Unternehmen

Globale Exportbeschränkungen: Folgen und Lösungen für Unternehmen

Lesezeit: 4 min
25.03.2024 13:37
Von USA bis China: Exportbeschränkungen beeinflussen Unternehmen in aller Welt. Auch in Deutschland kämpfen große und kleine Firmen damit. Dieser Beitrag beleuchtet, welche Folgen Exportbeschränkungen haben und wie Unternehmen strategisch gegensteuern können.
Globale Exportbeschränkungen: Folgen und Lösungen für Unternehmen
Container werden auf dem Terminal Tollerort der Hamburger Hafen - In Zeiten der Unsicherheiten aufgrund Exporteinschränkungen ergreifen Unternehmen Maßnahmen (Foto: dpa).
Foto: Christian Charisius

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Am 26. Januar 2024 hat US-Präsident Joe Biden völlig überraschend angekündigt, Genehmigungen für laufende und künftige Anträge für den Export von Liquid Natural Gas (LNG) aus neuen Projekten auszusetzen. Für Deutschland könnte diese LNG-Exportbeschränkung langfristig zum Problem werden - eine kleine Entscheidung mit großen Auswirkungen.

Exportbeschränkungen und internationale Sanktionen sind bedeutende Herausforderungen für die global vernetzte Weltwirtschaft und prägen deren Handelsbeziehungen. Vor allem Strafmaßnahmen der USA und der Europäischen Union gegenüber Ländern wie Russland, China und Iran setzen deutsche Unternehmen, die in einer breiten Palette von Branchen tätig sind, unter Druck. Diese Maßnahmen variieren von Technologieeinschränkungen bis zu direkten Sanktionen und führen zu Konsequenzen wie Energiemangel, Ausfall von Industrieprodukten und Umsatzeinbußen.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg verstärken die USA derzeit den Druck auf Verbündete wie Deutschland, um die Exportbeschränkungen gegen China zu verschärfen. Das Ziel ist, Chinas technologischen und militärischen Ambitionen Einhalt zu gebieten. Trotz verschärfter Kontrollen hat China mit der Entwicklung eigener Prozessoren reagiert, die auch militärisch nutzbar sein könnten.

Die für deutsche Unternehmen relevanten Exportbeschränkungen sind oft das Ergebnis politischer Entscheidungen und betreffen vorrangig die Hochtechnologiesektoren wie Halbleitertechnologie und Informations- und Kommunikationstechnik. Sie werden durch internationale Vereinbarungen oder neue Gesetzgebungen der USA initiiert.

Sanktionierte Länder, betroffene Branchen und Anlaufstellen

Die Exportbeschränkungen in Deutschland resultieren unter anderem aus Handelsmaßnahmen oder Sanktionen gegen Länder wie Russland, Iran und China. Seit 2014 müssen international agierende Unternehmen aufgrund der Sanktionen gegen Russland eine kontinuierliche Überprüfung ihrer Geschäftsbeziehungen durchführen. Der Ausstieg der USA im Jahr 2018 aus dem Atomabkommen (JCPOA) und die Wiedereinführung von Sanktionen gegen den Iran haben ebenfalls zu Einschränkungen geführt.

Diese Sanktionen führen mindestens zu intensiven Exportkontrollen, oft aber auch zu umfassenden Handelseinschränkungen, deren Intensität und Häufigkeit von politischen Entwicklungen abhängen. Deutsche Unternehmen, insbesondere diejenigen in exportorientierten Branchen wie der Automobilindustrie, dem Maschinenbau, der Pharmabranche und dem Sektor der erneuerbaren Energien, müssen die internationalen Beziehungen und daraus resultierenden Sanktionsregime genau beobachten, um ihre Geschäftsstrategien anzupassen.

In Deutschland können sich Unternehmen durch verschiedene Institutionen wie die Industrie- und Handelskammern (IHKs), Auslandshandelskammern (AHKs) und Behörden wie die Deutsche Bundesbank und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) über Sanktionen, Handelsbeschränkungen und deren Auswirkungen informieren. Diese Institutionen bieten Beratung über Hotlines, Webseiten und Veranstaltungen an.

Exportbeschränkungen: Hintergründe und Folgen

Die Gründe für die Strafmaßnahmen gegen Länder wie Russland, China und Iran sind vielfältig.

Russland: Seit der Einführung von Sanktionen aufgrund der Ukraine-Krise müssen deutsche Unternehmen ihre Geschäftsbeziehungen und Investitionen in Russland überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Weitere geopolitische Entwicklungen, wie der Konflikt in Syrien und die Vergiftung von Sergei Skripal, haben zu einer Verschärfung der Strafmaßnahmen geführt.

China: Die Handelsspannungen zwischen den USA und China, besonders seit dem Beginn des Handelskrieges 2018, verursachen Unsicherheiten und Störungen in den Lieferketten deutscher Unternehmen. Anpassungen in den Handelsstrategien sind erforderlich, um auf diese Situation zu reagieren.

Iran: Nach der Wiedereinführung von Sanktionen gegen den Iran haben viele Unternehmen, die dort tätig waren oder Geschäfte mit iranischen Partnern planten, ihre Aktivitäten erheblich eingeschränkt oder eingestellt. Die Sanktionen beziehen sich hauptsächlich auf die Entwicklung des iranischen Atomprogramms.

