Unternehmen

Stellenabbau in Unternehmen und akuter Fachkräftemangel - wie passt das zusammen?

Lesezeit: 2 min
11.03.2024 14:30  Aktualisiert: 12.03.2024 10:00
Deutsche Unternehmen bauen Stellen ab, während im Land ein Fachkräftemangel herrscht. Die Lösung: Umschulungen und Anpassung an neue Qualifikationen.
Stellenabbau in Unternehmen und akuter Fachkräftemangel - wie passt das zusammen?
54 Prozent der Firmen in Deutschland finden laut ifo-Institut zu wenig Bewerber. (Foto: dpa)
Foto: Ingo Wagner

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Bayer, Bosch, Continental, ZF, SAP - die Liste ist lang. Deutsche Großunternehmen bauen massiv Stellen ab, obwohl überall der Fachkräftemangel beklagt wird.

Was paradox klingen mag, folgt aktuellen Dynamiken. Viele deutsche Großunternehmen befinden sich heute in einer herausfordernden Marktsituation: schwache Nachfrage aufgrund der flauen Weltkonjunktur, hohe Energiekosten, Inflation und hohe Zinsen. Wahrlich ungünstige Umstände. In großem Stil werden deshalb in vielen Branchen Stellen abgebaut – nicht nur in der Automobil- und Chemiebranche. Geld sparen, effizienter werden, umstrukturieren – das sind die Aufgaben der Stunde. Dies geht einher mit einem radikalen Abbau auch von Fach- und Führungskräften in vielen Unternehmen.

Neue Qualifikationen sind gefragt

Auf der anderen Seite fehlt es überall an qualifiziertem Personal. Jedoch sind es andere Qualifikationen, die der Markt heute braucht. Durch die technologischen Entwicklungen befinden sich Unternehmen heute auch in einem umfassenden Transformationsprozess, der eben aktuell auf eine schlechte Marktsituation trifft. Das heißt: Viele Fachkräfte werden aktuell nicht mehr gebraucht, aber es fehlen die Fachkräfte mit den Qualifikationen, die die Unternehmen für die Zukunft benötigen. Diese Dynamiken führen einerseits zu Stellenabbau und bedingen gleichzeitig die Suche nach Fachleuten mit Zukunftsqualifikationen. Zusätzlich drückt auch der demografische Wandel, denn die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer-Generation gehen jetzt in Rente und können durch die geburtenschwächeren jüngeren Jahrgänge nicht vollständig ersetzt werden.

Praktiker in Verwaltung, Technologie und IT fehlen

Eine aktuelle Befragung von Personalleitern durch das ifo-Institut kam zu dem Ergebnis, dass 54 Prozent der Unternehmen, die aktiv Mitarbeiter suchen, zu wenige Bewerbungen erhalten. Betroffen sind dabei insbesondere die Berufsfelder Wirtschaft und Verwaltung (29 Prozent), Technik und Technologie (24 Prozent) sowie im Bereich Computer und IT (12 Prozent). Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch eine Studie der Deutschen Industrie- und Handelskammer vom November 2023. Nach einer aktuellen Schätzung werden 1,8 Millionen Arbeitsplätze in der gesamten deutschen Wirtschaft unbesetzt bleiben. Besonders händeringend gesucht werden Qualifizierte mit einer dualen Ausbildung. 55 Prozent der suchenden Unternehmen aus Industrie, Bau, Handel und Dienstleistung gaben an, vergeblich nach Praktikern mit einer dualen Ausbildung zu suchen.

Einen Lichtblick gibt es allerdings: Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln rechnet bis 2026 mit einem deutlichen Zuwachs an IT-Experten. Diese werden sich im Vergleich zum Jahr 2021 verdoppeln. Jedoch kann auch dieser Expertenzuwachs die steigende Nachfrage nicht decken, und es wird eine Lücke von ca. 7000 unbesetzten Stellen bleiben. Problematisch sei auch, dass immer noch viele Menschen Berufe wählen würden, in denen kein Mangel an Fachkräften besteht, wohingegen Berufe mit einem ausgeprägten Fachkräftemangel sehr viel seltener gewählt werden, so das IW.

Was tun? Unternehmen und Politik beide gefragt

Umschulungen, Fort- und Weiterbildung sollen in den Unternehmen Abhilfe schaffen. Dies betrifft auch zunehmend Arbeitnehmer, die bereits in der Mitte oder gar am Ende ihres Berufslebens stehen. Auch die Bundesagentur für Arbeit stellt sich dem Thema. Die reine Arbeitsvermittlung ist nicht mehr der primäre Fokus der Agentur; vielmehr konzentriert man sich dort zunehmend auf die Qualifizierung der Arbeitssuchenden für neue Aufgaben. Zusätzlich soll die gezielte Migration von Fachkräften durch das reformierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz ausgebaut werden.

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Dr. Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Dr. Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Politik
Politik Heimatschutz: Immer mehr Bürger dienen dem Land und leisten „Wehrdienst light"
01.05.2024

Ob Boris Pistorius (SPD) das große Ziel erreicht, die Truppe auf über 200.000 Soldaten aufzustocken bis 2031 ist noch nicht ausgemacht....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nachhaltigkeit als Schlüsselfaktor für Unternehmenserfolg
01.05.2024

Die Studie „Corporate Sustainability im Mittelstand“ zeigt, dass der Großteil der mittelständischen Unternehmen bereits Maßnahmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Private Pflegezusatzversicherungen: Wichtige Absicherung mit vielen Varianten
01.05.2024

Die gesetzliche Pflegeversicherung reicht oft nicht aus, um die Kosten im Pflegefall zu decken. Welche privaten Zusatzversicherungen bieten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 22-Prozent unbezahlte Überstunden: Wenn Spitzenkräfte gratis arbeiten
01.05.2024

Arbeitszeit am Limit: Wer leistet in Deutschland die meisten Überstunden – oft ohne finanziellen Ausgleich? Eine Analyse zeigt,...