor einem Wendepunkt, an dem Wettbewerbsfähigkeit und Schutz von Bürgerrechten neu austariert werden....

DWN
Politik
Politik US-Wirtschaftselite, Ex-Präsidenten und die Epstein-Akten: Verbindungen zu Politik und Tech-Milieu offengelegt
21.11.2025

Mit jeder neuen Aktenveröffentlichung im Fall Jeffrey Epstein treten weitere Verbindungen zwischen politischen Entscheidern, Finanzeliten...

DWN
Panorama
Panorama Ansteigende Gewalt gegen Frauen - Dobrindt: „Nicht-Deutsche Tatverdächtige deutlich überrepräsentiert“
21.11.2025

Frauen werden stündlich Opfer von körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt, so das Bundeskriminalamt. Das Dunkelfeld dürfte um...

DWN
Politik
Politik Schwarzarbeit bekämpfen: Sozialschutz für Paketboten soll dauerhaft gewährleistet werden
21.11.2025

Der Schutz von Paketboten vor Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung wird dauerhaft gestärkt: Der Bundesrat hat die Verlängerung der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelsriesen setzen Verbraucher unter Druck – Gutachten kritisiert Marktmacht
21.11.2025

Steigende Lebensmittelpreise sorgen bei vielen Verbrauchern für Unmut – und laut einem aktuellen Gutachten der Monopolkommission liegt...