Immobilien

„Trauriger Rekord“: Wohnungsbaugenehmigungen brechen erneut ein

Der deutsche Wohnungsbau befindet sich in der schwersten Krise seit Gründung der Bundesrepublik.
18.09.2023 11:56
Aktualisiert: 18.09.2023 11:56
Lesezeit: 2 min
„Trauriger Rekord“: Wohnungsbaugenehmigungen brechen erneut ein
Der deutsche Wohnungsbau befindet sich in der schwersten Krise seit Gründung der Bundesrepublik. (Foto: istockphoto.com/FooTToo) Foto: FooTToo

Kurz vor dem Wohnungsgipfel der Bundesregierung reißen die Hiobsbotschaften aus der Baubranche nicht ab. Die Zahl der Genehmigungen für den Bau neuer Wohnungen brach im Juli um 31,5 Prozent oder 9600 im Vergleich zum Vorjahresmonat ein, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Insgesamt wurde damit die Erlaubnis für 21.000 neue Wohnungen erteilt. "Zum Rückgang der Bauvorhaben dürften weiterhin vor allem steigende Baukosten und zunehmend schlechtere Finanzierungsbedingungen beigetragen haben", erklärten die Statistiker den Negativtrend.

Was die Statistiker nicht sagen: insbesondere immer striktere Klima-Vorgaben und CO2-Sondersteuern würgen den Wohnungsbau in Deutschland ab.

Lesen Sie dazu: Handwerkspräsident: Deutsche Baubranche steht kurz vor dem Kollaps

Baubranche in schwerer Krise

Die Baubranche sieht schwarz. "Der freie Fall bei den Wohnungsbaugenehmigungen geht ungebremst weiter", sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tom-Oliver Müller. "Der zehnte aufeinanderfolgende Monat mit einem zweistelligen Genehmigungsrückgang, das ist ein trauriger Rekord."

In den ersten sieben Monaten des Jahres wurden damit 156.200 Wohnungen genehmigt. Das entspricht einem Rückgang um 60.300 oder 27,8 Prozent auf 156.200. Die Bundesregierung hat sich eigentlich das Ziel von jährlich 400.000 Wohnungen gesetzt, um dem wachsenden Bedarf vor allem in den Großstädten zu begegnen. Das dürfte sie nach Einschätzung von Experten aber deutlich verfehlen.

Neue Impulse soll nun der Wohnungsbaugipfel kommende Woche im Kanzleramt bringen. Wenn die Bundesregierung "nicht entschlossen das Ruder herumwirft, wird die Wohnungsnot in Deutschland zementiert", warnte Müller. Die Bau- und Immobilienbranche fordert etwa die Absenkung der Grunderwerbssteuer, weniger Bürokratie und die vergünstigte Abgabe öffentlicher Grundstücke für den Mietwohnungsmarkt.

KfW-Förderung kaum mit Effekt

Seit März 2023 gibt es zwar die Wohnbauförderung für klimafreundlichen Neubau der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). "Noch ist kein eindeutiger Effekt dieser Maßnahmen auf die Genehmigungszahlen erkennbar", hieß es aber dazu vom Statistikamt. Die Zahl der Baugenehmigungen sei von März bis Juli sogar stärker gesunken als von Januar bis Juli 2023 insgesamt.

Bei Einfamilienhäusern gab es in den ersten sieben Monaten einen Rückgang der Genehmigungen um 36,5 Prozent auf 30.800. Bei den Zweifamilienhäusern gab es sogar ein Minus von 53,2 Prozent auf 8900. Auch bei der Gebäudeart mit den insgesamt meisten Wohnungen, den Mehrfamilienhäusern, verringerte sich die Zahl der Genehmigungen deutlich - und zwar um 27,5 Prozent auf 83.600. Nur bei Wohnheimen gab es ein Zuwachs.

Die deutsche Bau- und Immobilienwirtschaft befürchtet nach der erneuten Zinsanhebung durch die Europäische Zentralbank (EZB) in der vergangenen Woche eine verschärfte Krise. "Die Erhöhung der Zinsen wird die Rezession am Bau weiter anheizen, da Finanzierungskosten steigen und Bauen weiter verteuert wird", sagte Müller kürzlich zu Reuters. Die EZB hat im Kampf gegen die Inflation die Zinsen auf das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion angehoben. Der Leitzins stieg von 4,25 auf 4,50 Prozent.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Bargeldlos um jeden Preis: Ist Schweden Vorbild oder Extremfall?
15.05.2025

Schweden hat sich in den vergangenen Jahren zu einem nahezu bargeldlosen Land entwickelt. Seit 2007 hat sich der Bargeldbezug im Land...

DWN
Finanzen
Finanzen Daimler Truck-Aktie trotz Prognosesenkung an DAX-Spitze: Lkw-Bauer wehrt sich erfolgreich gegen US-Zölle
14.05.2025

Die Daimler Truck-Aktie trotzt schlechten Nachrichten, überrascht Anleger – doch bleibt der Aufwärtstrend stabil? Zwischen US-Zöllen,...

DWN
Politik
Politik Trumps Arznei-Schock: USA wollen Europas Medikamentenpreise diktieren
14.05.2025

US-Präsident Donald Trump kündigt einen Preissturz bei Arzneimitteln um bis zu 90 Prozent an – doch der Widerstand wächst, auch aus...

DWN
Politik
Politik Regierungserklärung: Merz ruft zum gemeinsamen Aufbruch auf – "Der Staat, das sind wir alle"
14.05.2025

Die erste Merz-Regierungserklärung verspricht klare Antworten auf große Herausforderungen. Doch wie viel Wandel steckt wirklich hinter...

DWN
Politik
Politik Zollschock für Ukraine – EU will Agrarimporte drastisch begrenzen
14.05.2025

Ausgerechnet mitten im Krieg plant Brüssel drastische Zollgrenzen für ukrainische Agrarprodukte – ein Signal der Schwäche, das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Preisdruck lässt nach: Inflation schwächt sich im April auf 2,1 Prozent ab
14.05.2025

Die Inflation in Deutschland hat im zweiten Monat nacheinander an Dynamik verloren. Dahinter steckt vor allem ein Faktor. Im Alltag fällt...

DWN
Finanzen
Finanzen Schenkung statt Erbe: Steuern sparen durch die Nutzung der Freibeträge
14.05.2025

Nicht erst beim Erbe kann man Vermögen innerhalb der Familie übertragen. Oft ist es sinnvoll, bereits Vermögenswerte zu Lebzeiten an...

DWN
Finanzen
Finanzen Tui-Aktie verliert deutlich nach Quartalszahlen - wie geht's weiter beim Reisekonzern?
14.05.2025

Die Tui-Aktie ist nach Veröffentlichung der Zahlen für das zweite Geschäftsquartal deutlich unter Druck geraten. Am Mittwochmorgen...