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Photovoltaik auf dem Dach: “Diese Anlagen weisen keine attraktiven Renditen auf”

Lesezeit: 4 min
15.04.2024 12:00
Die Solarbranche verspricht hohe Renditen mit Photovoltaik. Doch laut kritischen Finanzexperten lohnen sich die Anlagen für viele Haushalte nicht.   

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Anbieter und Onlineportale werben mit angeblich hohen Renditen für Photovoltaik (PV) auf dem Dach. Etwa verweist eine Fachseite auf Steuerbefreiungen, die gestiegenen Strompreise und Einspeisevergütung sowie rückläufige Preise für PV-Module und Speicher, die die Anlagen im Jahr 2024 besonders rentabel machen würden. „Alle Einkünfte zusammen ermöglichen eine jährliche PV-Rendite von mindestens rund fünf Prozent, aber eher höher.”

Ein weiterer Anbieter schätzt die “typische Rendite” im Jahr 2024 für eine Anlage ohne Batteriespeicher auf fünf bis acht Prozent. „Teilweise kann die Rendite sogar auf bis zu 11 Prozent steigen”, heißt es in einem Online-Artikel.

Zweifel an den hohen Renditeversprechen

Finanzexperten sehen die Versprechungen kritisch. „Die Werbung argumentiert immer mit verkürzten Aussagen (,investieren Sie schon heute in die Zukunft der Energieversorgung!’ oder ,nutzen Sie die Fördermaßnahme xyz’), aber selten mit einer vollständigen Investitionsrechnung und einer Abzinsung künftiger Einkünfte”, erklärt Gösta Jamin von der Hochschule Ludwigshafen schriftlich gegenüber den DWN.

Der Finanzökonom hat im Jahr 2023 eine Masterarbeit betreut, die die PV-Rendite von Privatverbrauchern untersucht hat. „Diese Anlagen weisen keine attraktiven Renditen auf”, berichtet Jamin über die Ergebnisse. „Eine Anlage in einen breit gestreuten ETF wäre fast immer rentabler.”

Auch der Honorar-Finanzanlagenberater Michael Schiffer hält PV als reine Geldanlage für unattraktiv. Er berät Anleger ausschließlich gegen Honorar und darf keine Provisionen von Dritten annehmen, etwa von den Anbietern von Solaranlagen. Er habe bereits mehrere Dutzend Kunden zu PV beraten, aber bloß bei einem Bruchteil eine Investition empfohlen, erklärt er gegenüber DWN.

„PV-Anlagen für Privathaushalte (zum Beispiel auf dem Eigenheim) sind wirtschaftlich unattraktiv”, schreibt Schiffer. „Hier können allenfalls nicht-monetäre Ziele wie Umweltschutz und Autarkie im Mittelpunkt stehen.” Finanziell lohnen würde sich das für Privatanleger mit Investitionssummen im sechsstelligen Bereich. Dann gehe es aber nicht mehr um den Eigenverbrauch, sondern um gewerbliche Stromproduktion ab 100 kWp aufwärts.

Jamin und der Verfasser der Masterarbeit Moritz Bus schätzen die Rendite einer 10-kWp-Anlage aktuell auf 1,4 bis 7 Prozent. Am schlechtesten schneidet ein Haushalt ohne Wärmepumpe und E-Auto ab (Eigenverbrauchsanteil von 17 Prozent, Stromverbrauch von 3500 kWh/Jahr). Hier liegt die Nominalrendite mit 1,4 Prozent weit unter einem 60/40-Portfolio aus ETFs (6 Prozent pro Jahr).

Mit steigendem Eigenverbrauch wird die PV-Anlage rentabler: Bei einem Haushalt mit E-Auto beträgt die Rendite 4 Prozent (Eigenverbrauchsanteil von 27 Prozent, Stromverbrauch von 6700 kWh/Jahr). Ein Haushalt mit Wärmepumpe kommt auf 5,2 Prozent (Eigenverbrauchsanteil von 32 Prozent, Stromverbrauch von 9800 kWh/Jahr). Ganz vorne liegt ein Haushalt mit Wärmepumpe und E-Auto, der 40 Prozent des jährlichen Strombedarfs von 13.000 kWh aus der PV-Anlage bezieht (Rendite von 7,0 Prozent).

Modulpreise und Größe der Anlage entscheidend

Die Ergebnisse hängen allerdings stark vom Kaufpreis der PV-Anlage ab - Jamin und Bus gingen von markttypischen 1500 Euro pro kWp aus - und von der Größe der Solaranlage. Bei einer kleineren Anlage würde sich die Rendite verringern, weil fixe Kosten wie etwa die Montage stärker ins Gewicht fallen, und bei einer größeren entsprechend erhöhen, erklärt Jamin.

Außerdem seien die Erträge “keineswegs risikofrei”, erläutert Jamin. Etwa könne der jährliche Stromertrag schwanken, die Anlage könne verschleißen oder die Kosten für Wartung und Ersatzteile könnten künftig anziehen. „Um einen hohen Eigenverbrauch zu erreichen, sind außerdem fünf- bis sechsstellige Investitionen in eine Wärmepumpe und ein E-Auto nötig.”

