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Deutschlands Ambitionen zur Energiewende: Herausforderung und Chance

Lesezeit: 5 min
02.04.2024 19:27
Deutschland navigiert durch die Energiewende, das Ziel ist Klimaneutralität bis 2045. Trotz Energiekrisen und geopolitischer Spannungen zeichnen sich Fortschritte ab. Doch kann so das Ziel wirklich erreicht werden?
Deutschlands Ambitionen zur Energiewende: Herausforderung und Chance
Windräder und Solaranlagen als Alternative für fossile Energien (Symbolbild): Trotz globaler Energiekrise macht Deutschland Fortschritte auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2045 (Foto: dpa).
Foto: Patrick Pleul

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Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu sein. Trotz einer globalen Energiekrise und geopolitischer Spannungen zwischen Russland und dem Westen macht Deutschland Fortschritte, gestützt durch das Klimaschutzgesetz von August 2021, das jährliche Minderungsziele von 2031 bis 2040 festlegt.

Das Ziel ist Treibhausgasneutralität bis 2045 im Einklang mit den EU-Zielen einer 55-prozentigen Emissionsreduktion bis 2030. Dies schließt auch die Stärkung natürlicher Senken wie Wälder und Moore ein. Trotz der Vorteile der Klimaneutralität gibt es Kritik. Insbesondere bestehen Sorgen bezüglich der hohen Kosten für Verbraucher und Industrie, des Bedarfs an umfangreichen Investitionen in Netzausbau und Infrastruktur sowie der Versorgungssicherheit und der Auswirkungen.

Außerdem werden soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit als wichtige Faktoren hervorgehoben. Diese komplexe Herausforderung erfordert einen ausgewogenen Ansatz, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen, ohne dabei den sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen zu schaden.

Ukraine-Krieg und Deutschlands Energiepolitik

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Wellen geschlagen. Diese reichen bis ins Herz der Energiepolitik von Deutschland und der Europäischen Union. Das Ergebnis war eine globale Energiekrise, die die Abhängigkeit Deutschlands von fossilen Brennstoffen schonungslos offenbarte.

Die Energiekrise führte zu einer Verzögerung bei der Umsetzung der Energiewende – dem Übergang von fossilen Brennstoffen und Kernenergie zu erneuerbaren Energien –, die durch das Klimaschutzgesetz vorangetrieben werden soll. Dies liegt daran, dass kurzfristige Lösungen zur Energieversorgung benötigt wurden.

Emissionsreduktion und erneuerbare Energien

Trotz der Herausforderungen erreichte Deutschland 2023 einen großen Erfolg: Die Emissionen fielen auf den niedrigsten Stand seit den 1950er-Jahren, vor allem durch die Reduktion der Kohlestromerzeugung. Auch der Anstieg der Nutzung erneuerbarer Energien spielte hierbei eine wesentliche Rolle. Dieser Fortschritt ist jedoch nur ein Teil des langen Weges: Es bleibt noch viel zu tun, um die Klimaziele für 2030 zu erreichen.

Hinsichtlich der Nutzung erneuerbarer Energien erwies sich 2023 als Rekordjahr. Mehr als die Hälfte des Stromverbrauchs in Deutschland wurde aus erneuerbaren Quellen gedeckt. Dieser Erfolg ist ein Zeichen für das starke Engagement, den Anteil erneuerbarer Energien weiter zu erhöhen.

Mit dem Ausbau der Ausschreibungsmengen für neue Windkraftanlagen und Solaranlagen durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat Deutschland bereits einen bedeutenden Schritt gemacht. Dies ist Teil eines umfassenderen Energie- und Klimapakets, das auch die Förderung der Wasserstoffwirtschaft umfasst. Diese Maßnahme ist Teil des sogenannten Osterpakets, das eine umfassende Gesetzesreform beinhaltet. Sie trat am 1. Januar 2023 in Kraft. Derzeit wird auch das Monitoring der Wasserstoffwirtschaft auf Bundesebene vom Bundeswirtschaftsministerium durchgeführt.

Verkehrspolitik und schwieriges Terrain vom Verkehrssektor

Trotz aller Fortschritte in manchen Bereichen stellt der Verkehrssektor, dessen Emissionen seit 1990 nahezu unverändert sind, beim Thema Energiewende eine große Herausforderung dar.

Die hohe Emission liegt hier unter anderem am zunehmenden Straßenverkehr, größeren Fahrzeugen, Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und regulatorischen Herausforderungen.

Um die Verkehrsemissionen zu reduzieren, müssen umweltfreundliche Alternativen wie öffentlicher Verkehr, Rad- und Fußverkehr attraktiver werden. Die Erweiterung und Förderung der Elektromobilität neben der effizienten Stadtplanung sind in diesem Zusammenhang entscheidend. Eine ausgewogene Lösung, die ökologische und ökonomische Aspekte berücksichtigt, ist erforderlich, um die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer zu erfüllen.

Energiewende und Effizienzziele: Die zweigleisige Strategie

Die Energiewende in Deutschland wird durch jährliche Überwachungsprozesse gesteuert. Ziel ist es, den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtverbrauch bis 2030 auf 80 Prozent zu steigern und gleichzeitig den Energiebedarf zu reduzieren. Dies beinhaltet die Förderung von Wind- und Solarenergie, den Ausbau von Energiespeichertechnologien und die Verbesserung der Energieeffizienz in Gebäuden und der Industrie. Weiterhin sind die Entwicklung von Smart Grids und die Integration von Elektromobilität in das Energiesystem von Bedeutung.

