Politik

Ukraine-Krieg: Selenskyj senkt Alter für Einberufung von Reservisten

Nach längerem Zögern stimmte der ukrainische Präsident Selenskyj einer Absenkung des Reservistenalters zu. Damit könnten zwei weitere Jahrgänge junger Männer per Zwang zum Kriegsdienst eingezogen werden.
03.04.2024 07:30
Aktualisiert: 03.04.2024 08:00
Lesezeit: 2 min
Ukraine-Krieg: Selenskyj senkt Alter für Einberufung von Reservisten
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj muss immer mehr junge Männer im Krieg gegen Russland mobilisieren. (Foto: dpa)

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach langem Zögern zugestimmt, dass Reservisten bereits ab einem Alter von 25 Jahren eingezogen werden können. Bislang waren es 27 Jahre. Damit ist eine Einberufung von zwei weiteren Jahrgängen für den laufenden Krieg mit Russland möglich. Am Dienstag wurde der entsprechende Eintrag auf der Parlamentsseite veröffentlicht. Selenskyj hatte sich vor der Entscheidung neun Monate Bedenkzeit genommen.

Die Regierung hat noch ein halbes Jahr Zeit für die Umsetzung. Ausgehend von den Geburtenziffern Ende der 1990er-Jahre können dann theoretisch gut 400 000 weitere Männer für den Kriegsdienst eingezogen werden. Parallel dazu wird weiterhin für kommende Woche der Beschluss von verschärften Mobilmachungsregeln erwartet.

Das Parlament hatte das Gesetz zum Reservistenalter bereits im Mai vorigen Jahres verabschiedet. Nach der Unterschrift von Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk wurde es im Juni Selenskyj zur Unterschrift vorgelegt. Selenskyj machte jedoch im Dezember geltend, dass er für eine Unterzeichnung noch gewichtige Argumente benötige. Diese Bedenken scheinen nun ausgeräumt worden zu sein.

Mit der Verhängung des Kriegsrechts ist Männern im wehrfähigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren die Ausreise mit wenigen Ausnahmen verboten. Eingezogen wurden bisher jedoch nur Männer im Reservistenalter ab 27. Angesichts der schweren Lage an der Front hatte Selenskyj vor dem Jahreswechsel den Zusatzbedarf an Soldaten mit bis zu 500 000 angegeben. Armeechef Olexander Syrskyj erklärte wiederum zuletzt, dass die Zahl doch niedriger sei.

Selenskyj unterzeichnete am Dienstag außerdem ein Gesetz zu einer Anpassung von Tauglichkeitskriterien für den Armeedienst. Zukünftig gibt es demnach nur noch „tauglich“ und „untauglich“. Vormals als „bedingt tauglich“ eingestufte Männer müssen erneut bei der Musterungskommission vorstellig werden. Mit einem dritten Gesetz machte der Staatschef zudem den Weg für ein elektronisches Wehrregister frei.

Die Ukraine verteidigt sich seit über zwei Jahren gegen einen groß angelegten russischen Angriffskrieg. Nach einigen Zwischenerfolgen wird die ukrainische Armee inzwischen immer weiter zurückgedrängt. Laut Aussagen von Selenskyj plant auch Russland die Mobilmachung von 300.000 weiteren Soldaten. Dies solle bis zum 1. Juni geschehen, zitiert die Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine den ukrainischen Präsidenten. Der Kreml hat eine solche Mobilmachung bislang nicht bekanntgegeben. (dwn/dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Russlands Desinformationskampagnen: Wie Europa gegen Putins Trolle kämpft
06.12.2025

Europe wird zunehmend Ziel digitaler Einflussoperationen, die gesellschaftliche Stabilität, politische Prozesse und wirtschaftliche...

DWN
Immobilien
Immobilien Baufinanzierung Zinsen: Entwicklung des Bauzinses 2025 - und wie es 2026 weitergeht
06.12.2025

Nachdem die Zinsen – darunter der Bauzins – in Deutschland seit 2019 eine gewisse Schieflage erreicht haben, scheint nun Ruhe...

DWN
Finanzen
Finanzen Marktausblick 2026: Internationale Aktien und Small-Cap-Aktien sind am besten positioniert
06.12.2025

KI treibt Teile der Weltwirtschaft nach vorn, während andere Branchen stolpern. Gleichzeitig locken Staaten mit neuen Ausgabenprogrammen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schiene unter Druck: Expertenrunde soll Bahnverkehr stabilisieren
06.12.2025

Wegen anhaltender Probleme im Zugverkehr arbeitet eine neue Taskforce an kurzfristigen Lösungen für mehr Pünktlichkeit und Stabilität...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Automobilindustrie erholt sich: Nachfrage kehrt zurück
06.12.2025

Die europäischen Neuzulassungen ziehen spürbar an und signalisieren eine langsame, aber stabile Erholung der Automobilindustrie. Doch...

DWN
Technologie
Technologie Bidirektionales Laden in Schweden: E-Autos und Solaranlagen bieten neue Energie für Haushalte
06.12.2025

In Schweden entwickelt sich eine neue Form der dezentralen Energieversorgung, bei der Haushalte Strom selbst erzeugen und intelligent...

DWN
Politik
Politik Benelux-Einigung: Wie ein radikaler Zusammenschluss Europa herausfordern würde
06.12.2025

Mitten in einer Phase wachsender geopolitischer Spannungen nehmen belgische Politiker eine Vision wieder auf, die lange undenkbar schien...

DWN
Politik
Politik Trumps US-Sicherheitsstrategie und die Folgen für Europa
05.12.2025

Donald Trumps neue US-Sicherheitsstrategie rückt Europa ins Zentrum – allerdings als Risiko. Das 33-seitige Papier attackiert...