PV-Verbraucher unterliegen außerdem einem geopolitischen Risiko. Laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ist die Versorgung mit Solarkomponenten nicht gesichert. „China hat eine kritische Monopolstellung aufgebaut”, heißt es in dem Papier “Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland" vom 14. Januar 2024. Sollte also der China-Taiwan-Konflikt eskalieren, könnten Ersatzteile rar werden.

Jamin und Bus gingen bei ihrer Berechnung von einem Strom-Marktpreis von 30 Cent pro kWh aus. Dieser steigt in dem betrachteten Investitionszeitraum von 20 Jahren um 2,5 Prozent pro Jahr. Die Betriebskosten der Anlage liegen bei 1,5 Prozent der Investitionssumme und erhöhen sich um zwei Prozent pro Jahr. Außerdem büßt die Anlage pro Jahr 0,5 Prozent ihrer Ertragskraft ein.

Alle Schätzwerte würden sehr nahe an die tatsächlichen Verhältnissen von privaten Verbrauchern liegen, betont Jamin. „Mein Student konnte das unter anderem leisten, weil seine Familie einen Installationsbetrieb für solche Anlagen hat und er zahlreiche Projekte dieser Art selbst begleitet hat.”

Geringere Renditen im Jahr 2023

Laut der Masterarbeit ist ein wesentlicher Renditefaktor der Preis, den Verbraucher für die PV-Anlage bezahlen. In der Masterarbeit ging Moritz Bus von den höheren Modulpreisen aus dem Jahr 2023 aus. Das führte zu deutlich geringeren Renditen: Im besten Fall - einem Haushalt mit einer 15-kWp-Anlage, E-Auto und Wärmepumpe - lag die Rendite bei 3,7 Prozent. Wer über kein E-Auto und keine Wärmepumpe verfügte, machte über die gesamten 20 Jahre immer einen Verlust - egal, ob es sich um eine kleine Anlage mit 5 kWp oder eine größere mit 15 kWp handelte.

Jamin gibt außerdem zu bedenken, dass eine PV-Anlage ein illiquides Investment sei. Schon daher sollte diese besser rentieren als ETFs, die jederzeit rasch zu Geld gemacht werden könnten.

Steuererleichterungen bei PV-Anlagen und staatliche Förderungen berücksichtigten Jamin und Bus nicht. PV-Anlagen sind seit dem Jahr 2023 in vielen Fällen steuerfrei. Beim Kauf und der Montage fällt keine Mehrwertsteuer an und die Erträge unterliegen nicht der Einkommensteuer. Finanzanlagen wie ETFs fallen unter die Abgeltungssteuer und Solidaritätszuschlag von 26,375 Prozent.

Andere Analysen kommen zu ähnlich hohen Renditen, aber interpretieren die Ergebnisse unkritischer. Eine Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin bezifferte die Rendite im Jahr 2019 auf 2,8 bis 4,7 Prozent. „Der Kauf einer PV-Anlage stellt somit weiterhin eine attraktive Investition dar”, erklärte die Verbraucherzentrale NRW damals, die die Studie beauftragt hatte. Die Autoren berichten wie Jamin und Bus, dass sich kleinere Anlagen weniger lohnen. Beim Kauf eines Batteriespeichers werde die Anlage fast immer unrentabel.

Stiftung Warentest schätzt die Renditen auf drei bis sechs Prozent. So viel sei über einen Zeitraum von 20 Jahren auch bei vorsichtiger Kalkulation “fast immer drin”, schreiben die Produkttester in einer Analyse vom Januar 2024.

Was sollten Verbraucher beachten?

Gösta Jamin schlägt insbesondere Verbrauchern ohne E-Auto oder Wärmepumpe vor, mit einer Investition eventuell zu warten. Etwa könnten die Preise von PV-Modulen weiter sinken, die Leistungsfähigkeit könnte sich verbessern oder die Strompreise könnten künftig stärker als erwartet steigen.

Laut Michael Schiffer ist eine eigenkapitalfinanzierte PV-Anlage nur für Top-Verdiener mit einem zu versteuernden Einkommen über 250.000 Euro interessant. Er warnt vor Vermittlern, die PV-Anlagen gegen Provision vom Anbieter verkaufen. Hier seien die Kaufpreise aufgrund der hohen Vertriebskosten oft zu hoch. „Realistische Wirtschaftlichkeitsberechnung werden nicht vorgelegt. Es wird auf den ,Gier frisst Hirn-Faktor’ gesetzt.”

Wer nach einer Geldanlage mit gutem Chance-Risiko-Verhältnis sucht, dürfte mit günstigen ETFs und Bankeinlagen besser fahren. Ein Portfolio aus Aktien- und Anleihen-ETFs ist wesentlich liquider und dürfte langfristig meist höhere Renditen abwerfen.

Etwa rentierte ein Portfolio aus 70 Prozent Aktien und 30 Prozent Anleihen aus 35 Industrie- und Schwellenländern mit 4 Prozent pro Jahr (nach Inflation). Das zeigen Daten des “Global Investment Returns Yearbook 2023” für den Zeitraum von 1900 bis 2022. Auch Festgelder mit einer Laufzeit von fünf Jahren werfen derzeit bis zu 3,9 Prozent Zinsen pro Jahr ab, wie ein Vergleich der Stiftung Warentest zeigt.

                                                                            ***

Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und schreibt vor allem über Konjunktur, Edelmetalle und ETFs sowie die ökonomische Lehre der Österreichischen Schule. 


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