Solche Sanktionen und Strafmaßnahmen führen regelmäßig auch zu Exportbeschränkungen. Dabei hängen ihre Intensität und Häufigkeit von den politischen Entwicklungen und Entscheidungen ab. Unternehmen müssen daher kontinuierlich die internationalen Beziehungen und daraus resultierenden Sanktionsregime beobachten, um ihre Geschäftsstrategien entsprechend anzupassen.

Von der Autoindustrie über den Maschinenbau bis hin zur Pharmabranche und dem Sektor der erneuerbaren Energien – deutsche Unternehmen, die stark exportorientiert sind und auf den Import spezifischer, teils in den USA entwickelter Technologien angewiesen sind, spüren den Druck der Beschränkungen.

Konsequenzen der Russland-Sanktionen

Die Konsequenzen der Exportbeschränkungen sind weitreichend und vielfältig. Sie umfassen unter anderem die Verknappung industrieller Produkte und direkte Umsatzeinbußen durch erschwerten Zugang zu wichtigen Märkten. Langfristig können diese Beschränkungen die Innovationsfähigkeit und die Wettbewerbsposition der deutschen Wirtschaft stärker beeinflussen.

Insbesondere die gestiegenen Energiepreise in Europa haben die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen beeinträchtigt, die auf Gas angewiesen sind. Das schlägt sich auch zunehmend in den Konsumpreisen nieder. Zudem hat der Krieg und die politische Situation laut Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln zu Lieferengpässen und Produktionsproblemen geführt, hauptsächlich in der Automobilindustrie, die bereits durch einen Mangel an Halbleitern beeinträchtigt war​​.

Die Russland-Sanktionen haben die Handelsbeziehungen zwischen der EU und Russland erheblich erschwert und eingeschränkt. Russland ist zwar von der EU als Zulieferer und Abnehmer abhängig gewesen, spielt aber als Handelspartner für die EU eher eine untergeordnete Rolle. Innerhalb Deutschlands sind laut ifo-Institut vor allem ostdeutsche Unternehmen und Firmen im Verarbeitenden Gewerbe durch die Sanktionen beeinträchtigt​.

Strategien gegen Strafmaßnahmen

Um den Herausforderungen wie Handelskonflikten, Exportbeschränkungen und zunehmenden globalen Wettbewerbs entgegenzuwirken, verfolgen deutsche Unternehmen eine Reihe von Strategien. Diese Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, die Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit zu bewahren oder zu stärken:

  • Diversifizierung von Märkten: Unternehmen erweitern ihre Geschäftstätigkeit auf neue geografische Märkte außerhalb der traditionellen starken Abhängigkeiten. Hier kommt etwa der US-Markt infrage. Das hilft, Risiken zu vermeiden und Umsatzeinbußen oder Verluste in einem Markt durch Gewinne in einem anderen auszugleichen. Es werden vor allem Märkte in Asien, Afrika und Lateinamerika gesucht, die ein hohes Wachstumspotenzial bieten können. Die Unternehmen passen ihre Produkte und Marketingstrategien an die lokalen Bedürfnisse an.

  • Verlegung der Produktionsstätten: Angesichts steigender Importzölle und Handelsbarrieren entscheiden sich manche Firmen dafür, ihre Produktionsstätten in die Zielmärkte oder in Länder mit günstigeren Handelsbedingungen zu verlegen. Dies ermöglicht es ihnen, nicht nur Zölle zu umgehen und Logistikkosten zu senken, sondern auch, einen besseren Zugang zu lokalen Märkten zu haben und schneller auf Marktanforderungen reagieren zu können.

  • Investition in Forschung und Entwicklung (F&E): Manche Unternehmen steigern ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung, um weniger von ausländischen Technologien und Importen abhängig zu sein, Innovationen zu fördern, neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und damit die eigene Technologieführerschaft auszubauen. Dies stärkt nicht nur ihre Wettbewerbsposition, sondern führt auch dazu, die Standards in ihren Industrien voranzutreiben.

  • Compliance und rechtliche Maßnahmen: Auch die Investition in Rechtsabteilungen und externe Rechtsberatung zur Minimierung der Compliance-Risiken ist eine der üblichen Maßnahmen. Dies umfasst die Überwachung und Anpassung an neue Handelsregelungen, Datenschutzgesetze und Umweltstandards. Dadurch wollen die Unternehmen Rechtsstreitigkeiten und Strafen verhindern und gleichzeitig nachhaltige Geschäftspraktiken entwickeln.

  • Strategische Partnerschaften: Um Zugang zu neuen Märkten zu bekommen, bilden die deutschen Unternehmen strategische Allianzen mit Partnern im Ausland. Solche Partnerschaften führen zur Reduktion der Forschungs- und Entwicklungskosten, Austausch von Know-how und gemeinsamen innovativen Lösungen. Vor allem in Technologiefeldern wie der Elektromobilität, der erneuerbaren Energie und der Digitalisierung ermöglichen solche Kooperationen die großen Investitionen und reduzieren Risiken, die mit der Entwicklung neuer Technologien verbunden sind.

Diese Anpassungsstrategien ermöglichen es Unternehmen, sich proaktiv und flexibel auf globale Marktveränderungen einzustellen und die Herausforderungen von Exportbeschränkungen zu reduzieren.

 

Zum Autor:

Farhad Salmanian arbeitet bei den DWN als Online-Redakteur. Er widmet sich den Ressorts Politik und Wirtschaft Deutschlands sowie der EU. Er war bereits unter anderem für die Sender BBC und Radio Free Europe tätig und bringt mehrsprachige Rundfunkexpertise sowie vertiefte Kenntnisse in Analyse, Medienbeobachtung und Recherche mit.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...