Immobilien

Stadtplanung im Wandel: Warum Büroumwandlungen eine Antwort auf die Wohnungskrise sein können

Lesezeit: 4 min
22.03.2024 10:28  Aktualisiert: 22.03.2024 13:06
Die Pandemie-Jahre haben uns eines gezeigt: An sich sind die hohen Bürobestände in den Innenstädten gar nicht nötig, denn das hybride Arbeiten setzt sich immer mehr durch. Doch was geschieht mit diesen Gewerbeflächen. Kann man sie gar in Wohnungen umwandeln?
Stadtplanung im Wandel: Warum Büroumwandlungen eine Antwort auf die Wohnungskrise sein können
Büroumwandlungen könnten die Wohnungsnot lindern. Städte sollen so nachhaltiger werden. (Foto: dpa)
Foto: Patrick Pleul

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In Zukunft soll mehr Wohnraum aus dem Gebäudebestand entstehen. Eine Möglichkeit ist dabei die Umwandlung von leerstehenden Büros zu Wohnungen. Dies ist häufig nachhaltiger als neu zu bauen, denn Gebäude zum Wohnen umzubauen, anstatt Neubauten, spart viel an Ressourcen wie Stahl und Beton. Dadurch können Emissionen deutlich gesenkt werden. Aktuell sind die Umwandlungen jedoch nur ein Baustein in dem Versuch, die Wohnungskrise zu lösen, doch dies könnte sich ändern. Das sind die Prognosen für die Zukunft.

Der Mangel an Kauf- und Mietwohnungen in den deutschen Großstädten kann zu einem gewissen Teil durch die Umnutzung von Büros zu Wohnraum gelindert werden. Die Umwandlung der Büroflächen wird die Wohnungskrise in den Metropolen zwar nicht beheben, ist aber ein Baustein – zusammen mit Neubau, Aufstockung und dem Füllen von Baulücken.

Laut Immobiliendienstleister JLL werden derzeit pro Jahr um die 20.000 Büroflächen in Wohneinheiten umgewandelt. Demgegenüber steht jedoch ein deutlich höherer Nachfrage-Überhang, weil Wohnungsgenehmigungen und Fertigstellungen rückläufig sind.

Experten schätzen den aktuellen bundesweiten Bedarf an Wohnungen in ganz Deutschland auf rund 700.000 Einheiten.

Büroumwandlungen: Ein Teil des gesamten Regierungs-Maßnahmepakets

„Nein, Büroumwandlungen werden die Krise auf dem Wohnungsmarkt nicht beheben können“, sagt Helge Scheunemann, Head of Research bei JLL-Germany, gegenüber den DWN. „Aber es kann ein Teil des gesamten Maßnahmenpakets (der Regierung) sein, zusammen mit Neubau, Aufstockung und der Schließung der Baulücken. Wir möchten (mit den Zahlen) ein realistisches Bild geben, was möglich ist – aber auch ein bisschen Anstoß geben, weil wir immer mehr Anfragen zu dieser Thematik von den Städten und Gemeinden und auch von Projektentwicklern kriegen.“

Nicht zuletzt stelle das Thema Baurecht oft eine Hürde zur Büro-Umwandlung dar, so Scheunemann. „Dort hakt es häufig, weil vieles von den Planungs- und Bauämtern doch abgelehnt wird, weil dort eben kein Wohnen vorgesehen ist, sondern eigentlich nur Gewerbe. Doch dort sollte man etwas Anstoß geben, um zu sagen: ‚Liebe Städte, ihr müsst auch mal länger über so ein Projekt nachdenken!‘ Und letztendlich kann man ja auch einen Bebauungsplan ändern, wenn die Emissionen und der Baukörper an dem Standort es so weit zulässt: Warum soll denn da kein Wohnen entstehen?“

Andere Hürden liegen hauptsächlich im technischen Bereich, zum Beispiel Deckenhöhen, aber auch Anbindungen an den öffentlichen Nahverkehr, an Schulen, Kindergärten und Geschäfte können problematisch sein.

Was schon da ist, muss mehr genutzt werden

Büroumwandlung ist ein Thema, was in den kommenden Jahren weiter an Fahrt gewinnen wird, zusammen mit der Thematik ESG (Environmental, Social und Governance, d.h. Umwelt, Soziales und Unternehmensführung), weil Städte nachhaltiger werden wollen: Weniger Neubau, weniger Flächenverbrauch und weniger Versiegelung ist das Ziel. „Was schon da ist, muss einfach mehr genutzt werden. Eine Option ist dann die Umwandlung,“ kommentierte Scheunemann.

Hintergrund: Großes Hilfspaket, um neuen Wohnraum zu schaffen

Die Bundesregierung will leerstehende Büros und Gewerbeimmobilien zu Wohnungen auszurüsten, um so die dramatische Wohnungsnot in Deutschland zu bekämpfen. In den Jahren 2024 und 2025 soll 480 Millionen Euro für Investoren bereitgestellt werden, um Gewerbeimmobilien zu sanieren und so schätzungsweise 235.000 neue Wohneinheiten zu schaffen.

