Finanzen

Lagarde deutet erste EZB-Zinssenkung für Juni an - Weg danach bleibt offen

EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat eine erste Zinssenkung für Juni in Aussicht gestellt. Die europäische Notenbank gibt sich dabei flexibel: Genauere Pläne für die Zeit danach gäbe es nicht, man wolle weiterhin flexibel auf die Datenlage reagieren.
20.03.2024 16:01
Lesezeit: 2 min
Lagarde deutet erste EZB-Zinssenkung für Juni an - Weg danach bleibt offen
EZB-Präsident Christine Lagarde hat erstmals konkrete Andeutungen hinsichtlich einer ersten Zinssenkung im Juni gemacht. (Foto: dpa)

Die Europäische Zentralbank (EZB) deutet eine erste Zinssenkung für Juni an. Aus Sicht von EZB-Präsidentin Christine Lagarde wird die Datenlage bis dahin wohl ausreichend sein, um über eine erste Zinssenkung zu entscheiden. Neben wichtigen Daten zur Lohnentwicklung würden dann auch neue Wirtschaftsprognosen der Notenbank-Volkswirte vorliegen, sagte Lagarde am Mittwoch in Frankfurt auf der Konferenz "The ECB and its Watchers".

"Dann zeigt sich, ob der von uns im März erwartete Inflationspfad weiterhin Bestand hat", sagte sie. Zudem werde die EZB über ein längeres Zeitfenster verfügen, um zu beurteilen, ob die Inflationsdaten weitgehend mit den Projektionen im Einklang stehen. Sollten alle diese Faktoren entsprechend ausfallen, "können wir die Phase unseres geldpolitischen Zyklus einleiten, in der wir die Maßnahmen weniger restriktiv gestalten", erklärte Lagarde.

Der am Finanzmarkt richtungsweisende Leitzins - der Hauptrefinanzierungssatz für wöchentlichen Kreditgeschäfte der Geschäftsbanken mit der europäischen Notenbank - liegt seit geraumer Zeit bei 4,5 Prozent. Der ebenfalls sehr bedeutende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Horten überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt seit September 2023 bei 4,0 Prozent.

Zuletzt hatten mehrere EZB-Vertreter die Möglichkeit einer Abkehr von der Hochzinspolitik im Juni angedeutet. Außerdem entschied der EZB-Rat jüngst, dass der Abstand zwischen diesen beiden Zinssätzen künftig nur noch 15 statt 50 Basispunkte betragen wird. Diese Änderung soll in sechs Monaten greifen und über eine Senkung des Refinanzierungssatzes passieren. Damit wurde eine Leitzins-Senkung in spätestens sechs Monaten implizit angekündigt.

Nun sieht es so aus, als würde die erste EZB-Zinssenkung schon in drei Monaten vollzogen. Europa steht kurz vor einer neuen Zinswende.

Zinssenkungs-Pfad soll ergebnisoffen ablaufen

Wie der Zinssenkungskurs dann gestaltet wird, hängt laut der EZB-Chefin von den Wirtschaftsdaten ab. Die Entscheidungen würden auch künftig von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung getroffen, führte sie aus. "Dies bedeutet, dass wir uns selbst nach der ersten Zinssenkung nicht vorab auf einen bestimmten Zinspfad festlegen können", sagte Lagarde.

Die Teuerungsrate in der 20-Länder-Gemeinschaft war zuletzt im Februar auf 2,6 Prozent nach 2,8 Prozent im Januar gesunken. Die EZB strebt für die Inflation einen Zielwert von 2,0 Prozent Inflation an.

Die nächsten Zinsentscheide der EZB sind für den 11. April und den 6. Juni geplant. Aus den Kursen am Geldmarkt geht derzeit hervor, dass Investoren für den Juni mit einer Wahrscheinlichkeit von 66 Prozent von einer Zinssenkung ausgehen. (mit Material der Nachrichtenagentur Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...