Politik

Bundeswehrreform: Pistorius plant neue Struktur und setzt auf zentrales Führungskommando

Lesezeit: 2 min
04.04.2024 17:57  Aktualisiert: 04.04.2024 17:57
Am Donnerstag präsentierte Verteidigungsminister Boris Pistorius in Berlin ambitionierte Pläne zur Neuausrichtung der Bundeswehr. Mit dem klaren Ziel, die Verteidigung Deutschlands und seiner Verbündeten zu stärken, plant der SPD-Politiker die Einführung eines einheitlichen Führungskommandos sowie die Vorbereitung zur Wiedereinführung der Wehrpflicht. Stoff für neuen Zoff in der Ampelkoalition?

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Der Bundesverteidigungsminister plant eine umfassende Umstrukturierung des Militärs, die auf vier Teilstreitkräften sowie einem gemeinsamen Unterstützungskommando basiert. Damit wird neben dem Heer, der Luftwaffe und der Marine nun auch die Truppe für den Cyber- und Informationsraum (CIR) zu einer eigenen Teilstreitkraft aufgewertet. Diese ist spezialisiert auf elektronische Kampfführung und Cyberoperationen, Aufklärung und den Schutz der elektronischen Infrastruktur.

In einem gemeinsamen Unterstützungskommando will Pistorius Fähigkeiten bündeln, die in allen Bereichen gebraucht werden. Er nannte den zentralen Sanitätsdienst, Logistik, Feldjägerwesen (Militärpolizei), Abwehr atomarer, biologischer und chemischer Kampfstoffe (ABC-Abwehr) sowie die zivil-militärische Zusammenarbeit (Cimic). Alle Teilstreitkräfte sollen nach Bedarf Zugriff auf diese Fähigkeiten haben. Das Konzept ist nicht neu und wird bisher bereits mit der als Begriff sperrigen Streitkräftebasis praktiziert. Frühere Überlegungen sahen aber vor, die Feldjäger sowie die ABC-Abwehr dem Heer zu unterstellen. Pistorius hat sich nun dagegen entschieden. Dem Heer werden aber die Heimatschutzkräfte zugeordnet.

"Die Bedrohungslage in Europa hat sich verschärft. Es muss allen klar sein: Wir verteidigen unser Land und unsere Bündnispartner und machen klar - auch mit diesem Schritt wieder - niemand solle auf die Idee kommen, uns als Nato-Gebiet anzugreifen", sagte Pistorius. "Das müssen wir glaubhaft und wahrhaftig ausstrahlen und dafür muss die Bundeswehr entlang der genannten Vorgaben aufgestellt werden. Für die Anpassung habe ich den Streitkräften ein halbes Jahr Zeit gegeben."

Ziel sei es auch, Verantwortlichkeiten klarer zuzuordnen und Doppelstrukturen zu vermeiden. "Darauf kommt es im Ernstfall - oder eigentlich müsste man sagen: im Kriegsfall, im Verteidigungsfall - an. Das ist der Anspruch, den wir mit dieser Reform verfolgen", sagte er. Die Wehrverwaltung werde "jetzt darauf ausgerichtet werden, auf der Grundlage dieser Entscheidung auch die Wiedereinsetzung einer Wehrpflicht umzusetzen". Im Verteidigungsfall gebe es eine sofortige Wehrpflicht und Aufgabe sei es, diese dann auch umsetzen zu können. Gesetzlich ist festgelegt, dass die ausgesetzte Wehrpflicht für Männer auflebt, wenn der Spannungs- oder Verteidigungsfall eintritt. Pistorius lässt derzeit auch Modelle für eine Dienstpflicht im Frieden prüfen.

Die Bundeswehr hat bisher in Schwielowsee bei Potsdam ein Einsatzführungskommando für die Planung und Steuerung von Auslandseinsätzen wie in Westafrika oder nun mit der Fregatte "Hessen" im Roten Meer. Zudem wurde in Berlin ein Territoriales Führungskommando für die Landesverteidigung geschaffen, in dem auch der Operationsplan ("OPLAN") für eine gesamtstaatliche Verteidigung Deutschlands erarbeitet wurde. Die beiden Stellen haben sehr unterschiedliche Aufgaben, aber auch mögliche Überschneidungen. Sie sollen nun zusammengeführt und beide Standorte erhalten werden.

Im vergangenen November hatte Pistorius auf der Bundeswehrtagung in neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien "Kriegstüchtigkeit als Handlungsmaxime" ausgerufen. "Unser gemeinsames Ziel ist, die Bundeswehr so umzubauen in den Strukturen, dass sie selbst für den Ernstfall, den Verteidigungsfall, für den Kriegsfall optimal aufgestellt ist", sagte er nun. Die Idee hinter dem neuen Operativen Führungskommando sei Planung und operative Führung der Bundeswehr "aus einer Hand". Das Kommando werde zudem zentraler Ansprechpartner für die Nato.

Pistorius bestätigte auf Nachfrage, dass im Haushalt für das kommende Jahr eine Lücke zum Zwei-Prozent-Ziel der Nato zu klaffen droht. "Das ist kein Geheimnis. Die Zahl ist genannt. Wir brauchen etwa 6,5 Milliarden Euro nächstes Jahr mehr", sagte er. Er betonte anlässlich des 75. Jahrestages der Nato die Bedeutung des Bündnisses. "Sie hat gerade in den vergangenen beiden Jahren eindrucksvoll, wie ich finde, gezeigt, welche Kraft sie entfalten kann, wenn sie gefordert ist. Je größer und akuter die Bedrohung von außen, desto enger und besser arbeiten die Verbündeten zusammen."


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