Zum Baugipfel Ende September des vergangenen Jahres hat die Regierung ein größeres Hilfspaket für die krisengeschüttelte Baubranche beschlossen. Auf sechs Seiten wurden 14 Maßnahmen aufgelistet, die für mehr bezahlbaren Wohnraum in Deutschland sorgen sollen, unter anderem der Plan, leerstehende Büros in Wohnungen umzuwandeln.

Vorschriften bei der Umwandlung

Die Regeln für die Büroumwandlung sind komplex – nichts Neues in Deutschland! Grundsätzlich gilt, jede Umnutzung benötigt eine Genehmigung. Fragen rücken in den Fokus wie: Passt das in den Bebauungsplan, passt die Lage und die Umgebung, wie sind die Emissionen, die dort herrschen und wie ist die Struktur des gesamten Baukörpers geschaffen? Scheunemann zufolge ist der Prozess aufwendig und letztendlich ist es häufig so, dass die Städte doch ziemlich rigoros sind und die Umwandlungen teilweise ablehnen. Die Zeitspanne der Genehmigungen für die Umwandlungen sei ziemlich groß und könnte von ein paar Monaten bis zu Jahren bei den einzelnen Ämtern dauern.

CO2-Einsparungen durch Umbau

Generell verursacht es sehr viel Kohlendioxid, Stahlbeton neu herzustellen. Laut einem aktuellen ZDF-Bericht können in manchen Büroumbau-Projekten zum Beispiel über 2.200 Tonnen Emissionen eingespart werden.

Umbaukosten sind unterschiedlich: Laut JLL liegt der Durchschnitt irgendwo zwischen 1.700 und 2.200 Euro pro m2 (keine Grundstückkosten enthalten) und circa 50 Prozent unter Neubaukosten, doch es gibt auch Fälle, wo die Kosten genau die gleichen sind wie beim Neubau. Es hängt vom Einzelfall ab.

„Sicker-Effekt“ wichtige Konsequenz der Umnutzung

Finanziell spüren Käufer von einer Umwandlung nichts. Es lassen sich keine sozialen oder preisgedämpften Wohnungen schaffen, denn dafür sind die Umbaukosten zu hoch. „Wir bewegen uns im Bereich des Mittelwertes der Wohnungsmieten insgesamt vom Markt. Das wird sich natürlich ändern, wenn wir entsprechende Förderungen haben, dann kann man kostengünstiger bauen und günstigere Mieten anbieten“, sagte Scheunemann.

Letztendlich sei der „Sicker-Effekt“ wichtig: Deutschland braucht Wohnungen für Haushalte mittleren oder höheren Einkommens, entweder zum Kauf oder zur Miete. Diese machen dann beim Umzug in umgewandelte Wohnungen ihre eigenen Wohnungen frei, was zur Linderung der Wohnungskrise beiträgt.

Büro-Leerstände steigen an

Bis jetzt spielten Büro-Umnutzungen in Deutschland keine große Rolle, dafür waren die Immobilienmärkte im Gewerbebereich zu stark in den vergangenen Jahren. Die Ausnahme war Frankfurt, wo sich die Zahl der Umwandlungen seit 2010 mehr als verdoppelt hat.

Jetzt steigen die Leerstände im Büro-Bereich jedoch an. Viele dieser Immobilien sind 30 oder 40 Jahre alt und müssten sowieso energetisch saniert werden. „Dann können Investoren sich auch gleichzeitig überlegen, ob sie eine Umwandlung machen wollen,“ kommentierte Scheunemann.

Noch ein Tropfen, doch dies kann sich in zwei bis drei Jahren ändern

Senior Managerin Real Estate Research and Finance beim deutschen Pfandbriefbanken-Verband Hildegard Höhlich sagte, Firmen stellten weiterhin ihren Flächenbedarf auf den Prüfstand und es sei mit einem erneuten Anstieg des Büroimmobilien-Leerstands zu rechnen.

JLL-Prognosen zur Leerstandsentwicklung bei Büroflächen zeigen, dass Leerstände in den nächsten drei Jahren ansteigen werden, weil Firmen weniger Flächen brauchen durch hybrides Arbeiten – und weil sie nur die besten Flächen nachfragen, um die Mitarbeiter wieder ins Büro zu locken. So verabschieden sie sich von schlechteren Flächen.

Scheunemann kommt zu dem folgenden Schluss: „Gerade in diesen schlechteren Flächen wird der Leerstand steigen, und das sind genau die Immobilien, die sich eignen werden für eine Umwandlung – vor allem auch dann, wenn sie sich in Lagen befinden mit guter Infrastruktur.“ Er betonte, dass die Wohnungssituation in Deutschland sich dann immer weiter angleichen würde, was „die Rentabilität und die Wirtschaftlichkeit deutlich erhöht im Vergleich zu den Vorjahren“.

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Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.


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