Investitionen in Forschung und Entwicklung sind entscheidend, um innovative Lösungen für die Herausforderungen der Energiewende zu finden. Ein Schlüsselelement ist auch die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, um eine breite Akzeptanz und aktive Mitwirkung an der Energiewende zu erreichen.

Industrie und Arbeitsmarkt im Wandel

Die Energiewende beeinflusst auch die Industrie und den Arbeitsmarkt massiv. Es ist von entscheidender Bedeutung, energieintensive Unternehmen im Land zu halten und gleichzeitig in Zukunftstechnologien zu investieren, um die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu erreichen und neue Arbeitsplätze mit grünen Technologien zu schaffen.

Die Umschulung der Arbeitskräfte für neue grüne Technologien ist ebenso eine wichtige Voraussetzung, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Überdies müssen Anreize für Innovationen in Bereichen wie Energieeffizienz, erneuerbare Energien und nachhaltige Produktionsmethoden geschaffen werden. Diese Strategien bilden eine wesentliche Basis für eine widerstandsfähige und zukunftsweisende Wirtschaft.

„Green Jobs“ und Investitionen in Klimaschutz

In Deutschland hat die Zahl der sogenannten „Green Jobs“ im Jahr 2021 zugenommen. Dabei wurden 341.200 Beschäftigte in Bereichen des Umweltschutzes verzeichnet. Dies entspricht einem Anstieg von 9,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, was die wachsende Bedeutung des Klimaschutzes auf dem Arbeitsmarkt unterstreicht. Bei „Green Jobs“ handelt es sich um Arbeitsplätze, die zu einer umweltfreundlichen und nachhaltigeren Wirtschaft beitragen.

Die Investitionen in den Klimaschutz innerhalb der Industrie sind ebenfalls gestiegen. Ein wichtiger Anteil des Umsatzes mit Umweltschutzgütern, nämlich 28,6 Milliarden Euro, wurde 2021 in die Steigerung der Energieeffizienz und Energieeinsparung investiert. Dies zeigt das Engagement für die Dekarbonisierung der Industrie und die Abkehr von kohlenstoffhaltigen Energieträgern. Der Umsatz mit Klimaschutzprodukten stieg 2021 um 11,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr und erreichte etwa 52,8 Milliarden Euro, was die zunehmende wirtschaftliche Bedeutung des Klimaschutzes hervorhebt.

Innovative Wachstumsstrategien

Deutschland verfolgt einen umfassenden Ansatz zur Klimaneutralität, der politische Weitsicht, Investitionen in neue Technologien und Zusammenarbeit zwischen Regierung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft kombiniert. Wichtig ist die Balance zwischen ökologischer Nachhaltigkeit und wirtschaftlichem Wachstum, wobei die Förderung von Forschung und Entwicklung, die Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bei der Energiewende und Bildungsinitiativen in grünen Technologien zentral sind.

Die Energiewende hat weitreichende soziale und wirtschaftliche Auswirkungen. Sie schafft Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien, fördert soziale Gerechtigkeit und sorgt langfristig für bezahlbare Energie und mehr Unabhängigkeit. Sie stärkt auch den ländlichen Raum und treibt Innovationen voran.

Die Konzentration auf Green Finance und die Energieeffizienz von Gebäuden ebnet den Weg zur Klimaneutralität. Zudem zeigt der Anstieg der auf Klimaschutz ausgerichteten Unternehmensgründungen die Bedeutung nachhaltiger Geschäftsmodelle.

Im Jahr 2023 startete das Bundesministerium für Umwelt den Dialog für eine nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie, um eine nachhaltigere und effizientere Wirtschaft zu gestalten.

Digitalisierung und intelligente Energiesysteme

Auch Digitalisierung und intelligente Energiesysteme spielen eine entscheidende Rolle in Deutschlands Energiewende. Smart Grids, also intelligente Stromnetze, ermöglichen eine effizientere Verteilung und Nutzung von Energie.

Digitale Technologien tragen dazu bei, die Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen besser in das Stromnetz zu integrieren und den Energieverbrauch zu optimieren. Zudem ermöglichen sie den Verbrauchern, aktiver am Energiemarkt teilzunehmen. Das kommt zum Beispiel durch die Nutzung von Solaranlagen und Heimspeichern infrage.

Internationale Zusammenarbeit und Innovationen

Die Energiewende ist keine rein nationale, sondern auch eine internationale Herausforderung. Die Notwendigkeit einer verstärkten internationalen Zusammenarbeit und Einstimmigkeit im Bereich der erneuerbaren Energien und des Umweltschutzes ist daher schon längst auch in Deutschland angekommen. So hat unter anderem die Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel beim 11. Petersberger Klimadialog im Jahr 2020 für rasches Handeln und internationale Solidarität beim Kampf gegen den Klimawandel geworben. Sie wies darauf hin, dass die Konjunkturprogramme der Staaten auf die Klimaziele achten sollten.

Gemeinsam können Partnerländer durch den Austausch von Technologien und besten Lösungen effizientere und nachhaltigere Energielösungen entwickeln. Innovationen in Bereichen wie Wasserstofftechnologie und Energiespeicherung sind für das Erreichen der Klimaziele von entscheidender Bedeutung.

Zum Autor:

Farhad Salmanian arbeitet bei den DWN als Online-Redakteur. Er widmet sich den Ressorts Politik und Wirtschaft Deutschlands sowie der EU. Er war bereits unter anderem für die Sender BBC und Radio Free Europe tätig und bringt mehrsprachige Rundfunkexpertise sowie vertiefte Kenntnisse in Analyse, Medienbeobachtung und Recherche mit.


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