Politik

Scholz in China: Deutliche Worte bei Xi zum Ukraine-Krieg und Klimaschutz

Auf der letzten Etappe seiner China-Reise traf Bundeskanzler Scholz seinen Amtskollegen Präsident Xi Jinping. Bei ihrem Treffen in Peking sprachen sie über die drängendsten globalen Angelegenheiten, darunter den Ukraine-Konflikt, den Klimaschutz und die Handelsregeln - Scholz wurde dabei konkret und deutlich.
16.04.2024 12:20
Aktualisiert: 16.04.2024 14:10
Lesezeit: 3 min

Wie bringt man China dazu, Russland zum Einlenken im Ukraine-Krieg zu bewegen? Kanzler Scholz versucht in Peking sein Bestes, bekommt aber keine konkreten Zusagen.

Aber immerhin: Der chinesische Präsident Xi Jinping hat nach seinem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz zur internationalen Zusammenarbeit aufgerufen, um eine weitere Eskalation im Ukraine-Krieg zu vermeiden und eine baldige Friedenslösung zu erreichen. Er appellierte am Dienstag nach insgesamt mehr als dreistündigen Gesprächen an alle Parteien, zur Entspannung beizutragen, „statt Öl ins Feuer zu gießen“.

Eine Zusage für eine Teilnahme an dem für Juni geplanten Friedensgipfel in der Schweiz, von dem Russland ausgeschlossen werden soll, machte Xi dem Kanzler aber nicht, wie aus einer offiziellen Mitteilung hervorgeht. Er unterstütze eine solche internationale Konferenz nur, wenn sie sowohl von Russland als auch von der Ukraine akzeptiert werde, hieß es. Man wolle aber im positiven Austausch über die Konferenz in der Schweiz sowie über „andere relevante internationale Friedenskonferenzen“ in der Zukunft bleiben.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Schweizer Initiative bereits abgelehnt. Zu der Konferenz sollen 100 Länder eingeladen werden. Die Gastgeber wollen möglichst viele Länder mit an den Tisch bekommen, die Russland freundlich gesinnt sind - allen voran China.

Scholz: Ukraine-Krieg gefährde internationale Ordnung

Die Atommacht mit ihren 1,4 Milliarden Einwohnern gilt als wichtigster Verbündeter Russlands, hat bisher von seinen Einflussmöglichkeiten auf den Konflikt aber kaum Gebrauch gemacht. Scholz hatte Xi zu Beginn des Gesprächs eindringlich auf die verheerenden Auswirkungen des Krieges hingewiesen. „Mittelbar beschädigen sie die gesamte internationale Ordnung, denn sie verletzen einen Grundsatz der Charta der Vereinten Nationen: den Grundsatz der Unverletzlichkeit von Staatsgrenzen“, sagte er. „Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sowie die Aufrüstung Russlands haben ganz erhebliche negative Auswirkungen auf die Sicherheit in Europa.“

Der Westen wirft China vor, Russland mit Gütern zu versorgen, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können und so die russische Kriegswirtschaft zu unterstützen. Scholz hatte schon vor dem Treffen klargemacht, dass er dieses Thema deutlich ansprechen wolle. Xi ging darauf in seiner Erklärung nicht ein. Er sagte lediglich, dass China „keine Partei und kein Beteiligter in der Ukraine-Krise“ sei.

Niemand soll auf der Speisekarte stehen

Scholz und Xi sprachen insgesamt drei Stunden und 20 Minuten miteinander - ungewöhnlich lang. Zuerst wurde eine Stunde in großer Runde gesprochen, dann folgte eine 45-minütige Teezeremonie unter vier Augen und schließlich ein Essen. Mit Blick darauf soll Xi ein Gleichnis in Anspielung auf die Lösungsinitiativen beim Ukraine-Krieg bemüht haben: Alle sollten mit am Tisch sitzen, aber keiner auf der Speisekarte stehen.

Einig zeigten sich Scholz und Xi erneut, dass keine Atomwaffen eingesetzt werden dürften. Dieses Bekenntnis Xis war der große Erfolg des Antrittsbesuchs des Kanzlers im November 2022. Etwas Vergleichbares zeichnete sich am Dienstag zunächst nicht ab.

Xi sprach von einer „neuen Epoche der Turbulenzen und der Umbrüche“, in der die Risiken für die gesamte Menschheit zunähmen. „Um diese Fragen zu lösen, ist es unabdingbar, dass zwischen den Großmächten die Kooperation die Oberhand gewinnt.“ In diesem Sinne sei eine stabile Zusammenarbeit der großen Volkswirtschaften Deutschland und China wichtig. „Gemeinsam können wir der Erde mehr Stabilität und Sicherheit einhauchen.“

Praxistest für China-Strategie: Xi warnt vor Protektionismus

Die Bundesregierung hatte im vergangenen Sommer erstmals eine umfassende China-Strategie beschlossen. Darin wird das von der kommunistischen Führung mit harter Hand regierte Land als Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale definiert. Kern der Strategie ist es, die wirtschaftliche Abhängigkeit von China zu verringern, um ein böses Erwachen wie nach dem russischen Angriff auf die Ukraine bei der Kappung der Gaslieferungen zu vermeiden. Das wird als De-Risking oder Risikominderung bezeichnet. Xi betonte, dass die Kooperation zwischen Deutschland und China kein Risiko darstelle, sondern „eine Garantie für die Stabilität der Beziehungen“.

Er warnte eindringlich vor wirtschaftlichen Schutzmaßnahmen. Deutschland und China hingen beide von der Industrie ab und unterstützten freien Handel, sagte er laut den offiziellen Angaben. „In diesem Sinne sollten beide Seiten sich vor der Zunahme des Protektionismus hüten.“ Die EU-Kommission prüft derzeit, ob der Absatz chinesischer Elektroautos in Europa in unzulässiger Weise subventioniert wird. Darauf dürften die Aussagen Xis gemünzt sein.

Längste Reise in ein einziges Land

Es ist die zweite China-Reise des Kanzlers seit seiner Vereidigung im Dezember 2021. Sein Antrittsbesuch im November 2022 war wegen der noch anhaltenden Corona-Pandemie nur ein Tagestrip. Diesmal nahm er sich drei Tage Zeit - so viel wie noch nie zuvor für ein einziges Land bei einer Reise - und besuchte vor Peking auch die beiden Wirtschaftsmetropolen Chongqing und Shanghai. Er wurde in Peking von einem Dutzend Top-Managern und von drei Ministern begleitet: Volker Wissing (Verkehr, FDP), Cem Özdemir (Agrar, Grüne) und Steffi Lemke (Umwelt, Grüne). Am Mittwochmorgen wird Scholz wieder in Berlin landen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...